Prozesskostenfonds. Finanzierungen von Prozesskosten fristen in der Branche der geschlossenen Fonds ein Exotendasein. Die massive Kritik an den bisherigen Investments richtete sich zum einen gegen die erheblichen Risiken der Auswahlverfahren für Prozesse, viel mehr aber noch gegen operative Fehler und fehlende Transparenz. Die ursprünglich erhofften Erfolgsquoten von 70 Prozent sind nach neueren Erkenntnissen kaum zu erzielen; Erhebungen an der Humboldt-Universität Berlin weisen mittlerweile nur noch Quoten um die 55 Prozent aus.

Prozessgarant. Der junge Initiator Prozessgarant hat seinen zweiten Fonds aufgelegt. Der Premierefonds hinterließ keinen guten Eindruck. Mit dem Prozesskostenfonds 2 sollte alles besser, vor allem transparenter werden. Vorgesehen ist ein Volumen von 10,5 Millionen Euro. Die Laufzeit ist bei fünf Jahren angesetzt.

Schlüsselpersonen. Hauptverantwortlicher bei Prozessgarant ist Christian Sußner. Sein Vater, Rechtsanwalt Franz Reinhard Sußner, stand in Diensten von Mitbewerber Juragent, bevor er in der Prozesskostenfinanzierung neue Wege einschlug. Heute findet Sußner nur noch negative Worte für das Konzept seines ehemaligen Arbeitgebers und macht dies vor allem an überzogenen Erfolgserwartungen fest. Den Prospekt des ersten Fonds von Prozessgarant hatte Franz Reinhard Sußner weitgehend selbst verfasst und war aufgrund mehrerer Ungereimtheiten heftig kritisiert worden.

Segment. Auf der einen Seite spricht Prozessgarant von einer möglichst breiten Streuung über unterschiedlich hoch angesetzte Streitwerte. Auf der anderen Seite will sich der Initiator auf kleinere und mittlere Prozesse konzentrieren und sich damit von Juragent abgrenzen, die sich auf hochvolumige Verfahren konzentriert. Prozesse mit hohem Streitwert dauern länger und werden selten verglichen. Dafür kosten Prozesse mit niedrigem Streitwert relativ betrachtet mehr, so dass für die Anleger weniger übrig bleibt. Prozessgarant sieht in diesem Segment dafür bessere Erfolgsaussichten.

Prozessprüfung. Im Jahr 2006 prüfte Prozessgarant nach eigenen Angaben 350.000 bis 370.000 Prozesse. 85 bis 90 Prozent fielen durch die erste Durchsicht. Drei bis fünf Prozent der Prozesse finden letztendlich den Weg ins Portfolio. Die Prozesse werden überwiegend von Rechtsanwälten an Prozessgarant herangetragen. Es besteht die Gefahr, dass Kläger aus ihrer Sicht negative Aspekte ausblenden, um von Prozessgarant finanziert zu werden. Auch bewusst falsche Angaben des Klägers sind bei weitem nicht auszuschließen – mit fatalen möglichen Folgen für die Erfolgsaussichten.

Platzierung. Für den Prozesskostenfonds 1 hatte Prozessgarant nur 1,5 Millionen Euro an Anlegergeldern zusammenbekommen. Geplant waren 5,25 Millionen Euro. Damit ist die geplante Streuung nicht darstellbar. Der Nachfolgefonds kann nach Einschätzung des Initiators erst ab drei Millionen Euro sinnvoll investieren. Wenn das Geschäft aus Sicht von Prozessgarant nicht rentabel betrieben werden kann, wird rückabgewickelt. Eine Platzierungsgarantie gibt es auch diesmal nicht. Reinvestitionen sind vorgesehen aber nicht prospektiert.

Neuerungen. Die Prozessgarant AG ist jetzt selbst Komplementär und nicht durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag als Dienstleister mit der Fonds KG verbunden. Die AG erhält nicht wie bei Fonds 1 ein pauschales Geschäftsbesorgungshonorar, aus dem sie ihre eigenen Verwaltungskosten, die Anwalts- und Gerichtskosten der Prozesse und weitere Aufwendungen zu bestreiten hat. Vielmehr erhält die AG nunmehr eine jährliche Verwaltungspauschale für ihre eigenen Aufwendungen. Der Prozesskostenfonds 2 soll im Gegensatz zum Vorgänger eine Liquiditätsrücklage bilden.

Erfolgsquote. Noch immer nennt Prozessgarant eine Erfolgsquote von „70 Prozent und mehr“ und beruft sich dabei auf das Statistische Bundesamt. Da Prozessgarant den Schwerpunkt auf kleinere Verfahren legt, hat der Initiator nur die Statistik für Prozesse vor dem Landgericht berücksichtigt. Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2004: Von 425.504 Klagen wurden laut Prozessgarant 52 Prozent vollständig, 10,6 überwiegend und 7,7 Prozent etwa zur Hälfte gewonnen. In der Summe dieser drei Werte kommen tatsächlich 70,3 Prozent heraus. Der Begriff „Erfolgsquote“ ist jedoch Fehl am Platz, da mehr als ein Viertel der „erfolgreichen“ Prozesse zumindest in Teilen auch verloren wurden. Nach der Logik von Prozessgarant wäre im Fußball bereits ein Unentschieden als Erfolg zu werten.

Prognose. Auf Basis der 70 Prozent Erfolgsquote stellt Prozessgarant eine Rendite von 13,5 Prozent pro Jahr in Aussicht. Die Kapitalrückflussrechung geht von einem finanzierten Prozessvolumen über die gesamte Laufzeit von 69,2 Millionen Euro aus. Den Nettoerlös soll sich auf knapp 20,7 Millionen Euro belaufen. Abzüglich der Einlage ohne Berücksichtigung des Agios ergäbe sich demnach ein Gewinn von knapp 10,7 Millionen Euro. Den Anlegern verbleiben gemäß Prognose knapp 8,9 Millionen Euro und damit 84,4 Prozent bezogen auf die Einlage plus Agio.

Kosten. 30 Prozent beansprucht Prozessgarant aus den Erlösen erfolgreich geführter Prozesse für sich. Nach Rückzahlung der Anlegergelder sollen weitere 85 Prozent des Gewinns an die Anleger ausgeschüttet werden, die restlichen 15 Prozent an den Initiator gehen. Die Anschaffungskosten setzt Prozessgarant bei 7,3 Millionen Euro an und kommt damit unter Berücksichtigung des Agios und der Liquiditätsreserve auf eine Investitionsquote von weniger als 70 Prozent. Prozessgarant begründet die niedrige Quote damit, dass die Kosten für den Auswahlprozess bereits in den Nebenkosten und nicht in den Investitionskosten enthalten sind.

Kostenabschlag. Zu Beginn eines Prozesses teilen sich beide Parteien die Kosten hälftig; bei einem unterstellten Gewinn der Kläger von durchschnittlich 70 Prozent zahlt ein Beklagter im Durchschnitt entsprechend auch 70 Prozent der Kosten. Insgesamt ergäbe sich daraus eine Kostenerstattung für die Klägerseite von durchschnittlich 20 Prozent. Dieser Kostenabschlag ist in der Prognose zwar nicht berücksichtigt. Allerdings würde dieser eingebaute Puffer nur dann greifen, wenn die Erfolgsquote tatsächlich 70 Prozent erreichen würde.

fondstelegramm-Meinung. Im Vergleich zum inakzeptablen Vorgänger hat Prozessgarant im zweiten Fonds einige Kritikpunkte aufgegriffen und umgesetzt. Dennoch bleiben zu viele Unwägbarkeiten, allen voran die fragwürdige unterstellte Erfolgsquote von 70 Prozent. Die kurze Fondslaufzeit birgt das Risiko, dass innerhalb der fünf Jahre nicht genügend Prozesse ausgewählt und erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. Bei einer niedrigen Mindestbeteiligung von 5.000 Euro plus Agio steigt das Risiko, dass auch Anleger mit nicht angemessener Kapitalausstattung geworben werden. Die Kommanditisten können keinen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben. Fragwürdige Vertriebsmethoden wie die Empfehlung des fragwürdigen BDV (fondstelegramm berichtete) tragen ihr Übriges zum negativen Gesamteindruck bei.

Auch der Prozesskostenfonds 2 kann nicht überzeugen.