Nachdem sich in der Vergangenheit Vertriebe von der Oltmann Gruppe abgewendet hatten und dabei insbesondere die Zuteilung der Vertriebskontingente kritisierten, setzt André Tonn als Geschäftsführer der Oltmann Gruppe nun auch das Vertrauen der Anleger aufs Spiel. Nach Investitionen der „Schnäppchenfonds“ 1 und 2 in eine mittlerweile insolvente Gesellschaft von Niels Stolberg steht für die Verantwortlichen viel auf dem Spiel.

Es geht um die Finanzierung der Eneste Trading GmbH & Co. KG. Die „Schnäppchenfonds“ 1 und 2 hatten die Schiffsbestellgesellschaft von Niels Stolberg mit Kapital ausgestattet: Beide Fonds gewährten jeweils fünf Millionen Euro, vergleichbar mit einer Bauvorauszahlung. Juristisch ist das Kapital nach Einschätzung Oltmanns als Darlehen anzusehen.

Eneste gehörte nicht zur Beluga Gruppe, sondern befand sich im Privatbesitz Stolbergs. Die Firma diente dem ehemaligen Beluga-Chef als Zwischengesellschaft. Über sie verkaufte Stolberg Frachter an Fonds – wie im Markt zu vernehmen ist – zu höheren Preisen als er selbst für sie gezahlt hatte. Oltmann versichert, man habe sich auf den Deal nur unter der Prämisse eingelassen, Schiffe von Eneste ohne Aufschlag zu bekommen.

Was ist geschehen?

Im Juli 2010 schlossen die „Schnäppchenfonds“ die Verträge mit Stolberg ab. Im Zwischenbericht der „Schnäppchenfonds“ mit Stand Juni 2011 heißt es: „Vor dem Hintergrund der guten Aussichten in der Schwergut- und Projektschifffahrt und der von Ernst & Young begleiteten Wachstumsinvestition des US-Investors Oaktree in die Beluga Gruppe wurde in 2010 eine Investitionsentscheidung für den Reeder Nils Stolberg getroffen. Das Ziel waren kurzfristige und interessante Investitionsmöglichkeiten entlang des Wachstumspfades der Beluga Gruppe.“

Ausgerechnet die Kapitalspritze eines Hedgefonds aus Übersee muss als Grund dafür herhalten, warum sich die „Schnäppchenfonds“ auf das Abenteuer Stolberg einließen. Inwiefern hatte sich Oltmann mit den Hintergründen des Einstiegs von Oaktree überhaupt befasst, mögen sich nun die Gesellschafter der beiden Fonds fragen, die mit erheblichen Verlusten – bis hin zum Totalverlust – aus dieser Investition rechnen müssen.

Im Oktober 2010 stockte Oaktree die Anteile an Beluga auf, allerdings nicht über eine Kapitalerhöhung, sondern über eine Neutaxierung des US-Investors selbst, wie zu vernehmen war. Aus Sicht von Oltmann stand Stolberg weiteres Kapital zur Verfügung, aber es kamen keine neuen Projekte hinzu. Das machte den Anbieter nach eigenem Bekunden stutzig. Ab November führte Oltmann mit Stolberg „ernste Gespräche“, im Dezember 2010 wurde dann eine neue Regelung getroffen: Die Besicherung der investierten zehn Millionen Euro wurde erhöht. Zur Besicherung zählten neben den Anteilen an den drei über Eneste bestellten Schiffen nunmehr eine Privatbürgschaft Stolbergs und Anteile an zwölf weiteren Schiffen, von denen aber bereits die Hälfte verpfändet war. Die „Schnäppchenfonds“ kamen bei diesen sechs Schiffen also nur in eine nachrangige Position.

Was dann folgte, ist hinreichend bekannt: Das Beluga-Imperium fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus, Gesellschaften der Firmengruppe und Privatgesellschaften Stolbergs meldeten der Reihe nach Insolvenz an. Das gilt auch für die Eneste Trading GmbH & Co. KG. Ein vorläufiger Verwalter für Eneste ist zwar bestellt, das Insolvenzverfahren aber noch nicht eröffnet.

Oltmann prüft sämtliche Sicherheiten

Derzeit überprüft Oltmann sämtliche Sicherheiten. Im aktuellen Zwischenbericht heißt es dazu: „Die Investition in Eneste ist unter anderem abgesichert durch Sicherheitsrechte an den Eigenkapitalanteilen von 14 Millionen Euro an drei Ein-Schiffsgesellschaften. Darüber hinaus hat Stolberg ebenfalls eine persönliche Bürgschaft in Höhe von bis zu 14 Millionen Euro abgegeben und weitere Kommanditbeteiligungen nebst Gewinn- und Auseinandersetzungsansprüchen an weiteren zwölf Schiffen verpfändet.“

Doch Stolberg hatte im vergangenen Frühjahr Privatinsolvenz angemeldet. Ob von ihm überhaupt noch etwas zu holen sein wird, hängt vom Verfahren Stolbergs gegen Oaktree ab. Gewinnt Oaktree, kommt gewiss nichts mehr, gewinnt Stolberg, bestehen aus Sicht von Oltmann noch Chancen, Geld von Stolberg zu bekommen.

Eneste hält dem Vernehmen nach nicht nur Schiffe, sondern beispielsweise auch Anteile an Immobiliengesellschaften. Wie viel das Portfolio von Eneste aber tatsächlich wert ist, lässt sich derzeit kaum einschätzen. Die Eneste-Investitionen werden für die „Schnäppchenfonds“ zu Verlusten führen, alles andere wäre mehr als eine Überraschung.

Was bedeutet das für die Anleger der „Schnäppchenfonds“?

Ob aus der Eneste-Investition am Ende ein Rückfluss von 5, 30 oder 70 Prozent herauskommt, ist offen, lautet die Wasserstandsmeldung aus dem Hause Oltmann. In der Gesamtabrechnung der beiden Fonds werde aber voraussichtlich mehr als nur der Kapitalerhalt herausspringen, so die Einschätzung des Initiators. Nun wäre ein Kapitalerhalt oder gar weniger aber auch alles andere als das, was die Anleger von Oltmann erwarten durften.

Dass sich die Gesellschafter der „Schnäppchenfonds“ über die Informationspolitik Oltmanns nun beschweren, ist verständlich. Denn dass in die Eneste Trading investiert wurde, haben die Anleger erst über den im September 2011 verschickten Zwischenbericht erfahren. Die komplizierte Struktur des Erwerbs habe dafür gesorgt, dass nicht früher Eneste als Zielgesellschaft genannt worden sei, heißt es als Begründung.

Stutzig macht auch folgende Formulierung in Oltmanns Zwischenbericht: „Die heutige Situation zahlloser sich überlagernder Insolvenzen war für den Fonds nicht vorher zu sehen.“ War das Konzept der „Schnäppchenfonds“ nicht genau auf eine Marktsituation mit vielen Insolvenzen und Notverkäufen ausgerichtet?

Aus: Fondszeitung 21-2011