Krisensitzung. Am 2. Oktober fand in Hamburg eine Gesellschafterversammlung des Ersten Euro-Wert Immobilienfonds statt, einer Gemeinschaftsemission der Norddeutschen Vermögen und der BFG-Bank, die inzwischen zur SEB gehört. Weil der Fonds seit vielen Jahren an der Grenze zur Insolvenz schlingert und rund 1250 Anleger um ihr Kapital bangen, hat sich eine Anlegerschutz-Gemeinschaft gebildet, die inzwischen über rund drei Viertel der Anlegeradressen verfügt und sich auch an der zur Norddeutschen Vermögen gehörenden Treuhänderin vorbei verständigen kann.

Neue Geschäftsführung? Auf Initiative der Anlegerschutz-Gemeinschaft wurde auf der Versammlung der Antrag gestellt, die Geschäftsführerin Frau Johanna Petzelt abzusetzen. Anwesend auf der Versammlung war auch Rechtsanwalt Christian Lauritzen von KKL Consulting, der von der Anleger-Schutzgemeinschaft als möglicher neuer Geschäftsführer ins Spiel gebracht wurde. Immerhin hat die Versammlung beschlossen, ihm ein Beratungsmandat zu geben. Dem Vernehmen nach haben dem sogar Geschäftsführung und Beirat –wenngleich zähneknirschend – zugestimmt. Auf Lauritzen liegen nun große Anlegerhoffnungen. Ihm wird zugetraut, in einer letzten Verhandlungsrunde, die SEB zu einem stattlichen Kapitalschnitt zu bewegen.

Rückforderung unrechtens. Seit 2009 fordert die Geschäftsführung des Fonds die Rückzahlung geleisteter Ausschüttungen in Höhe von zunächst 11,25 Prozent und inzwischen 23,25 Prozent der Beteiligung. Rund 34 Prozent wurden angeblich in den Jahren bis 2003 an die Anleger ausgekehrt. Auf der Veranstaltung vor zwei Wochen musste die Geschäftsführung einräumen, dass diese Rückforderung ohne Rechtsgrundlage erfolgte und nicht fällig war – wiewohl das den Anlegern so dargestellt wurde. Denn der Paragraf 172 HGB belegt ausgezahlte Ausschüttungen mit Vorläufigkeit nur im Insolvenzfalle, der aber ja noch nicht eingetreten ist. Dennoch sind etwa 60 Prozent des Kapitals auf den damals vorgeschlagenen Deal eingegangen, sich gegen Rückzahlung von zwei Drittel der erhaltenen Ausschüttungen von weiterer Inanspruchnahme freizukaufen. Jetzt ist klar, weder das eine, noch das andere war verbindlich. Das einst angedrohte Mahnverfahren gegen rückzahlungsunwillige Anleger hat sich als Bluff erwiesen. Unter Bezugnahme auf Paragraf 110 HGB versuchen nun einige Anleger, einen Rückerstattungsanspruch geltend zu machen.

Historie. Von 1993 bis 2003 war die Investitionsbank Berlin Mieter, dann stand das Gebäude mit seinen immerhin 11.500 Quadratmetern Bürofläche zwei Jahre lang leer. 2005 bis 2007 zog die Deutsche Rentenversicherung ein, was aber weiterhin nicht ausreichte, den Kapitaldienst zu leisten. Seither sind nur noch Teilflächen vermietet und der Fonds ist darauf angewiesen, dass ihm die SEB auch weiterhin Zins und Tilgung stundet. Selbst eine Vollvermietung würde dem Fonds nicht aus der Klemme helfen, weil die prospektierte Miete von mehr als 50 Euro pro Quadratmeter auch schon zum Zeitpunkt der Fondsauflegung unrealistisch war. Seit drei Jahren droht die SEB damit, den noch verbliebenen Kredit über etwa 40 Millionen Euro fällig zu stellen und übt damit enormen Druck aus, schließlich wäre der Fonds zum Stichtag der Fälligstellung überschuldet und müsste umgehend Insolvenz anmelden.

fondstelegramm-Meinung. Das Drama um den Euro-Wert 1 dauert inzwischen einige Jahre. An der Rolle der Treuhänderin, der Hamburger Vermögensverwaltungsgesellschaft, kann man gut studieren, wie sehr es Anlegern zum Verhängnis werden kann, wenn der Treuhänder zum Emissionshaus gehört. Das fängt mit der Hoheit über die Versammlungsleitung bei Gesellschafterversammlungen an und endet bei weitem nicht mit der Macht, die man über gezielte Informationssteuerung ausüben kann. Im Falle enger Verflochtenheit mit dem Emissionshaus hat ein Treuhänder kaum Chancen, die Interessen der Anleger wahrzunehmen, ohne in einen lähmenden Loyalitätskonflikt zu geraten. Anleger werden plötzlich zu Gegnern ihres Treuhänders. Das klingt paradox, ist aber bei Fonds in Schieflage die krasse Realität, wenn Treuhänder und Initiator gesellschaftlich verbunden sind.

Für nicht Beteiligte ein mahnendes Beispiel, für die Beteiligten der blanke Hohn.