Angebot. Der Blindpoolfonds möchte Wohnimmobilien im Großraum München erwerben und den Verkäufern gleichzeitig ein Nießbrauchrecht einräumen. Geplant ist ein Fondsvolumen inklusive Agio von rund 21 Millionen Euro, dieses kann auf 42 Millionen Euro erhöht werden und beträgt mindestens 5,25 Millionen Euro. Ab 10.000 Euro zuzüglich fünf Prozent Agio kann der Fonds gezeichnet werden. Ein Prozent der Pflichteinlage ist im Handelsregister als Haftsumme einzutragen. Anleger erzielen überwiegend Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Zum 31. Dezember 2030 kann eine Beteiligung frühestens ordentlich gekündigt werden.

Zielmarkt. Die durchschnittlichen Kaufpreise für Einfamilienhäuser lagen in München im Jahr 2009 laut der Bulwien Gesa AG bei etwa 690.000 Euro, für neue Reihenhäuser bei ungefähr 430.000 Euro. Gebrauchte Eigentumswohnungen wurden mit etwa 2.800 Euro je Quadratmeter und neue Eigentumswohnungen mit ungefähr 3.800 Euro je Quadratmeter im Durchschnitt gehandelt. Bulwien Gesa ging im März 2010 von steigenden Einfamilienhaus-Preisen in München aus – in Höhe von 9,4 Prozent von 2008 bis 2013. Die Kaufpreise für Reihenhäuser sollen im selben Zeitraum um geschätzte 6,3 Prozent steigen, die von Eigentumswohnungen um 7,5 Prozent.

Historie und Partner. Die Münchner Wohnwert Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH wurde im Jahr 2004 gegründet. Sie gehört zur Unternehmensgruppe der Gesellschaft für internationale Immobilienvermittlung und Vermögensplanung mbH (GIV). Dieses Maklerunternehmen wurde von Otto Kiebler im Jahr 1990 ins Leben gerufen. Es beschäftigt 27 Mitarbeiter und vermittelt jährlich etwa 150 Wohneinheiten. Über den seit einem Jahr laufenden Markttest „Haus Plus Rente“ hat GIV, nach Aussagen des Initiators, bislang 100 potentielle Verkäufer ermittelt, die auf Basis des Nießbrauchrechts ihre Immobilie verkaufen würden. Diese Interessenten könnten dem Fonds zugeführt werden – das dementsprechende Ankaufsvolumen läge in diesem Fall zwischen 30 und 40 Millionen Euro. Der Immobilienankauf soll stets direkt vom Eigentümer an den Fonds erfolgen, ohne die Zwischenschaltung der GIV oder anderer Gesellschaften, versichert der Initiator. Für ihn ist dies der erste geschlossene Fonds. Durch die Verwaltung einer Wohnungsgenossenschaft konnte die GIV seit dem Jahr 2002 Erfahrungen in der Anlegerverwaltung sammeln. Es besteht ein ausgeprägtes Schlüsselpersonenrisiko für Herrn Otto Kiebler. Qualität und Kaufpreis der Immobilien sollen durch den TÜV Süd eingeschätzt werden.

Nießbrauch-Begriff. Nießbrauch ist das personengebundene Recht, Nutzen aus einem Gegenstand zu ziehen. Das Recht ist weder verkäuflich noch vererbbar. Der Begünstigte heißt Nießbraucher. In diesem Fonds wird das Recht zur Nutzung und zur Fruchtziehung an Grundstücken vom Eigentümer (Fondsgesellschaft) an den Verkäufer übertragen. Der Fonds als Grundstückseigentümer behält nur das Verfügungsrecht, das heißt das Recht auf Veräußerung. Das Recht ist ins Grundbuch einzutragen. Der Nießbrauch ist pfändbar. Der Nießbraucher könnte die Immobilie vermieten. Wenn bei der Übertragung eines Grundstücks gleichzeitig ein Nießbrauchrecht bestellt wird, handelt es sich um Vorbehaltsnießbrauch.

Investitionskriterien. Als Investitionskriterien wurden vertraglich lediglich verankert, dass der Fonds in Wohnimmobilien im südbayerischen Raum investieren möchte, vorzugsweise im Großraum München/Starnberg. Dem Verkäufer soll dabei ein Vorbehaltsnießbrauchrecht eingeräumt werden. Die Ermittlung des Kaufpreises soll über ein Verkehrswertgutachten erfolgen. Die vertraglichen Kriterien enthalten leider keinerlei qualitative Merkmale zu den Immobilien. Nicht zu den Investitionskriterien gehören folgende Punkte: Im Investitions-Fokus des Fonds stehen werthaltige Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften, gegebenenfalls auch Reihenendhäuser in guten und sehr guten Lagen. Neuwertige Immobilien sind laut Initiator ausgeschlossen. Der Grundstücksanteil soll dabei möglichst groß sein. Der Kaufpreis wird errechnet, indem vom Verkehrswert der Barwert des fiktiven Mietertrags für den Nießbrauch abgezogen wird. Die Barwertermittlung des Nießbrauchs wird mittels der Rententafeln der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) ermittelt. Letztendlich soll der Kaufpreis durchschnittlich bei 45 Prozent des Verkehrswertes liegen. Die Verkäufer müssen mindestens 65 Jahre alt sein. Diesen, beziehungsweise in der Regel beiden Ehegatten, wird ein lebenslanges Nießbrauchrecht eingeräumt. Alle laufenden objektbezogenen Kosten trägt der Verkäufer. So verpflichtet sich der Nießbraucher im Kaufvertrag, die Immobilie instandzuhalten. Allerdings ist diese Klausel für den Fonds nur von geringer Bedeutung, da die nach Wegfall des Nießbrauchrechts zwischen 30 und 50 Jahre alten Häuser in der Regel abgerissen und die Grundstücke möglichst mit Doppelhäusern oder Dreispännern bebaut werden, um so eine Wertsteigerung zu sichern.

Finanzierung. Der Fonds selbst finanziert sich vollständig aus Eigenkapital. Laut Initiator müssen die Immobilienverkäufer alle Grundschulden vor Verkauf ablösen. 80,4 Prozent des Fondsvolumens inklusive Agio dienen den Investitionen einschließlich Anschaffungsnebenkosten, 2,8 Prozent sind Maklergebühren, 3,8 Prozent bilden eine Liquiditätsreserve und 13 Prozent sind Fondsnebenkosten.

Vergütung Es fallen laufende Fondsnebenkosten von anfänglich 0,4 Prozent des Eigenkapitals an, diese werden ab dem Jahr 2015 mit zwei Prozent pro Jahr gesteigert. Bei Immobilienverkauf erhält die GIV drei Prozent vom Verkaufspreis, bei Vermietung zwei Monatsnettokaltmieten, bei der Bestellung eines Erbbaurechts drei Prozent vom 25fachen des Erbbauzinssatzes, alles zuzüglich Umsatzsteuer.

Rückfluss. Im Prospekt wurde leider keinerlei Angabe über mögliche Rückflüsse getätigt. Einnahmen werden lediglich im Verkaufsfall erzielt. Laut Initiator ergäben sich nach Ablauf der Spekulationsfrist, bei Annahme einer Steigerung der Bodenpreise von fünf Prozent jährlich, eine Rendite (nicht IRR) nach Steuern in Höhe von sechs Prozent pro Jahr, ohne Berücksichtigung des Agios.

Vertragsgestaltung. Die Treuhänderin übernimmt auch die Mittelverwendungskontrolle. Für die Beschlussfähigkeit von Gesellschafterversammlungen genügt die Anwesenheit der Fondsgeschäftsführung, eine sehr anlegerunfreundliche Regelung. Außerdem stimmt die Treuhänderin nach pflichtgemäßem Ermessen ab, sofern sie keine Weisung vom Treugeber erhalten hat.

fondstelegramm-Meinung. Es handelt sich um das Erstlingswerk eines kleinen Initiators. Über ein Nießbrauchrecht zugunsten des Verkäufers Grundstücke zu erwerben, ist von beiderseitigem Vorteil. Der Fonds gelangt an begehrte Grundstücke mit Wertsteigerungspotential im Münchner Raum, die Nießbraucher können ihren Verkaufserlös als zusätzliche Rente nutzen. Dass genügend potentielle Verkäufer sich auf diesen Prozess einlassen, wurde offenbar durch GIV bereits getestet. Trotz wahrscheinlich vorhandener potentieller Verkaufswilliger bleibt der Fonds ein Blindpool. Die Investitionskriterien sind konkret, wenngleich leider nicht vollständig vertraglich unterlegt. Zu bemängeln bleibt, dass die Anleger völlig im Dunkeln gelassen, welche Rückflüsse sie bei dieser Beteiligung ungefähr erwarten können.

Gute Idee – ob der Initiator genügend Zeichner findet und das Potential hat, seine Strategie in ausreichendem Maße umzusetzen, bleibt abzuwarten.