Existenzfragen. Am morgigen Freitag treffen die Initiatoren, Treuhänder und Anleger des gemeinschaftlichen Mammutfonds Deepsea Oil Explorer zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung in Hamburg zusammen. Und wie schon vor einem Jahr, als so eine Veranstaltung aus der entstandenen Not heraus dringend einberufen wurde (siehe fondstelegramm vom 11. Juli 2010), geht es auch diesmal um existenzielle Fragen. MPC und HCI müssen einmal mehr berichten, dass frühere Pläne letztlich nichts wert sind und nun ein weiterer Anlauf unternommen werden muss, die Ölplattform als Fondsinvestment endlich ins Geschäft zu bringen.

Geldgerangel. Nachdem die Gesellschafter im vorigen Jahr einer Bondemission zur Finanzierung einer heftigen Liquiditätslücke zugestimmt hatten, zeigten sich die Initiatoren und Manager der schwimmenden Bohrinsel davon überzeugt, trotz der erheblichen Bauverzögerung das Projekt zu einem guten Ende bringen zu können. Es geht um 105 Millionen Dollar, die nachfinanziert werden müssen. Die finanzierenden Banken spielen Katz und Maus: Als sie abgelehnt haben, das Darlehen zu erhöhen, sollte die Lücke durch einen Bond geschlossen werden. Kaum, dass dieser Plan von den Gesellschaftern abgesegnet war, sträubten sich die Banken. Die Bond-Konditionen seien nicht akzeptabel. Die Inter-American Development Bank kam dann immerhin mit einem unverbindlichen Angebot um die Ecke, das langfristige Darlehen doch zu erhöhen. Dieses Termsheet konnte laut MPC und HCI jedoch nicht erfolgreich zu Ende verhandelt werden.

Ablöse. Erst durch die Auswechslung der Betreibergesellschaft wendete sich das Blatt entscheidend. Delbras wird nicht für den Betrieb der Ölplattform verantwortlich sein und ist ganz aus dem Rennen. Neu im Spiel ist das brasilianische Unternehmen Odebrecht Óleoe Gás (OOG), ein „finanzstarker und bankgenehmer Partner“, wie es in den jüngsten Unterlagen für die Fondsanleger heißt. OOG soll nicht nur den laufenden Betrieb der Plattform, das technische Management und das Crewmanagement sicherstellen, sondern auch Gesellschafter der Bohrinsel-Eigentümergesellschaft (Coöperatie) werden. Beidem müssen die Anleger auf der morgigen Gesellschafterversammlung zustimmen.

Termsheet. Nach der Einbindung der OOG haben die Banken im April 2011 die notwendige Krediterhöhung erneut in Aussicht gestellt. Das entsprechende Termsheet ist nach Initiatorenangaben ausverhandelt. Für den finalen Abschluss ist allerdings Bedingung, dass der Charterer Petrobras die Kündigungsfrist des Chartervertrags „bankgenehm“ verlängert und bestehende Leistungsstörungen geheilt werden beziehungsweise nicht weiter regressfähig sind. Außerdem müssen die Kreditgremien und die Investoren zustimmen.

Bauverzögerung. Nach Angaben von MPC und HCI ist die Bohrinsel „mechanisch fertiggestellt“. Für diesen Juni waren Probefahrten angekündigt; im Juli soll die Übergabe an die Coöperatie erfolgen, ehe die Plattform nach Brasilien gebracht wird. Petrobras könnte das Oil Rig Anfang 2012 übernehmen – etwa anderthalb Jahre später als ursprünglich geplant. Seit November 2010 stehen dem Charterer Strafzahlungen zu. Von Petrobras werden ebenfalls noch Zustimmungen erwartet: Das betrifft den neuen Betreiber, den verlängerten Kündigungsverzicht und die Befreiung von Delbras hinsichtlich einer Betreibergarantie. „Eine Antwort von Petrobras wird vor Ablieferung des Rigs erwartet“, heißt es in den aktuellen Anlegerschreiben.

Auswirkungen. Die Bauverzögerungen, die erweitere Bauaufsicht, die rechtliche und steuerliche Beratung für die Nachfinanzierung, höhere Finanzierungskosten und Strafzahlungen verteuern das Projekt erheblich. Das bekommen die Anleger zu spüren: Die Laufzeit soll nach der neuesten Prognose bis 2026 reichen (Prospekt: 2024). Sie sollen erst in den Jahren 2016 und 2017 die ersten Auszahlungen von jeweils 1,5 Prozent des Kommanditkapitals erhalten. Die für 2018 geplanten zwei Prozent sind ebenfalls noch mickrig, ehe in den Folgejahren zweistellige Ausschüttungen vorgesehen sind (Prospekt: Auszahlungen ab 2010, beginnend mit drei beziehungsweise 9,4 Prozent).

Ergebnisreduktion. Unterm Strich rechnen die Initiatoren mit einem Gesamtmittelrückfluss von 211 Prozent. Vor einem Jahr stellten die Emissionshäuser noch 306 Prozent in Aussicht, prospektiert waren knapp 329 Prozent. Eigentlich hätten die Investoren bis 2019 ihre Einlage zurückerhalten und danach Geld verdienen sollen. Der aktuellen Prognose zufolge erreichen die Auszahlungen erst mit dem Jahr 2025 das Kommanditkapital. Durch die längere Laufzeit und die geringeren Erträge fällt der jährliche durchschnittliche Mittelrückfluss von rund 19 Prozent (Prospekt) auf zirka elf Prozent (aktuelle Prognose). Unter Berücksichtigung des Kommanditkapitals inklusive Agio sinkt der Ertrag von durchschnittlich rund 13,1 auf 5,6 Prozent pro Jahr.

fondstelegramm-Meinung. Die meisten Vorhaben stehen noch unter Vorbehalten; immer noch sind viele Fragen offen. Das Wenn-Dann-Spiel ist also noch nicht zu Ende. Halten die Banken ihr Wort und ziehen OOG und Petrobras mit, könnte die Bohrplattform dennoch vor der Zwangsverwertung, die beim Scheitern der Pläne offenbar unausweichlich wäre, bewahrt werden. Für die Anleger werden die nicht risikoadäquaten prognostizierten Ergebnisse keinesfalls befriedigend sein, nicht zuletzt auch wegen der längeren Fondslaufzeit und der längeren Kapitalbindung. Trotzdem werden sich die Fondsinitiatoren feiern lassen wollen, aus der misslichen Lage noch das Beste herausgeholt zu haben.

Hier ist der Weg schon das Ziel. Überschäumende Gewinne können sich die Investoren abschminken.