Entwurf verabschiedet. Am heutigen Mittwoch, 22. September, hat das Bundeskabinett als Gesetzentwurf verabschiedet, was seit Mai als „Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes“, kurz „Schäuble-Papier“, die Runde machte. Der Entwurf hat sich inzwischen stark verändert. Er sieht zum Beispiel neue Mitteilungspflichten vor, die das „Anschleichen“ an Unternehmen und das unerkannte Herbeiführen neuer Mehrheitsverhältnisse à la Porsche/VW oder Schaeffler/Continental verhindern soll. Aus Fondsperspektive ist jedoch vor allem relevant, was der Entwurf für offene Immobilienfonds vorsieht, für die Errichtung einer Beraterdatenbank und zum so genannten Beipackzettel.

Offene Immobilienfonds. Was offene Immobilienfonds betrifft, prägen im Wesentlichen zwei Neuerungen den Gesetzentwurf. Erstens wird die tägliche Anteilsrücknahme in beliebiger Höhe stark reglementiert, zweitens werden die Vorgaben zur Liquiditätsbeschaffung bei Auszahlungsproblemen verschärft.

Verfügbarkeit. Der Gesetzentwurf sieht das Ende der täglichen Anteilsrücknahme in beliebiger Höhe vor. Die Rücknahme von Anteilen wird auf 5.000 Euro pro Anleger und Monat beschränkt. Darüber hinaus gehende Beträge werden auch für Privatanleger einer 24-monatigen Mindesthaltefrist und danach noch folgenden Auszahlungsstaffelung unterworfen. Für Altanleger gilt die Frist als abgelaufen. Nach Ablauf von 24 Monaten Mindesthaltedauer werden Anteile, die einen Betrag von 5.000 Euro überschreiten, ein Jahr lang nur mit einem zehnprozentigen Abschlag zurückgenommen, zwölf weitere Monate ist ein Abschlag von fünf Prozent auf den Anteilwert, der 5.000 Euro übersteigt, fällig. Erst nach Ablauf einer Frist von vier Jahren können auch größere Anteile als 5.000 Euro pro Monat ohne Abschlag zurückgegeben werden. Die Rücknahmeabschläge sind dem Fondsvermögen gutzuschreiben. Die Maßnahmen sind als Anreize zu verstehen, Anteile an offenen Immobilienfonds langfristig zu halten und sollen der Immobilie als Langfristinvestment Rechnung tragen. Zu welchen Terminen Anteile ausgegeben und zurückgenommen werden, sollen die Fonds künftig selbst bestimmen. Allerdings ist der Turnus der Immobilienbewertung darauf abzustimmen. Wer also als Emittent an einer täglichen Verfügbarkeit festhalten möchte, muss mindestens monatlich das Immobilienportfolio bewerten lassen. Wer vertraglich festlegt, dass Anleger zweimal im Jahr ein- oder aussteigen können, der muss auch nur zweimal im Jahr den Anteilswert gutachterlich bestimmen lassen. Neu auch, zwischen Gutachter und Fonds müssen „Chinese Walls“ sichergestellt werden.

Aussetzung der Rücknahme. Aus der bisherigen Kann-Vorschrift wird eine Muss-Vorschrift. Reichen die liquiden Mittel nicht aus, Rückgabewünschen zu befriedigen, muss der Fonds die Rücknahme verweigern. Nach einem Jahr Aussetzung der Anteilsrücknahme ist der Fonds verpflichtet, durch Verkauf von Vermögensgegenständen Liquidität zu beschaffen. Galt dabei bisher die Maßgabe, dass der Verkaufspreis den vom Sachverständigenausschuss ermittelten Wert nicht unterschreiten darf, so soll künftig gelten, dass nach einem Jahr der gutachterliche Wert um zehn, im zweiten Jahr bis zu 20 Prozent unterschritten werden darf. Die in der bisherigen Fassung des Investmentgesetzes vorgesehene Möglichkeit, Vermögensgegenstände des Fonds zu beleihen, wird gestrichen.

Beipackzettel. Jedem Anlageprodukt, das über Banken und andere Finanzdienstleister angeboten wird, soll künftig ein Produktinformationsblatt beigefügt werden. Es muss die wesentlichen Informationen über das Produkt, insbesondere über die Funktionsweise, Risiken und Kosten wiedergeben, und es muss prägnant und verständlich formuliert sein. Werbende Informationen oder Informationen, die nicht dem beschriebenen Zweck dienen, darf es nicht enthalten. Der Beipackzettel soll einem neu aufzunehmenden Paragraf 5a der „Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung“ geregelt werden und soll maximal drei DIN A4-Seiten umfassen.

Beraterdatenbank. Bei der Bafin soll eine Datenbank errichtet werden, in der nicht nur Berater und Vertriebe, sondern beispielsweise auch die Compliance-Beauftragten von Banken registriert werden. So können nicht nur der Sachkunde- und Versicherungsnachweis erfasst werden, sondern auch wenn sich bei einzelnen Finanzdienstleistern oder Unternehmen Beschwerden häufen. Wird Falschberatung nachgewiesen können Bußgelder bis zu einer Höhe von 200.000 Euro verhängt werden.

fondstelegramm-Meinung. Die vorgesehenen neuen Regelungen für offene Immobilienfonds gehen in die richtige Richtung. Sie verpflichten die Kapitalanlagegesellschaften dazu, viel früher, viel nachhaltiger und viel mehr an den Marktbegebenheiten orientiert zu handeln. Durch die Verlängerung der Haltefristen wird Anlegern, denen der Unterschied zum Girokonto nicht so ganz klar war, deutlich, dass es sich bei Immobilien um Langfristinvestments handelt und sich das in der geringeren Verfügbarkeit von Liquidität auch beim Anleger widerspiegeln muss. Die Vermittler-Datenbank bei der Bafin wird nicht öffentlich einsehbar sein. Dadurch, dass sie bei der Bafin angesiedelt ist, kommt jedoch zur Erteilung von Vertriebsgenehmigungen über die Gewerbeaufsichtsbehörden ein zusätzliches Kontrollinstrument zum Tragen. Am wenigsten konkret ist bislang noch die Ausgestaltung des Beipackzettels, aber immerhin wäre seine Notwendigkeit dann schon mal gesetzlich verankert.

Im Gegensatz zu Schäubles-Diskussionspapier ist der jetzt vom Kabinett gebilligte Gesetzentwurf etwas gemäßigter, erfreut sich aber der größeren praktischen Durchsetzbarkeit. Seine Kernbotschaft ist ein Fortschritt für den Anlegerschutz.