Unchristliche Weihnachtsüberraschung. Kurz vor Weihnachten erreichte zehntausende IBV-Anleger ein Schreiben, das für einige Verunsicherung sorgte. Die IBV-Geschäftsführung droht darin pauschal an, die Anleger in Haftung zu nehmen und bereits erhaltene Ausschüttungen zurück zu fordern. Durch die allgemeine Lage der Immobilien- und Finanzmärkte in Verbindung mit der wirtschaftlichen Situation der jeweiligen IBV-Fonds drohe dieses Haftungsrisiko aufzuleben.

Paragraf 172 Abs. 4 HGB. Da mag sich mancher fragen, ob die das überhaupt dürfen. Ja, sie dürfen. Dass man bei geschlossenen Fonds von „Ausschüttungen“ spricht, ist eigentlich unpräzise, denn streng genommen müsste man solange von „Entnahmen“ sprechen, bis die Gesellschaft tatsächlich einen Totalgewinn erwirtschaftet. Erst dann ist auch die Gefahr des Wiederauflebens der Haftung gebannt. Bis dahin haftet jedoch jeder Kommanditist in voller Höhe der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme, auch mit den bereits erhaltenen „Ausschüttungen“.

Haftsumme. Entscheidend ist, mit welchem Betrag Kommanditisten auch im Außenverhältnis haften und im Handelsregister eingetragen sind. Lange war es üblich, die Kommanditisten mit 100 Prozent ihrer Einlage auch in die Haftung Dritten gegenüber zu nehmen. Es gibt allein einen einzigen Grund, die Haftsumme nicht auf beispielsweise zehn Prozent der Einlage zu begrenzen: Man kann gegenüber Kreditgebern besser verhandeln, wenn die Haftung in voller Höhe bestehen bleibt, mitunter zeigen sich Banken überhaupt erst zur Kreditvergabe bereit, wenn alle Anleger mithaften. Erfreulicherweise beschränken in letzter Zeit immer mehr Fondskonzeptionen die Haftsumme im Handelsregister auf zehn Prozent. Vor dem Hintergrund leidvoller Erfahrung (vergleiche etwa fondstelegramm vom 13.9.2006) eine späte aber begrüßenswerte Entwicklung.

Säbelrasseln. Das Risiko, das die IBV in ihrem Schreiben an die Anleger beschreibt, besteht. Einiges spricht jedoch dafür, dass vor allem der Ton des IBV-Schreibens darauf abzielt, eine Drohkulisse zu errichten. Rechtsanwalt Wolfgang Schirp, der zahlreiche Kläger gegen die IBV vertritt, gibt zu bedenken, dass die Geschäftsführung der Fonds gar keine Ansprüche gegen die Gläubiger geltend machen kann, dass könnten lediglich außenstehende Gläubiger gegenüber der Fondsgesellschaft. Außerdem wäre auch die IBV selbst und vor allem die Fintech 21. GmbH davon betroffen, die bereits in allen Fonds einige Anteile übernommen hat. „Lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen“, rät Schirp.

Die Begrenzung der Haftsumme im Handelsregister wird oft als unbedeutsam abgetan. Ein Irrtum, wie sich einmal mehr zeigt.