Angebot. Unter die Auslandsimmobilienfonds hat sich wieder einmal ein Objekt in Österreich gemischt. HIH Global Invest bietet die Beteiligung an einer Büro- beziehungsweise Bildungsimmobilie in Wien an. Die Einstiegshürde in diesen 33,3 Millionen Euro großen Fonds beträgt 15.000 Euro zuzüglich fünf Prozent Agio. Die Laufzeit ist bis Ende 2021 vorgesehen.

Initiator. Die HIH Hamburgische Immobilien Handlung gehört seit 1994 zur M.M. Warburg Gruppe und verantwortet deren Immobiliengeschäft. Für ausländische Investments ist die 2006 gegründete HIH Global Invest zuständig. Bis Ende 2009 hat HIH 14 Immobilienfonds vorwiegend mit deutschen Objekten aufgelegt; das kumulierte Investitionsvolumen beläuft sich laut Leistungsbilanz 2009 auf knapp 500 Millionen Euro. 2007 und 2009 investierten HIH-Auslandsfonds in Neuseeland und Großbritannien. Es folgte im vergangenen Jahr Belgien. Von in der Leistungsbilanz 13 ausgewerteten Fonds haben bis Ende 2009 neun die geplanten kumulierten Auszahlungen erreicht. Die vier übrigen liegen um 2,5 bis 7,5 Prozent unter Plan. Zwei Fonds hinken in der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung den prognostizierten Ergebnissen hinterher. Der Fonds mit überplanmäßigen Auszahlungen hatte zum Stichtag eine um 24 Prozent geringere Liquiditätsreserve.

Immobilie. Die im Oktober 2007 fertiggestellte Immobilie mit Büros, Schulungsräumen und Handel bietet auf einem 3.365 Quadratmeter großen Grundstück 12.979 Quadratmeter Mietfläche. Sie wurde in einer „U-Form“ errichtet und verfügt teilweise über sieben Obergeschoße. Unterirdisch befinden sich auf drei Parkebenen 117 Pkw-Stellplätze. Laut Prospekt wurde das Objekt in die Energie-Klasse B eingestuft. Im Erdgeschoss befinden sich 1.663 Quadratmeter Einzelhandelsfläche.

Lage. Das Bürohaus befindet sich im 11. Wiener Gemeindebezirk auf der Simmeringer Hauptstraße direkt an der U-Bahn-Station Zippererstraße. Vor dem Haupteingang hält die Straßenbahn. Beide Verkehrsmittel fahren ins Zentrum Wiens. Autobahn und S-Bahn sind relativ schnell zu erreichen. Trotz der sehr guten Verkehrsanbindung ist der Standort in diesem Arbeiter- und Migrantenbezirk eher unattraktiv. Zahlreiche Neubauten und Neubauprojekte in den angrenzenden Stadtteilen St. Marx und Erdberg (3. Gemeindebezirk) verbessern die Makrolage nicht.

Markt. Der Wiener Immobilienmarkt wird zumeist als stabil und beständig beschrieben. Krisenbedingt haben aber auch in Österreich Neubautätigkeit und Vermietungsleistung ab dem Jahr 2008 deutlich nachgegeben. In diesem Jahr registrieren die Analysten wieder stark zunehmende Flächenfertigstellungen. Auch wegen der erwarteten rückläufigen Neuvermietung dürfte der Leerstand steigen. Ende dieses Jahres könnte er sechs Prozent betragen, meinen die Wiener Analysten von CB Richard Ellis. Im südöstlichen Wien, wo das Fondsobjekt steht, liegen die Büromieten laut CB Richard Ellis derzeit bei 9,25 bis 12,30 Euro. Zum Vergleich: In den inneren Bezirken (CBD) müssen Mieter 12,20 bis 23,50 Euro bezahlen. Die Bruttoanfangsrenditen in durchschnittlichen bis guten Lagen außerhalb des Zentrums liegen derzeit stabil bei 5,75 bis sechs Prozent.

Mieter. Sämtliche Büro, Schulungs- und Lagerflächen – mithin 11.315 Quadratmeter – sind an die BBRZ Reha GmbH vermietet. Sie bietet Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitnehmer an, die aufgrund von Unfällen oder Krankheit ihre bisherige Arbeit nicht mehr ausüben können. Das „Berufliche Bildungs- und Rehabilitationszentrum“ gehört zur oberösterreichischen BBRZ Gruppe. Träger dieser Gruppe sind die Arbeitkammer Oberösterreich und der Österreichische Gewerkschaftsbund. Die Verbände haben österreichweit rund 2,7 beziehungsweise 1,2 Millionen Mitglieder. Nicht zuletzt deswegen wird das Bonitätsrisiko bei diesem Mieter bis auf weiteres als äußerst gering eingestuft. Ähnliches gilt für die zur REWE Gruppe gehörenden Supermarktkette BILLA und Drogeriekette BIPA. Der nicht unumstrittene Second-Hand-Händler Humana hat nur 215 Quadratmeter Ladenfläche gemietet.

Vermietung. Der grundsätzlich unbefristete Mietvertrag mit BBRZ hat durch mieterseitigen Kündigungsverzicht eine Mindestlaufzeit bis Ende 2022. Die monatliche Miete beträgt 10,90 Euro für Büro- und 5,56 Euro für Lagerflächen und wird jährlich der Entwicklung der Verbraucherpreise angepasst. Ein Sonderkündigungsrecht besteht für 1.426 Quadratmeter Fläche im fünften, sechsten und siebten Obergeschoß, die erstmals Ende 2012 und danach jährlich zum Jahresende zurückgegeben werden dürfen. BBRZ muss bei Ausübung des Sonderkündigungsrechts eine jährlich sinkende Abstandszahlung leisten. Diese hätte der Fonds jedenfalls notwendig, wenngleich sich über die Höhe der Auszugsentschädigung streiten lässt. Denn die Neuvermietung dieser Flächen dürfte sich äußerst schwierig gestalten. Gründe dafür sind beispielsweise der eher unattraktive Standort und der Hauptmieter BBRZ mit entsprechend hohem Publikumsverkehr in und vor dem Objekt inklusive Raucherzone direkt vor dem Haupteingang. Das könnte Mietinteressenten erheblich stören. Die Einzelhändler verfügen ebenfalls über unbefristete, aber etwas lockerer indexierte Mietverträge. Sie haben ihre Ladenflächen bis mindestens Ende August/September 2017 gemietet. Hier könnte also noch in der Fondslaufzeit eine Vertragsverlängerungsdiskussion oder eine Anschlussvermietung ins Haus stehen. 12 Pkw-Stellplätze sind direkt an BBRZ vermietet, der Rest an die BUWOG.

Investition. Die Immobilie kostet 29,2 Millionen Euro. Das entspricht der 16,8-fachen Jahresnettomiete. Ein Gutachten soll den Wert der Immobilie bestätigt haben. Unter Berücksichtigung der Anschaffungsnebenkosten und der Fondsanlaufkosten steigt der Kaufpreisfaktor auf sehr hohe 19. Die Fondsanlaufkosten belaufen sich auf 3,4 Millionen Euro beziehungsweise 18,3 Prozent des Eigenkapitals inklusive Agio. Sowohl die Immobilie als auch der Fonds sind aus Anlegersicht teuer.

Finanzierung. 17,8 Millionen Euro Eigenkapital, 14,6 Millionen Euro Fremdkapital und 0,9 Millionen Euro Agio ergeben zusammen das Fondsvolumen von 33,3 Millionen Euro. Das Darlehen ist bis zum 30. Juni 2021 befristet und läuft somit noch während der geplanten Fondslaufzeit aus. Die Zinsbindung erfolgt über die gesamte Laufzeit, wobei der Zinssatz inklusive Marge in den ersten fünf Jahren 4,34 Prozent und danach 4,87 Prozent beträgt. Die Bankmarge ist im Prospekt nicht genannt. Der Fonds leistet keine Tilgung; im Sommer 2021 schuldet der Fonds der Bank noch 100 Prozent des Darlehensbetrags. Eine vernünftige Anschlussfinanzierung könnte der Fonds nur mit einem klaren Mieterbekenntnis zur Immobilie – etwa durch einen weiteren Kündigungsverzicht – erhalten.

Prognose. Die Mieteinnahmen steigen in der etwa 10,5-jährigen Fondslaufzeit um 22,8 Prozent. Dabei geht der Initiator von einer durchgehenden Vermietung an die bestehenden Mieter ohne Leerstand aus. Mieteinnahmenausfall und Leerstand wurden demnach nicht einkalkuliert. Angesichts der in den kommenden Jahren erwarteten Inflation ist die Mietpreissteigerung nicht unwahrscheinlich. Unkalkulierbar sind jedoch Nachverhandlungen und Belastungsgrenzen der Mieter. Daher sollte hier Vorsicht in den Prognosen walten. Die Instandhaltungsaufwendungen wurden auf den ersten Blick in vertretbarem Maße angesetzt, könnten aber angesichts der besonderen und intensiven Nutzung der Immobilie zu knapp werden. Die laufenden Kosten in der Objekt- und Fondsgesellschaft sind mit 0,6 Prozent des Eigenkapitals inklusive Agio akzeptabel.

Exit. Der Initiator plant die Immobillie Ende 2021 um 35,5 Millionen Euro zu verkaufen. Das entspricht einer Preissteigerung gegenüber dem Einkauf um 21,6 Prozent. Der Kaufpreisfaktor in Höhe von 16,7 der letzten Jahresmiete liegt nur leicht unter dem Faktor 16,8 beim Einkauf. Eine vorsichtige Prognose sieht anders aus. Die Revitalisierungskosten und möglicherweise notwendigen Mietincentives hat HIH mit einer Jahresmiete, also rund 2,1 Millionen Euro, berücksichtigt. Das sind nur sechs Prozent des erwarteten Verkaufserlöses. Für die Ende 2021 etwas mehr als 14 Jahre alte Immobilie ist das zu wenig – auch hier nicht zuletzt wegen der besonderen und intensiven Nutzung. HIH erhält je nach Verkaufserfolg eine Vergütung von 0,5 bis zwei Prozent des Veräußerungserlöses.

Rückfluss. Die prognostizierten Auszahlungen an die Anleger beginnen schon in diesem Jahr und lauten 5,75 Prozent bis inklusive 2017. Danach sollen sechs beziehungsweise 6,25 Prozent an die Investoren fließen. Angesichts der nicht viel höheren Einstands- und laufenden Rendite gelingen die Auszahlungen nur zulasten der Prognosevorsicht. So verschafft etwa der Verzicht auf laufende Kredittilgungen dem Fonds grob gerechnet jährlich eine Liquidität von 100.000 bis 150.000 Euro. Das sind immerhin rund zehn Prozent der jährlichen Auszahlungen an die Anleger. Den Verkaufsgewinn hinzugerechnet sollen die Anleger in Summe 158,5 Prozent ihrer Einlage inklusive Agio erhalten. Der rechnerische Mehrerlös von Juli 2011 bis Ende 2021 beträgt 5,5 Prozent pro Jahr.

fondstelegramm-Meinung. Die Immobilie mit direktem U-Bahn-Zugang und langfristigem Mietvertrag, der ordentliche Prospekt und die hohe Kommunikationsbereitschaft sind positiv zu bewerten. Dennoch hat der Fonds erhebliche Schwachstellen: Die Immobilie ist auf Anlegerebene zu teuer, die Gesamtlage des Objekts ist die unattraktive 1b-Lage und die Prognoserechnungen sind mit Risiken gespickt.

Wien ist kein Selbstläufer. Anleger versäumen nichts, wenn sie nicht zeichnen.