Angebot. Fondsgegenstand ist die unmittelbare Entwicklung, Zulassung und Vermarktung von Arzneimitteln. Bislang nicht oder nur in unzureichendem Maße vom Markt angenommene Wirkstoffe sollen dabei durch eine andere Darreichungsform mit zusätzlichem klinischen Nutzen vermarktet werden (Reformulierung). 60 Millionen Euro misst das Fondsvolumen inklusive Agio. 10.000 Euro zuzüglich vier Prozent Agio sind je Anleger mindestens zu zeichnen. Anleger erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zum 31. Dezember 2025 kann eine Beteiligung ordentlich gekündigt werden, der Vertrag verlängert sich jedoch, wenn die Fondsgeschäftsführung eine weitere Vermarktung als erfolgversprechend beurteilt.

Historie. Die Finance System GmbH & Co. KG wurde Ende März 2005 gegründet und gehört drei Personen. Hauptgesellschafter und Geschäftsführer ist Andreas Fritsch. Er ist Diplom Betriebswirt und war zehn Jahre lang bei Hannover Leasing im Bereich geschlossener Fonds tätig, unter anderem als Leiter Projektmanagement. Für Finance System ist dies der zweite geschlossene Fonds. Der Patent Invest I, der nicht im Pharma-Sektor investiert ist, wurde im Jahr 2005 mit 20 Millionen Euro Eigenkapital geschlossen. Er sollte ursprünglich 3,5 Jahre laufen und eine Nachsteuerrendite in Höhe von 18 Prozent jährlich erreichen. Aufgrund einer Vielzahl noch zu verwertender Schutzrechte wurde die Laufzeit verlängert, so Finance System. Da ein Großteil der Lizenzzahlungen noch aussteht, tut sich der Initiator schwer, eine Rückflussprognose zu geben. Eigentlich sollte der Pharma Invest bereits in 2009 auf den Markt gelangen. Nach Begutachtung des Marktumfelds und wegen der Finanzkrise wurde der Start verschoben, so der Initiator.

Reformulierungs-Prozesse. Nach dem Erspähen von Marktlücken im Arzneimittelmarkt und der Erstellung von Machbarkeitsstudien erfolgt die pharmazeutische Entwicklung der Produkte – zuerst in kleinem Maßstab im Labor, später im größeren Umfang, im Abschluss mit einem Test an sechs Freiwilligen. Danach werden die Produkte klinisch geprüft: in der ersten Phase an bis zu 100 gesunden Freiwilligen, in der Phase 2 an kleinen Patienten-Kollektiven, in der dritten Phase an 500 bis 1.000 Patienten. Das einnahmenstärkste Produkt des Startportfolios, Ketamin, muss die Phase 2 der klinischen Untersuchungen noch durchlaufen. Die fünf verbleibenden Medikamente beginnen ihre Tests in der dritten Phase. Die Entwicklungszeit für Ketamin wird auf rund fünfeinhalb Jahre, die der anderen Produkte auf knapp unter vier Jahre geschätzt. Im Anschluss bedürfen die Medikamente einer Arzneimittelzulassung durch die jeweiligen nationalen Behörden. Dieser Prozess kann zwischen 12 und 18 Monate dauern. Dabei ist es möglich, dass beispielsweise ein Arzneimittel in den USA zugelassen und in Europa abgelehnt wird. In Deutschland muss für ein Medikament nach Ablauf der ersten fünf Jahre am Markt erneut eine Zulassung beantragt werden. Die Vermarktungsprozesse beginnen bereits im Laufe der klinischen Entwicklung. Sie enden mit der Übergabe aller Rechte an den Lizenznehmer.

Partner und Verträge. Der Generalunternehmervertrag über die Entwicklung, Zulassung und Vermarktung ausgewählter Reformulierungs-Produkte wurde am 22. September 2011 geschlossen. Generalunternehmer ist die Clin Pharm Reform GmbH (Clin Pharm). Diese Gesellschaft wurde extra für diesen Fonds gegründet. Ihr Management bilden Dr. Halvor Jaeger (er war laut Prospekt für die Reformulierung von 30 Produkten mit verantwortlich, von denen rund drei viertel auf den Markt gelangten), Prof. Dr. Hermann Lübbert (Gründer und Leiter der Biofrontera AG, deren Aktie als Folge der Finanzkrise im Jahr 2008 dramatisch sank und sich allmählich wieder auf rund drei Euro rettete), Dr. Rudolf Theodor (Gründer des Auftragsforschungsinstituts Pharos). Aufsichtsratsvorsitzender der Clin Pharm ist Wilderich Fuchs, er war zuvor unter anderem geschäftsführender Gesellschafter der IVG-Tochter Tercon Immobilien Projektentwicklungs GmbH. Der Generalunternehmer ist im Besitz aller Lizenzen für die neuen Darreichungsformen des Startportfolios. Im Rahmen der Entwicklung wird dem Fonds über Clin Pharm und ihre Subunternehmer jeweils eine entsprechende Lizenz eingeräumt. Die Fondsgesellschaft vermarktet wiederum primär über Lizenzen die Rechte an den Wirkstoffprodukten. Ausnahmsweise nicht über den Generalunternehmer, sondern von der im August 2011 gegründeten Pharm Capital GmbH, mit Sitz in Zürich, erwarb der Fonds für zwei Jahre eine Lizenz für nadellose Injektionsvorrichtungen, gegen die Entrichtung einer Lizenzgebühr. Eine Verlängerung würde 100.000 Euro pro Jahr kosten. Alleiniger Gesellschafter der Pharm Capital ist Caspar Andri Largiadèr, der seit Ende 2010 drei Firmen im maritimen Bereich gegründet oder mit gegründet hat. Nach Angaben von Finance System soll er jedoch über ein umfangreiches Netzwerk verfügen. Mit der Entwicklung der Arzneimittel des Startportfolios wird erst nach Platzierung des erforderlichen Eigenkapitals begonnen.
Die Kontrolle des Generalunternehmers und der Prozessabläufe vor Ort erfolgt durch drei Unternehmen: Die IMS Health GmbH & Co. OHG beobachtet den Pharmamarkt. Sie gehört zu der seit 1954 bestehenden amerikanischen IMS Health Incorporated. Die DQS Deutschland GmbH ist ein Zertifizierungs-Unternehmen und kontrolliert Abläufe und Vorgaben. Die im März 2011 gegründete Pharma Control GmbH berät ausschließlich den Fonds mittels Fachleuten aus dem pharmazeutischen Bereich. Ein Investitionsbeirat unterstützt den Fonds bei allen Entscheidungen und beobachtet den pharmazeutischen Entwicklungsprozess. Er besteht momentan aus Dr. Simone Seiter, Dr. Michael Schneider (Patentanwalt) und Professor Thomas Kissel.

Startportfolio. Den größten Teil der Einnahmen soll das Narkosemittel Ketamin einbringen. Es steht an zweiter Rangstelle des Generalunternehmervertrags. Die neue Form von Ketamin soll, mittelstark dosiert, oral eingenommen werden können und verlangsamt wirken. Dadurch könnte die Einnahme stärkerer Schmerzmittel durch Schwerstkranke eingeschränkt werden. Den Hauptabsatzmarkt sieht Finance System in den USA. Für Patienten mit Empfindlichkeiten gegen andere Narkosemittel, mit Phantomschmerzen und Schmerzen nach Operationen wurde Ketamin in seiner neuen Darreichungsform bereits erfolgreich getestet. Oxycodon gehört zu den Opioiden und wird gegen starke Schmerzen eingesetzt. Neu entwickelt wurde ein schnell freisetzender Wafer (dünner Film), der hohe Schmerzspitzen zeitgerecht nehmen kann, bei gleichzeitig niedrigerer Dosierung. Sildenafil (bekannt als Viagra) soll über einen schnell freisetzenden Wafer auf der Zunge nicht nur einfacher und diskreter anzuwenden sein, sondern auch schneller wirken. Sildenafil wird laut Generalunternehmervertrag an erster Rangstelle bearbeitet. Das Narkotikum Buprenorphin soll als schnell freisetzender Wafer gegen schwerste Schmerzen schneller wirken und in der Entwöhnung von Opiaten vorteilhaft sein. Epinephrin (Adrenalin) dient der Notfallbehandlung allergischer Reaktion und soll mittels eines nadelfreien Auto-Injektors verabreicht werden können. Das Migräne-Mittel Rizatriptan soll über ein Pflaster in den Körper gelangen. Im Falle, dass eines der genannten Medikamente nicht mehr für eine Markteinführung geeignet ist, werden die verbleibenden Investitionsmittel für andere Produkte verwendet. Mögliche Ersatzprodukte sind die Anti-Schuppen-Creme Belixos, die Tablette BF-Derm gegen Nesselsucht und das Diabetes-Mittel Human-Insulin mit nadelfreiem Auto-Injektor.

Finanzierung. Der Fonds finanziert sich vollständig aus Eigenkapital. Nur 72,6 Prozent des Fondsvolumens inklusive Agio sind für die Zahlungen an Clin Pharm, Wirkstoffgutachten, Lizenzkosten und Vorlaufkosten der Pharma Control vorgesehen. Hohe 13,5 Prozent bilden eine Liquiditätsreserve, wobei der Einsatz von fünf Prozent des Fondsvolumens für weitere Pharmaentwicklungen und Vermarktungen bereits im Rahmen eingeplant ist. Laut Finance System dient die Reserve ausschließlich unvorhergesehenen Veränderungen im Produktbereich und soll nicht für Nebenkosten der Fondsgesellschaft verwendet werden. Investitionskosten und Reserve ergeben in der Summe 86,1 Prozent. 13,9 Prozent sind Fondsnebenkosten. Währungsrisiken sind nicht ausgeschlossen, da die Vermarktung der Produkte auch außerhalb des Euro-Raums stattfindet, primär in den USA.

Verlaufsprognose. Die Erlöse wurden aus statistischen Daten, wie der Bevölkerungsentwicklung und -struktur, Wirtschaftswachstum, Ausfallquoten bei Reformulierungen hergeleitet und basieren auf der Meinung von Experten der Clin Pharm und der IMS Health. Ein externes Marktgutachten für das Portfolio liegt nicht vor. Statistisch gesehen, werden von 100 neuen Wirkstoffen nur drei vermarktet. Von 100 Reformulierungen gelangen 51 in die Vermarktungskette. Der Initiator rechnet damit, dass von den sechs Produkten drei bis vier Produkte vermarktet werden können, kalkuliert wurden drei. Die Einnahmeerwartungen für die einzelnen Medikamente unterscheiden sich erheblich, bei relativ geringen Kostenunterschieden. Allein das Ketamin macht über 50 Prozent des Betrags aus, der bei 100-prozentiger Marktumsetzung aller Produkte des Startportfolios erwartet würde. An nächster Stelle stehen das Oxycodon mit rund 15 Prozent und das Sildenafil mit 12 Prozent. Für die Kalkulation der Vermarktungserlöse wurde etwas weniger als das arithmetische Mittel aus dem Gutachten von IMS und den niedrigeren Annahmen von Clin Pharm gewählt, die Wahl des niedrigeren Wertes wäre besser gewesen. Jedes Investitionsbeiratsmitglied erhält jährlich 24.000 Euro. An Lizenz- und Regulierungskosten fallen im Durchschnitt jährlich rund 31.000 Euro an. Für laufende Fondsnebenkosten werden durchschnittlich jährlich hohe 1,96 Prozent des Eigenkapitals ausgegeben. Pharmazeutisches Controlling erfordert hoch dotierte Spezialisten. Die kumulierte Liquiditätsreserve liegt ab dem zweiten vollen Jahr bei rund fünf Millionen Euro. Im letzten Prognosejahr ist entweder der Verkauf der dann vorliegenden Lizenzen geplant oder die Fondslaufzeit wird verlängert.

Rückfluss. Rund 13,2 Millionen Euro sollen refinanziert werden. Bereits nachdem die Anleger ihr Eigenkapital (ohne Agio) zurückerhalten haben, geht insgesamt die Hälfte der darüber hinaus gehenden Beträge an Clin Pharm, IMS, DQS, Pharma Control, Finance System und an den Investitionsbeirat, das ist erheblich. Anleger mit einem Steuersatz von 42 Prozent sollen während der rund 10,7 Jahre Fondslaufzeit Auszahlungen in Höhe von insgesamt 313 Prozent ihres Eigenkapitals inklusive Agio, nach Steuern zurückerhalten. Das entspricht einer jährlichen IRR-Rendite in Höhe von 23,46 Prozent, nach Steuern.

Vertragsgestaltung. Da der Treuhänder zu Finance System gehört, ist die Herausbildung von Interessenkonflikten möglich. Die Vertretungsmöglichkeiten der Gesellschafter bei Gesellschafterversammlungen sind eingeschränkt auf Vertreter der rechtsberatenden Berufe oder andere Gesellschafter. Die Einberufungsfrist für Gesellschafterversammlungen beträgt nur zwei Wochen. Unüblicher Weise sind die Genehmigung des Jahresabschlusses, die Verwendung der Jahresergebnisse und Entnahmen, die Entlastung der Fondsgeschäftsführung am Jahresende, das Eingehen von Verbindlichkeiten ab gewisser Größenordnungen nicht Gegenstand der Gesellschafterversammlung.
Sofern nicht bis Ende September 2013 wenigstens 20 Millionen Euro platziert wurden, kann der Fonds rückabgewickelt werden. In diesem Fall hätten die Anleger kein Recht auf die vollständige Rückerstattung ihres Zeichnungsbetrags. Der Generalunternehmervertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass bis Ende März 2012 genügend Eigenkapital für die Entwicklung des Sildenafil platziert wurde, das entspricht, einschließlich der Fondsnebenkosten und Lizenzgebühren, 15,4 Millionen Euro. Finance System setzt auf ihre gute Bankenvernetzung, jedoch haben auch geläufigere Fondsmodelle mit kleineren Volumina zurzeit große Absatzschwierigkeiten– selbst über die Banken.

fondstelegramm-Meinung. Die pharmazeutischen Wirkstoffe des Startportfolios sind klar definiert. Durch den Umstand, dass die Wirkstoffe an sich bereits zugelassen sind, sinkt das Risiko von „extrem“ auf „hoch“ ab. Da der Generalunternehmer extra für diesen Fonds gegründet wurde, kann er nicht mit einer Erfolgsgeschichte aufwarten, sein Management ist jedoch fachlich hervorragend besetzt. Die Erlösprognosen stammen aus zwei Gutachten, an deren Mittelwert sich der Fonds orientiert. Der Löwenanteil soll aus der Verwertung von Ketamin kommen. Die laufenden Fondsnebenkosten und die Gewinnbeteiligung Dritter sind erheblich und setzen das Management einem ernormen Erfolgsruck aus. Der Fonds zeigt Schwächen in den gesellschaftsvertraglichen Regelungen.

Spezialmarkt mit schwer zu fassenden Risiken und Nebenwirkungen. Dass sich die entsprechend hohen Chancen auch auf der Ebene der Anleger realisieren, setzt die Integrität des Managements voraus, die sich nicht von selbst aus dem Prospekt ergibt.