Angebot. Der Fonds bietet Anlegern ein Co-Investment an einem Wohnimmobilien-Projekt in der chinesischen Provinzhauptstadt Shenyang an. Das Fondsvolumen beträgt 30,1 Millionen Euro inklusive Agio. Die Mindestbeteiligung von nur 10.000 Euro plus fünf Prozent Agio ist für dieses fernöstliche spekulative Investitionsvorhaben zu gering, weil sie Kleinanleger, für die der Fonds nicht geeignet ist, locken könnte. Bereits Ende November 2012 soll der Fonds wieder abgewickelt werden.

Konstrukt. Die deutsche Fondsgesellschaft überweist das Investitionskapital an eine bei der Prospektierung noch zu gründende Zweckgesellschaft in Hong Kong, an der sich weitere Investoren beteiligen können. Ein institutioneller Investor – dem Vernehmen nach die Familie Thyssen – beteiligt sich mit fünf Millionen Euro an der Gesellschaft. Diese Zwischengesellschaft, die laut Initiator mittlerweile gegründet ist, beteiligt sich ihrerseits an der chinesischen Objektgesellschaft Shenyang European Garden Co. Ltd. Dabei handelt es sich um ein Joint Venture, bei dem die Shenyang Honest Century Group Real Estate Development Co. Ltd. zu 50 Prozent beteiligter Partner ist. Sie bringt in das Joint Venture das Landnutzungsrecht für die Objektgesellschaft und keine Bareinlage ein. Die Objektgesellschaft baut 24 Wohnhäuser, deren Wohnungen innerhalb kurzer Zeit auf dem freien Markt verkauft werden sollen.

Initiator. Anbieter ist die ESI Euro Sino Invest GmbH, deren Gesellschafter die ZBI AG und die Tucher Invest 2 GmbH sind. Geschäftsführer Florian Schmied ist gleichzeitig Geschäftsführer der in der Schweiz ansässigen Euro Sino Invest AG, an der Thomas von Tucher und Annemaria von Tucher jeweils mindestens 25 Prozent der Anteile halten, und der chinesischen M&P Environmental Consulting Co. Ltd. Die Initiatorengesellschaft hat bislang keine Publikumsfonds aufgelegt; Fondskompetenz, allerdings mit deutschen Immobilien, kommt von der ZBI AG. Ohnedies sind die Herren von Tucher und Peter Groner (ZBI), die jeweils 100.000 Euro in den Fonds einzahlen, aufgrund der kapitalmäßigen Verflechtungen die zentralen Figuren bei diesem Fonds.

Immobilie. Das Projekt European Garden ist in zwei Bauphasen geteilt. In der ersten Phase sollen bis Ende dieses Jahres 250.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche fertig gestellt sein. Nach Angaben des Initiators sind sämtliche Flächen verkauft beziehungsweise – und das steht nicht im Prospekt – zur Eigennutzung bestimmt. Der Fonds steigt in der zweiten Phase ein. Laut ESI wird mit dem Bau der 249.200 Quadratmeter Bruttoflächen im Juni 2010 begonnen. Geplant sind 24 Wohnhäuser in der Kategorie „obere Mittelklasse“ mit jeweils drei bis 24 Etagen und einem geringen gewerblichen Anteil. Außerdem sind cirka 1.300 Tiefgaragenplätze vorgesehen.

Standort. Shenyang ist Hauptstadt der chinesischen Provinz Liaoning im Nordosten Chinas. Die Metropole mit ihren etwa 7,4 Millionen Einwohnern gilt als wichtiges Zentrum für Wirtschaft und Kultur sowie als strategisch günstiger Verkehrsknotenpunkt. Nach einem Marktbericht von CB Richard Ellis waren die Mieten für Luxuswohnungen in Shenyang im dritten Quartal 2009 leicht rückläufig, während die Preise etwas nach oben kletterten. Im Durchschnitt kostete ein Quadratmeter 6.576 Yuan (rund 660 Euro) und damit um 3,3 Prozent mehr als im ersten Quartal. Dabei hat der Preisindex das noch im Jahr 2008 erzielte Rekordniveau nach einem kurzen Rückschlag wieder erreicht. Laut Fondsprospekt sind Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt in Shenyang ausgewogen.
Für den dann doch vorhandenen Immobilienbedarf führt der Initiator im Prospekt mehrere Gründe und Quellen an, wobei er sich teilweise auf Zahlen aus dem ersten Halbjahr 2008 – also vor der Finanzkrise – beruft. Sämtliche Daten und Quellen zu verifizieren ist kein leichtes Unterfangen, weil entweder keine aktuelleren Daten oder die Quellen, beispielsweise Berichte und Internetseiten, nur in chinesischer Sprache verfügbar sind. Dass in China insgesamt sehr viel bewegt wird, belegen folgende Zahlen: Laut National Bureau of Statistics of China belief sich das Investitionsvolumen von Januar bis Oktober 2009 auf 2.844 Milliarden Yuan (umgerechnet rund 285 Milliarden Euro). Zum Stichtag waren 2,8 Milliarden Quadratmeter Nutzfläche in der Entwicklung. Zum Shenyang-Markt erklärt der Initiator auf Nachfrage, dass das Investitionsvolumen 2009 um 28,5 Prozent und die gesamte Baufläche um 22,4 Prozent gestiegen sind. Das Wachstum bei den verkauften Flächen hinkt mit 6,8 Prozent jedoch hinterher.

Partner. Die Kompetenz für den chinesischen Immobilenmarkt bringt laut Prospekt der seit vier Jahren in China lebende Mitinitiator Florian Schmied mit. Er ist Gründer und Geschäftsführer des chinesischen Ablegers der 1983 gegründeten M&P Group aus Hannover, die unter der Kontrolle von Thomas von Tucher und seiner Frau steht. M&P übernimmt mit einer weiteren Tucher-Gesellschaft die Baubetreuung beim Fondsprojekt. Bauträger ist die Honest Century Construction Group (HCG), die laut Prospekt bislang eine Million Quadratmeter Flächen entwickelt und davon 98,7 Prozent verkauft hat. Mehrgesellschafter ist der in der Kommunistischen Partei aktive Ingenieur Yan Dekui. Einen stichhaltigen Trackrecord, der über die Nennung von Referenzprojekten hinausgeht, weist der Prospekt jedoch nicht aus. Auch auf Nachfrage liefert der Initiator keine befriedigende Antwort.

Investitionsrechnung. Die ausschließlich mit Eigenkapital ausgestattete deutsche Fondsgesellschaft beteiligt sich mit 23,8 Millionen Euro an der Zweckgesellschaft in Hongkong. Das entspricht einer mageren Investitionsquote von 79 Prozent. Die Fondsanlaufkosten betragen unter Berücksichtigung der Liquiditätsreserve 5,94 Millionen Euro inklusive Agio. Dabei erhält die Euro Sino Invest AG für die Vermittlung des Fonds an die Zweckgesellschaft, die sie quasi selbst mitgründet, eine Vergütung von 1,4 Prozent des Eigenkapitals.

Kalkulation. Die Objektgesellschaft erhält von der Zweckgesellschaft und dem chinesischen Joint-Venture-Partner jeweils 200 Millionen Yuan Eigenkapital, wobei letzterer das in Form des Nutzungsrechts am Bauland einbringt. Die Baukosten belaufen sich in der Prognose auf 632 Millionen Yuan, von denen das Management 4,2 Millionen Yuan und die Bauüberwachung 9,3 Millionen Yuan erhalten. Die Kosten sollen über das Eigenkapital und die Erlöse aus dem Vorverkauf gedeckt werden; die Aufnahme von Fremdkapital ist nicht vorgesehen. Nötigenfalls können die Manager nach Initiatorenangaben auf einen „in Aussicht gestellten“ Kredit der Shanghai Pudong Bank zurückgreifen.
Der Vorverkauf soll im Frühjahr oder Sommer 2011 beginnen. In der Kalkulation wurde ein Verkaufserlös von 6.286 Yuan pro Quadratmeter Wohnfläche angenommen. Für die Gewerbeflächen wurden 9.670 Yuan angesetzt. Da der Initiator die Verkaufsergebnisse aus der ersten Projektphase nicht preisgibt, ist ein Rückschluss auf die Standhaftigkeit der Prognose nur schwer möglich. Die Referenzwerte von CB Richard Ellis beziehen sich jedenfalls auf Luxuswohnungen und sind mithin eine hohe Messlatte. Unterm Strich soll die Objektgesellschaft einen Gewinn nach Steuern und Rückführung des Eigenkapitals in Höhe von 389 Millionen Yuan erzielen. Davon steht dem chinesischen Partner die Hälfte zu.

Rückflussprognose. In der Kalkulation erwirtschaftet die Zweckgesellschaft einen Gewinn von 195 Millionen Yuan. Dabei fällt eine Quellensteuer von 9,7 Millionen Yuan an. Danach erhält die Euro Sino Invest AG eine erfolgabhängige Vergütung von 23,1 Millionen Yuan. Aus der Einlagenrückführung und den Dividendenerträgen nimmt schließlich die deutsche Fondsgesellschaft die Auszahlungen an die Anleger vor – laut Prognose Ende 2012. Dabei erhalten die Investoren 134,7 Prozent ihrer Einlagen inklusive Agio und der Initiator 12,04 Prozent der Dividenden. Grundsätzlich steht dem Komplementär unter Berücksichtigung einer zehnprozentigen Hurdle-Rate ein Carry von 33 Prozent zu.

Risiken. Die Beteiligung ist mit für Projektentwicklungen typischen und darüber hinaus gehenden Risiken behaftet. Im totalitär regierten China sind Sitten und Transparenz nicht mit europäischen oder amerikanischen Maßstäben zu messen; Transparency International führt China auf dem 79. Rang des Korruptionsindex. In der Wirtschaftskrise hat sich das Land als äußerst protektionistisch gezeigt, wobei Chinas Konjunkturpakete von manchen sorgenvoll beobachtet werden. Die chinesische Regierung arbeitet zuweilen auch mit einer Auf- oder Abwertung der Währung; in den vergangenen zwölf Monaten lag die Volatilität des Yuan bei 11,7 Prozent. Dieses Währungsrisiko müssen Zeichner berücksichtigen. Abgesehen davon bleibt der Initiator den Nachweis schuldig, dass die bisherigen Projekte der involvierten Unternehmen sich so gut gerechnet haben, dass unterm Strich auch für Anleger ein dem Risiko adäquater Ertrag herausspringt.

Vertragswerk. Während die Errichtung der Fondsgesellschaft auf unbestimmte Zeit nichts Ungewöhnliches ist, schlägt der Initiator mit dem generellen Ausschluss eines ordentlichen Kündigungsrechts dem Fass den Boden aus. Somit bliebe dem Anleger nur die Hoffnung, dass der Fonds wie im Prospekt prognostiziert nur bis Ende November 2012 läuft.

fondstelegramm-Meinung. Riskante Projektentwicklungsfonds, noch dazu in fernen Ländern und fremden Rechtskreisen, sind nicht zeitgemäß. Zwar ist die Beteiligung der zwei Mitgründer und eines institutionellen Investors löblich. Aber de facto lassen die Initiatoren die Privatanleger allein, wenn es nicht so gut läuft, während sie im Falle des planmäßigen Verlaufs kräftig absahnen. Auch sonst sind die Vergütungen nicht zu knapp. Dass Anleger nicht ordentlich kündigen können, ist nicht nur haarsträubend, sondern eines von mehreren harten Negativkriterien für den Fonds.

ESI legt ein waghalsiges Projekt auf, mit dem auf jeden Fall die Initiatoren sehr gut verdienen.