Ernüchterung. Staatsverschuldung, Regierungssparpläne und schwache Konjunkturaussichten haben europäischen Immobilienaktien im zweiten Quartal 2010 einen Dämpfer verpasst. Dominierendes Thema war die Staatsverschuldung Griechenlands und die Auswirkungen auf die anderen europäischen Länder. Infolgedessen verlor der Euro gegenüber allen anderen wichtigen Währungen an Wert. Das Vertrauen in die Kapitalmärkte sank. Dennoch konnten nach Einschätzung von Lasalle Investment Management viele kontinentaleuropäische Immobilienunternehmen vom niedrigen Zinsumfeld profitieren und ihre Bilanzen mittels Refinanzierung bereinigen. Dem laut Lasalle „übertriebenen Optimismus“, der die Märkte in den vergangenen vier Quartalen beflügelt hatte, folgt die Ernüchterung. Die Kursgewinne von Immobilienaktien aus dem ersten Quartals 2010 sind zusammengeschmolzen.

Europäische Wirtschaft. Die Prognosen gehen für 2010 in fast allen wichtigen Volkswirtschaften der Eurozone von einem Wachstum aus. Einzige Ausnahme ist Spanien. Für Deutschland beläuft sich das erwartete BIP-Wachstum auf 1,8 Prozent. Das konjunkturelle Wachstum wird sich über 2010 hinaus in engen Grenzen halten, wenn die Finanz- und Steueranreizpakete auslaufen werden. Das Ausmaß der Verschuldungskrise in Südeuropa und mögliche Kettenreaktionen in der restlichen Welt sind nicht absehbar. Die Unternehmen wollen ihr Personal so knapp wie möglich halten, um auch dann Gewinne zu erwirtschaften, wenn die Nachfrage knapp und der internationale Wettbewerb stark bleibt. Infolge der steigenden Arbeitslosigkeit und des Drucks auf die Preismacht der Unternehmen dürfte die Inflation in den nächsten Jahren nicht so stark steigen. Die Zinsen werden voraussichtlich bis weit ins kommenden Jahr hinein bei einem Prozent bleiben, schätzt Lasalle.

Direkter Immobilienmarkt. Die Sorge um die Stabilität der Europäischen Union hat den direkten Immobilienmärkten in Europa weit weniger anhaben können als den indirekten Anlagen. Niedrige Zinssätze, offene Kredit- und Kapitalmärkte und die verstärkte Bereitschaft der Banken, Kredite zu vergeben, stimulierten die Nachfrage nach Immobilien im zweiten Quartal. Hochwertige Objekte sind in vielen europäischen Städten knapp und verteuern sich rasch.

Aussichten. Die Prognosen für die entwickelten Volkswirtschaften haben sich im vergangenen Quartal deutlich zum Schlechteren gewandelt, nachdem die Zahlungsfähigkeit der südeuropäischen Länder in Frage steht, die konjunkturellen Frühindikatoren ins Stocken geraten sind und die expansive Finanzpolitik um sich greift. Einige Beispiele: Großbritannien erhöht die Mehrwehrsteuer, Spanien senkt die Tarife im öffentlichen Dienst, die USA streichen die Steuergutschrift für Eigenheimkäufer. Nachdem die Immobilienrenditen und die Dividendenrenditen bei Immobilienaktien gestiegen sind, ist eine beträchtliche Renditespanne entstanden. Die Ertragseigenschaften von Immobilien werden nach Einschätzung von Lasalle momentan scheinbar ignoriert.

Real Estate Investment Trusts. Drei Jahre nach Einführung des Reits in Deutschland werden derzeit drei Reits an der Börse gelistet und sechs Vor-Reits geführt. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass in anderen Ländern das Reit-Konzept deutlich erfolgreicher ist. In Großbritannien, das genau wie Deutschland den Reit 2007 einführte, gibt es derzeit 21 Reits. In Frankreich, wo Reits seit 2003 aufgelegt werden können, sind es sogar 46. Und im Mutterland der Reits, den USA, sind 171 Reits gelistet.

Erfolgloser German-Reit. Einer der Gründe für den ausbleibenden Erfolg des deutschen Reits ist das seit 2007 insbesondere für Immobiliengesellschaften schwierige Börsenumfeld. Die negativen Kursentwicklungen beispielsweise des britischen Reit-Sektors sprechen eine deutliche Sprache. Unter dem Eindruck der schwächelnden Börsenmärkte gibt es zudem keine IPO-Aktivität, so dass neue Reits, auf die Deutschland mit der Einführung des Reit-Gesetzes gesetzt hatte, im Augenblick keine Chance haben, resümiert Pricewaterhouse Coopers. Der im Mai abgesagte Börsengang der GSW zeige, dass sich daran auch drei Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise nichts Wesentliches geändert habe.

Den ausführlichen Quartalsbericht von Lasalle Investment Management für Immobilienaktien und eine Einschätzung von Pricewaterhouse Coopers zu Reits in Europa bringt die Fondszeitung in der Ausgabe 15-2010.