Auf der einen Seite scheint die Macht der Ratingagenturen grenzenlos: Sie entscheiden darüber, ob sich Papiere besser oder schlechter verkaufen, sie reißen ganze Branchen in den Abgrund und können Rettungspläne von Staaten für Staaten zerschießen.

In der Krise haben sie die Gefahren der Subprimepapiere nicht erkannt. Vielmehr haben sie überhaupt erst möglich gemacht, dass Ramschpapiere reißenden Absatz gefunden haben, weil sie ihnen Bestnoten gegeben haben. Einen unglaublichen Reibach haben sie damit auch noch gemacht: Die Gewinnmarge bei Ratingagenturen liegt bei 50 Prozent, und wie ein Kartell sichern sie sich oligopolistisch gegen Wettbewerb ab.

Auf der anderen Seite trifft sie eine Mitschuld an der Krise möglicherweise aufgrund zu hoher Transparenz. Dadurch, dass sie ihre Kriterien offengelegt haben, war es den Anbietern ein Leichtes, ihre Papiere stromlinienförmig und glanzvoll das Bewertungsraster passieren zu lassen. Das ist eine Schwachstelle des Ratingwesens, die bisher noch nicht so recht wahrgenommen wurde. Auch die Höhe der Gewinnmargen lässt sich relativieren. Denn weil Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit sich wechselseitig bedingen, ist nicht zuletzt die finanzielle Unabhängigkeit vom einzelnen Auftraggeber notwendig, um glaubwürdig zu bleiben.

Jenseits dieses Dilemmas lässt sich eine deutliche Lehre aus der Rolle der Ratingagenturen in der Krise ziehen: Den weitaus größeren Schaden haben zu gute, nicht zu schlechte Bewertungen angerichtet!

Eine gute Woche wünscht Ihnen
Tilman Welther