Entscheidung. Vor dem Schweizer Bundesgericht in Lausanne wurde am heutigen Freitag über das Schicksal des Dr.-Amann-Fonds 8, dem das Hotel Schweizerhof in Zermatt gehört, entschieden. Gegenstand war der Revisionsantrag der Schweizer Finanzmarktaufsicht (Finma) gegen ein Urteil aus dem Jahr 2008, in dem die Liquidationsanordnung der Finma für nichtig erklärt wurde (fondstelegramm berichtete). Das heute gefällte Urteil fiel geradezu salomonisch aus. Nur zwei von fünf Richtern traten dafür ein, dass der Fonds nicht unter das seit 2007 gültige Kollektivanlagengesetz (KAG) fällt und deswegen nicht zu liquidieren sei. Zwei weitere schlossen sich eher dem Vorsitzenden Richter an, der die Zuständigkeit des KAG zwar bejahte, aber gleichwohl die Liquidation des Fonds nicht befürwortete. Er wolle, so seine Begründung, mit diesem Präzedenzfall dem jungen – und im Prinzip vernünftigen Gesetz – „nicht gleich die Zähne ziehen“. Ergebnis: Der Fonds wird nicht liquidiert und der Finma wird auferlegt, die Fondsgeschäftsführung bei der Anpassung des Fonds an das neue KAG zu unterstützen.

Gelder veruntreut. Seit 2005 vertritt die Sachverständige für Beteiligungen Gabriele Kubatzki als Geschäftsführerin des Fonds zusammen mit Rechtsanwalt Patrick Hoch die Interessen von 350 Anlegern nicht nur gegenüber der Finma, sondern auch gegenüber dem einstigen Initiator des Fonds, Jürgen Amann. Sie wirft ihm vor, Fondsgelder in Höhe von einigen Millionen Schweizer Franken veruntreut zu haben. Die Schweizer Staatsanwaltschaft ermittelt seit einigen Jahren gegen ihn. Amann hat sich dem Vernehmen nach aber nach England abgesetzt.

Liquidierungen angeordnet. 2008 hat die Schweizer Finanzmarktaufsichtsbehörde (Finma, damals noch: EBK) Amann das Fondsgeschäft untersagt, nachdem er seine Schweizer Immobilienfonds gemäß neuem KAG umwandeln wollte, dafür aber anstatt einer Genehmigung weitere Auflagen bekam. Amann kam ihnen nicht nach, und die Finma ordnete die Liquidierung an. Für den Fonds 8 war ihm damals jedoch bereits die Verfügungsgewalt entzogen.

KAG nicht anwendbar? Um die Liquidierung abzuwenden, opponierte der Fonds dagegen, in den Geltungsbereich des KAG zu fallen. Er legte beim Schweizer Bundesverwaltungsgericht Beschwerde ein und bekam Recht. Allerdings ging die Finma in Revision, so dass der Fall nun vor dem Bundesgericht, der Schweiz höchstes Gericht, landete.

Tragweite. Der heutigen Entscheidung kommt eine über diesen speziellen Fall hinausgehende Bedeutung zu. Vergleichbar mit der gegenwärtig in Deutschland geführten Finanzinstrument-Diskussion geht es bei der Frage nach der Anwendbarkeit des KAG auf KG-Beteiligungsmodelle um die Frage, in welche gesetzliche Zuständigkeit sie fällt. Einerseits ist der Fonds ein eigenständig operativ tätiges Unternehmen und fällt damit nicht unter das KAG, andererseits handelt es sich um eine Kollektivanlage, für die das neue Gesetz erhöhte Anlegerschutzbedürftigkeit reklamiert. Insofern kann die heutige Entscheidung als ein politisches Urteil gewertet werden.

fondstelegramm-Meinung. Die Entwicklung dieses Fonds im Gegensatz zu den anderen Schweizer Dr.-Amann-Fonds ist ein interessantes Beispiel dafür, wie sehr ein geschlossener Fonds sein Schicksal selbst in die Hand nehmen und seine rechtliche und wirtschaftliche Eigenständigkeit behaupten kann. Ein wenig Eigeninitiative ist dafür natürlich erforderlich. Gabriele Kubatzki hat den Fonds allen Unbilden zum Trotz wieder aufs Gleis gesetzt. Er hat die vergangenen Jahre seinen Kapitaldienst leisten können, und die Anleger haben die Chance, ihr Kapital zurückzubekommen.

Geschlossene Fonds sind nicht nur in der Schweiz eigenständige und operativ tätige Unternehmungen.