Die Koalitionsparteien haben am 26. Oktober 2009 den Koalitionsvertrag unterzeichnet und damit die Leitlinien für die Politik in den nächsten vier Jahren formuliert. Anders als die Vereinbarungen aus den vergangenen Legislaturperioden enthält der Koalitionsvertrag teilweise klare und detaillierte Aussagen. Für die Fondsbranche relevant sind insbesondere die Vereinbarungen in den Bereichen Steuern, Bauen & Wohnen, Klimaschutz und Finanzmärkte. Diese werden nachfolgend dargestellt.

Steuerentlastung und Steuervereinfachung

Bemerkenswerterweise enthält der Koalitionsvertrag ausnahmslos steuerentlastende und steuervereinfachende Regelungen. Durch ein Sofortprogramm will die neue Regierung die Steuerzahler bereits zum 1. Januar 2010 in Höhe von 14 Milliarden Euro jährlich entlasten. Das Entlastungsvolumen soll durch weitere Maßnahmen im Laufe der Legislaturperiode auf 24 Milliarden Euro jährlich steigen. Davon profitieren auch die Fondsbranche und deren Anleger.

Die Anleger profitieren insbesondere von der geplanten Senkung des Einkommensteuertarifs. Dadurch wird die Steuerbelastung auf die Fondserträge reduziert. Der neue (Stufen-) Tarif soll möglichst zum 1. Januar 2011 in Kraft treten und vorrangig die unteren und mittleren Einkommensbezieher entlasten.

Auch die Erbschaft- und Schenkungsteuerbelastung soll reduziert werden. Zum 1. Januar 2010 soll zunächst die Steuerbelastung für Geschwister und Geschwisterkinder durch einen neuen Steuertarif von 15 bis 43 Prozent gesenkt werden (derzeit 30 bis 50 Prozent). Die Ausgestaltung weiterer Steuerentlastungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist noch unklar.

Aber nicht nur der Steuertarif, sondern auch die steuerliche Bemessungsgrundlage soll gesenkt werden. Geplant sind unter anderem Erleichterungen bei der Zinsschranke. Von der Zinsschranke betroffen sind inländische geschlossene Fonds, die gewerblich tätig sind (zum Beispiel Erneuerbare-Energien-Fonds). Die Regierung will zum 1. Januar 2010 die Freigrenze von drei Millionen Euro dauerhaft und einen Vortrag des EBITDA rückwirkend ab dem Jahr 2007 für einen Zeitraum von jeweils fünf Jahren einführen. Die Freigrenze von drei Millionen Euro entspricht ungefähr einem Fremdfinanzierungsvolumen von 60 Millionen Euro und dürfte für die meisten gewerblichen Fonds zukünftig zu einem vollen steuerlichen Zinsabzug führen.

Für die Fondsinitiatoren positiv ist das Bekenntnis zu Vertrauensschutz und Planungssicherheit im Steuerrecht. Die neue Regierung will zukünftig:

- „rückwirkende gesetzgeberische Maßnahmen vermeiden, welche die Bürger belasten,“

- „dafür sorgen, dass sich BMF-Schreiben auf die Auslegung der Gesetze beschränken und die Praxis der Nichtanwendungserlasse zurückgeführt wird,“

- „dafür sorgen, dass der Gedanke der zeitnahen Betriebsprüfung verwirklicht wird.“

Um Planungssicherheit zu erhalten, lassen viele Fonds ihr steuerliches Konzept ganz oder teilweise durch eine verbindliche Auskunft absichern. Seit 19. Dezember 2006 sind verbindliche Auskünfte gebührenpflichtig und erhöhen damit die weichen Kosten in der Konzeptionsphase (mindestens 121 Euro und höchstens 91.456 Euro). Es ist deshalb erfreulich, dass die neue Regierung plant, die Gebührenpflicht für die verbindliche Auskunft auf wesentliche und aufwändige Fälle zu beschränken.

In einigen Bereichen bleiben Steuerfolgen für die Fondsbranche unklar

Die Koalitionsparteien planen zum 1. Januar 2010 bei der Grunderwerbsteuer die Umstrukturierung von Unternehmen durch eine Konzernklausel zu erleichtern. Wie diese Konzernklausel konkret ausgestaltet wird, ist noch offen. Da die meisten Immobilienfonds als eine einfache Kommanditgesellschaft strukturiert sind, werden diese mangels Konzerneigenschaft nicht davon profitieren können. Es gibt allerdings einige wenige Immobilienfonds, die kompliziertere Strukturen aufweisen und deshalb zukünftig durch eine Konzernklausel mehr Flexibilität bei Immobilienübertragungen erhalten könnten.

Unklar sind die Auswirkungen der nun – zum wiederholten Male – geplanten Neuordnung der Gemeindefinanzierung. Eine Kommission soll den Ersatz der Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer und einen kommunalen Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer prüfen. Davon betroffen wären alle gewerblichen Fonds.

Nahezu alle Fonds würde eine geänderte steuerliche Behandlung der Rechtsform einer Personengesellschaft treffen. Zwar wird eine solche Änderung nicht explizit im Koalitionsvertrag genannt. Die neue Regierung möchte aber mittelfristig erreichen, dass unternehmerische Entscheidungen „sich – unabhängig von Rechtsform, Organisation und Finanzierung – in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und nicht nach steuerlichen Aspekten richten.“ Da die derzeitige Besteuerung alles andere als rechtsformneutral ist, würde eine zukünftige rechtsformneutrale Besteuerung zwangsläufig zu einer geänderten Besteuerung von Personengesellschaften führen. Allerdings sind diese Pläne nicht neu und in der Vergangenheit bisher immer gescheitert.

Auslandsfonds können weiter auf Steuerfreistellung bauen

Fonds mit ausländischen Immobilien profitieren von der Freistellung der ausländischen Immobilieneinkünfte von der deutschen Besteuerung. Dies gilt sowohl für geschlossene Immobilienfonds als auch für offene Immobilienfonds, deren Auslandsanteil inzwischen bei mehr als 70 Prozent liegt.

Nach den zuletzt erfolgten Kündigungen der Doppelbesteuerungsabkommen mit Brasilien, Österreich und der Türkei wurden Befürchtungen laut, dass Deutschland von seiner bisherigen Abkommenspolitik, ausländische Einkünfte in Deutschland von der Besteuerung auszunehmen, abweicht. Diese Befürchtungen werden durch den Koalitionsvertrag ausgeräumt. Darin bekennt sich die neue Regierung dazu, „grundsätzlich an der Freistellung der ausländischen Einkünfte“ festzuhalten.

Gleichzeitig betont die Regierung, die „Bemühungen im Kampf gegen die internationale Steuerhinterziehung“ weiter voranzutreiben. Dies wird wohl vor allem durch einen verstärkten Informationsaustausch zwischen den Staaten und erhöhte Mitwirkungs- und Offenlegungspflichten der Steuerpflichtigen erreicht werden. Im Ergebnis bedeutet dies erhöhten Zeit- und Kostenaufwand für Auslandsfonds und deren Anleger.

Teil II: Denkmalabschreibungen, Planungssicherheit und Regulierung, siehe fondstelegramm vom 2. November 2009