Zustimmung überwiegt. Der Entwurf des Vermögensanlagengesetzes ist bei den Verbänden auf einiges Wohlwollen gestoßen. Die Stoßrichtung des Gesetzes wird im Prinzip gutgeheißen. Gleichwohl tragen sie natürlich Kritik und Änderungswünsche in einigen Details vor. Wir fassen die Positionen des VGF, des AfW und von Votum zusammen.

Zuständigkeit. Die klare Zuordnung des Finanzanlagenberaterwesens in die Hoheit der Gewerbeordnung, anstatt es der Bafin zu unterstellen, findet den Beifall der Verbände. Sie können es nicht zuletzt als ihren Erfolg verbuchen, haben sie sich doch in der Diskussion im Vorfeld eindeutig auf Brüderles Seite in dessen Auseinandersetzung mit Schäuble geschlagen.

Unabhängigkeit bewahrt. Der AfW macht stark, dass mit diesem Gesetz die Unabhängigkeit des Anlagevermittlers gewährleistet bliebe. Ihm drohe dann nicht mehr, unter ein Haftungsdach schlüpfen oder ein eigenes Finanzdienstleistungsinstitut gründen, zu letzterem wäre der weitaus größte Teil der Vermittler ohnehin finanziell gar nicht in der Lage gewesen.

Beschwerdestelle. Obliegt den Gewerbeämtern die Zulassung für Finanzanlagenvermittler und -berater, dann sind sie zugleich auch die zuständige Beschwerdestellen, wenn Kunden unzufrieden sind. Auch hier, so der AfW, profitiert der Kunde davon, dass er dann nicht mit einer Beschwerde über seinen Versicherungsvermittler an das Gewerbeamt, mit einer Beschwerde über seinen Finanzanlagenberater aber an die Bafin verwiesen würde.

VIB – Einschränkung auf das Wesentliche. Die Einführung des Vermögensanlagen-Informationsblatts (VIB) wird ebenfalls von allen drei Verbänden unterstützt, einheitlich verlangen sie auch, dass die Bafin-Prüfung der Prospekte auf das VIB ausgedehnt werden solle. Der AfW begründet es insbesondere damit, dass das VIB wahrscheinlich die wichtigste – weil am ehesten tatsächlich auch gelesene – Informationsquelle der Anleger werden wird. Genau dagegen wehrt sich der VGF und warnt vor der Gefahr, durch „ausufernde Informationspflichten“ in Kombination mit zu pauschalen Vorgaben ihrer Darstellung, die Möglichkeiten des VIBs zu überfordern und seine Funktion zu unterwandern. Die nur zum Teil verfügte Einschränkung auf die wesentlichen Informationen würde konterkariert, wenn etwa für die „Darstellung der Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen“ keine Einschränkung auf „wesentliche Informationen“ gegeben ist. Das könnte auch in haftungsrechtlicher Hinsicht ein großes Problem werden. Weil es ohne Reduktion gar nicht möglich sei, verschiedene Szenarien auf nur drei insgesamt zur Verfügung stehenden Seiten darzustellen, stünden Anbieter sofort in der Haftungsfalle.

VIB – Angabe der Höhe der Provision. Der Gesetzentwurf fordert, dass im VIB die Höhe der Provision, die der Berater oder Vermittler bei Abschluss vereinnahmt, ausgewiesen wird. Darüber hinaus – und hier meldet sich Votum mit einer Kritik zu Wort – soll jeder Vermittler und Berater seinen eigenen individuellen Provisionssatz im VIB angeben. Das hält Votum für doppelt gemoppelt. Denn der Produktanbieter, der ja auch das VIB erstellen wird, wird Votums Meinung nach ja ohnehin die maximal zu vereinnahmende Provision angeben. Votum hat zwar recht mit der folgenden Einschätzung: „Der Kunde erhält unabhängig von der Höhe der Vergütung des ihm gegenüber tätigen Vermittlers immer das gleiche Produkt.“ Gleichwohl kann der einzelne Vermittler oder Berater sehr wohl mehr bekommen, als der Anbieter – seiner Durchschnittskalkulation folgend – im VIB einzutragen verpflichtet ist. In dem Maße, in dem er einzelnen Vertrieben weniger gibt, hat er Spielraum, anderen mehr zu geben. Im Einzelfall könnte das schon eine ganz interessante Zusatzinformation sein. Teilweise wird es aber auch dem Vermittler de facto nicht möglich sein, hier einen verbindlichen Eintrag vorzunehmen, wenn ihm beispielsweise die Höhe der Superprovision, die seine Vertriebsplattform bekommt, gar nicht bekannt ist.

Desinformation durch Überinformation? Die Sorge darum, dass der Prospekt zu umfangreich ist, nicht mehr gelesen wird und folglich als Grundlage einer souverän durch den Anleger gefällten Entscheidung untauglich ist, ist so alt wie die Prospektverordnung selbst. Die Stellungnahme des VGF geht näher darauf ein, dass das bisherige Vermögensanlagen-Verkaufsprospektgesetz im neuen Vermögensanlagengesetz aufgehen wird. Er begrüßt, dass die Bafin Prospekte künftig nicht mehr nur auf Richtigkeit, Klarheit und Vollständigkeit prüfen muss, sondern auch die Kohärenz der in ihm gegebenen Informationen. Die Überprüfung der Kohärenz solle sich, so der VGF, am besten auch gleich auf das VIB beziehen. Darüber hinaus fordert der VGF die Verankerung einer IDW-Prüfung im Gesetz. Während die Anhebung der Hürden, einen Prospekt gestattet zu bekommen, durchaus das Placet des Anbieterverbands bekommt, sind ihm die vorgesehen Regularien für die Zeit während der Bewirtschaftung zu streng ausgefallen.

Überreguliert? Der VGF kritisiert die Rechnungslegungsvorschriften als zu streng und die Orientierung an den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften als unangemessen. Die Vorgabe, dass die Abschlüsse bereits nach sechs Monaten nach Ende des Geschäftsjahrs vorliegen sollen, sei unrealistisch kurz. Der Abschlussprüfer habe auch festzustellen, ob „die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags, des Treuhandverhältnisses und des Verkaufsprospekts beachtet worden sind“ (Paragraf 25, Abs. 2). Hier warnt der VGF, dass sich wahrscheinlich kein Abschlussprüfer finden würde, weil die Vorgaben zu vage sind und schließlich der Verkaufsprospekt keine vertragliche Grundlage des Verhältnisses zwischen Emittent und Anleger sei. Es stünde also zu befürchten, dass ein Fonds möglicherweise keinen Prüfvermerk bekommt, wenn er nicht prospektgemäß ausschüttet.

Wert der Anlage. Der Entwurf sieht vor, dass Anleger künftig jährlich eine Mitteilung über den Wert der Vermögensanlage bekommen. Der VGF gibt jedoch zu bedenken, dass keine Ermittlungsmethode benannt wird. Da keine extern generierten Kurse wie bei börsennotierten AGs vorliegen, müsste man auf den Buchwert oder Methoden der Unternehmensbewertung zurückgreifen. Das Eine würde unangemessen niedrige Werte ausgeben, das Andere würde eine Vergleichbarkeit der Werte verhindern, weil sich für Unternehmen unterschiedlicher Anlageklassen unterschiedliche Methoden etabliert haben. Helfen könnte da, meint der VGF, die Umsetzung der AIFM-Richtlinie erstmal abzuwarten, die schreibt nämlich auch die Bewertung der Assets vor. Dann könnte man die Vorgaben besser aufeinander abstimmen.

Alte-Hasen-Regelung. Vor allem die beiden Vertriebsverbände wehren sich vehement dagegen, dass es keine Alte-Hasen-Regelung geben soll. Während Votum vor allem mit Problemen in der pragmatischen Umsetzung argumentiert, sieht der AfW vor allem den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt. Votum sagt, dass bei der Einführung der Versicherungsvermittlerrichtlinie bereits ein Prüfungssystem etabliert war, das aber gleichwohl lediglich 15.000 Prüfungen pro Jahr abnehmen konnte. Für die jetzt auf eine Prüfung verpflichteten 80.000 Vertriebe, so Votum, reichten die Kapazitäten gar nicht aus. Votum sähe aber auch den Bankangestellten und den freien Vertrieb nicht mehr gleichbehandelt. Für den AfW rührt die fehlende Ausnahme für die alten Hasen ebenfalls an sein Gerechtigkeitsempfinden: „Uns ist kein unabhängiger Vermittler bekannt, der z.B. systematisch Lehman-Zertifikate vermittelt hätte, erst Recht nicht an auf Sicherheit bedachte Rentner. Bei Betrachtung der Bankenlandschaft ergibt sich zu diesem Komplex ein anderes Bild.“

Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung. Einigkeit besteht bei den Verbänden in der grundsätzlichen Notwendigkeit, eine Versicherungspflicht einzuführen. Im Detail kritisiert der AfW, dass die im Entwurf angesetzten Kosten mit 800 bis 1.200 Euro viel zu gering angesetzt sind. Um hier Zugangsbarrieren nicht unverhältnismäßig hoch werden zu lassen, plädiert er für eine Herabsetzung der Pflichtversicherungssumme auf 250.000 Euro pro Einzelfall.

fondstelegramm-Meinung. Auch wenn viele lieber die Bafin als die zuständige Instanz gesehen hätten: Bei der Gewerbeaufsicht scheint der Finanzanlagenberater und -vermittler jedenfalls nicht falsch aufgehoben. Für den entscheidenden Schritt, die unguten Gefilde des grauen Kapitalmarktes hinter sich zu lassen ist es ohnehin nicht so erheblich. Das Vermögensanlagengesetz ist ein wichtiger Schritt für die Entwicklung des geschlossenen Fonds. Verständlich, dass die Verbände an einen noch zu vollziehenden Sprachwandel in der Öffentlichkeit appellieren und anregen, dass man nach Verabschiedung dieses Gesetzes in Bezug auf den geschlossenen Fonds nicht mehr von Graumarktprodukten reden soll. Entsprechend regt Votum an, auch für die Kreditvermittlung und die Vermittlung von Anlageimmobilien schleunigst gesetzliche Regelungen zu finden, sonst würden die schwarzen Schafe, die die Voraussetzungen gemäß dem neuen Paragraf 34f nicht erfüllen, eben dorthin umziehen.

Die Verbände haben konstruktive Vorschläge in die Diskussion eingebracht.