Angebot. Die Terragon AG begibt eine Anleihe über insgesamt 20 Millionen Euro. Der Nennbetrag einer Schuldverschreibung liegt bei 1.000 Euro. Das öffentliche Angebot beginnt am 9. Mai 2019. Darüber hinaus wird die Anleihe auch privat platziert. Die Schuldverschreibungen sollen ab dem 24. Mai 2019 in den Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse einbezogen werden. Die Anleihe läuft bis zum 24. Mai 2024.

Zielmarkt. Eine Umfrage unter Über-50-Jährigen, wie sie im Alter von 70 Jahren an liebsten wohnen würden, ergab laut Statista, dass über 57 Prozent der Befragten ein Wohnen in der eigenen Wohnung mit ambulanter Hilfe vorziehen. 23 Prozent würden Betreutes Wohnen gut finden. Die Unterbringung in einem Altenheim konnten sich nur 15 Prozent vorstellen. Bei der Befragung waren Mehrfach-Antworten zulässig. Tatsächlich sind die eigenen vier Wände die derzeit am häufigsten vorkommende Wohnform. Nur 4 Prozent der Über-65-Jährigen leben in Heimen, 2 Prozent in Einrichtungen mit Betreutem Wohnen und 1 Prozent in Seniorenwohnungen, so Statista.

Historie. Unternehmensgründer der Terragon ist ihr heutiger Vorstand, der Volkswirtschaftler und Politikwissenschaftler Michael Held. Er war vor der Gründung der Held Wirtschaftsberatung als Berater für die Metro-Gruppe tätig. Seine 1984 gegründete Held Wirtschaftsberatung wirkte bei der Expansion der Metro-Gruppe in den neuen Bundesländern mit. Das zweite Vorstandsmitglied, Jörg Gunne, begann 1995 bei der Held Wirtschaftsberatung. Er übernimmt den Part der kaufmännischen Projektentwicklung und des Controllings. Seit 1999 widmete sich die Held Wirtschaftsberatung primär der Entwicklung und Errichtung von Seniorenimmobilien. 2012 kam es zur Umfirmierung in Terragon Investment GmbH, die seither Betriebe, Gebäude und Senioreneinrichtungen errichtete und derartige Beteiligungen hielt.
Terragon ist heute Projektentwickler und Bauträger für Seniorenimmobilien. Sie ist in den Bereichen Betreutes Wohnen, Pflegeheime und barrierefreie Wohnungen aktiv. Dabei bildet sie die gesamte Wertschöpfungskette ab: vom Ankauf der Grundstücke, der Projektsteuerung, über die Planung der Immobilien, das Baumanagement, das Marketing und Research, die Erstvermietung, bis hin zum Verkauf der fertigen Objekte.

Struktur und Projekte. Die Terragon AG ist die Holdinggesellschaft der Terragon-Gruppe und alleiniger Gesellschafter beziehungsweise mehrheitlicher Gesellschaften der vier operativen GmbHs der Gruppe: Terragon Wohnbau, Terragon Projekt, Terragon Vertrieb und Terragon Wohn- und Service. Die Terragon AG ist darüber hinaus Alleingesellschafter von sieben Projektgesellschaften und mittelbarer Mehrheitsgesellschafter einer weiteren Projektgesellschaft.
Von 2003 bis 2015 hat Terragon bei 16 Betreutes-Wohnen-Anlagen mit insgesamt 1.339 Wohnungen mitgewirkt, meistens als Projektmanager, bei sechs Objekten als Projektentwickler, in sieben Projekten auch im Vertrieb. Im gleichen Zeitraum war Terragon bei der Errichtung von sieben Pflegeeinrichtungen mit insgesamt 736 Pflegeplätzen dabei, meist als Projektentwickler und Projektmanager. 2016/2017 hat Terragon zwei Projekte mit insgesamt 172 barrierefreien Wohnungen entwickelt, gemanagt und verkauft.
Derzeit realisiert Terragon 12 Projekte mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 275 Millionen Euro und einem erwarteten Umsatz von rund 341 Millionen Euro. Nach Angaben des Anbieters ist diese Projektpipeline bereits durchfinanziert, auch ohne Anlegergelder. Die Projektentwicklungsstände reichen vom Grundstückskauf bis zur geplanten Fertigstellung im zweiten Quartal 2019. Darüber hinaus werden Ankaufsgespräche für zahlreiche weitere Projekte geführt.

Unternehmensbereiche. Der Fokus von Terragon liegt auf hochwertigem Betreuten Wohnen. Konkret sind damit gemeint: Immobilien mit 150 bis 200 Wohneinheiten mit jeweils 40 bis 80 Quadratmetern Wohnfläche, in Städten ab 80.000 Einwohner, mit guter bis sehr guter Wohnlage, gut entwickelter Infrastruktur für die Waren des täglichen Bedarfs und für die Ärzte- und Medikamentenversorgung und mit einer guten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Die Gebäude sollen über ein großzügiges Raumangebot verfügen, samt Wellnessbereich, Sauna und Restaurant. Die Wohnungen müssen gut ausgestattet sein, beispielsweise mit 6 Quadratmeter großen Bädern und 4 Quadratmeter messenden Balkonen. Es muss ein vielfältiger Service geboten werden. Ein hauseigener Notruf muss eingerichtet sein. Die Dienstleistungen sollen von 6 Vollbeschäftigten je 100 Einwohner erbracht werden.
Teilstationäre oder vollstationäre Pflegeheime werden von Terragon meistens als Ergänzung zu den Betreuten Wohnen-Projekten realisiert und veräußert.
Ein weiteres Betätigungsfeld sieht Terragon in der Errichtung barrierefreier Wohnungen in Wohnanlagen ab 100 Einheiten, in Großstädten mit sehr gut ausgebauter Infrastruktur. Ende 2017 begann Terragon, den Bereich Serviceleistungen für Betreutes Wohnen und Generalmieter für Wohnanlagen aufzubauen – operativ tätig ist sie darin bislang nicht. Zu den Dienstleistungen gehören: der Empfang, die Beratung bei Behördengängen, Unterhaltungsveranstaltungen, sportliche und gesundheitliche Aktivitäten, handwerkliche und hauswirtschaftliche Tätigkeiten und das Betreiben des in der Einrichtung befindlichen Restaurants. Die Leistungen sollen durch Terragon oder Dritte ausgeführt werden. Pflegedienste gehören nicht zu den angebotenen Dienstleistungen, hier muss jeder Bewohner den ambulanten Pflegeanbieter frei wählen können.

Finanzinformationen. Die Terragon AG erwirtschaftete im Jahr 2018 einen Jahresüberschuss von rund 2,3 Millionen Euro (im Vorjahr waren es rund 1,2 Millionen Euro). Ihr Grundkapital beträgt 4 Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote sank von 23,6 auf 19,9. Neben den beiden Vorstandsmitgliedern beschäftigt die Terragon AG sieben Mitarbeiter, die Terragon-Gruppe rund 50 Mitarbeiter.
Die Terragon-Gruppe wies für 2018, laut des noch ungeprüften Jahresabschlusses, einen Jahresüberschuss von rund 0,8 Millionen Euro aus (im Vorjahr 2,6 Millionen Euro). Die Umsatzerlöse gingen von 20,3 Millionen Euro in 2017 auf 8,5 Millionen Euro in 2018 zurück, im Jahresabschluss gibt es dazu keine Erläuterung. Das Eigenkapital liegt bei rund 4 Millionen Euro.
87 Prozent der Terragon-Aktien besitzt die Held Beteiligungen GmbH, 5 Prozent gehören Michael Held direkt. Held und Gunne sind Geschäftsführer der Held Beteiligungen GmbH.

Joint Venture Sax Fonds. Terragon ist Ende 2018 mit der 2007 gegründeten Sax & Co. Real Estate GmbH das „Joint Venture SAX Fonds“ eingegangen. Die Sax-Gruppe wurde 1994 gegründet und versteht sich als Co-Investor für Immobilieninvestitionen. Sie wirbt mit der schnellen Bereitstellung von Kapital für Grundstückskäufe und Projektrealisierungen. Die Sax Concept GmbH beendete das Geschäftsjahr 2017 mit einem Jahresüberschuss in Höhe von 1,3 Millionen Euro, bei einer Bilanzsumme von rund 22,7 Millionen Euro. Ihre Eigenkapitalquote lag bei 12,9 Prozent. Seit 2006 hat die Sax-Gruppe an 13 Projekten mitgewirkt, in welcher Funktion, ist nicht bekannt. Fünf davon waren Microapartment-Wohnanlagen. Bei 5 weiteren wurden Wohnungen gebaut oder saniert, 2 waren Logistikparks und bei einer handelte es sich um eine Grundstücksentwicklung.
Terragon will sich im Joint Venture um die Projektentwicklung, den Bau und den Service-Anbieter kümmern, Sax um die kaufmännische Betreuung und die Finanzierung. Terragon verpflichtet sich, alle, für Betreutes Wohnen geeignete Projekte dem Joint Venture-Partner vorzuschlagen. Erst wenn sich dieser dagegen ausspricht, kann Terragon das Projekt mit Dritten realisieren. Sax ist mit 49 Prozent und Terragon mit 51 Prozent an zwei Gesellschaften beteiligt, die letztendlich in gemeinsame Projektgesellschaften investieren. Derzeit existiert eine Projektgesellschaft, die 70 Millionen Euro in eine Einrichtung mit Wohnungen, Pflegeheim und Tagespflege in Duisburg investieren will. Die Bayern LB gewährt dafür ein Darlehen über 5,5 Millionen Euro und hat ein Termsheet über weitere 53,35 Millionen Euro abgegeben, die Sax Holding hat ein Nachrangdarlehen über 3 Millionen Euro gewährt. Über das Joint Venture sollen in den kommenden drei bis fünf Jahren hochpreisige Betreute Wohnen-Immobilien mit einem Investitionsvolumen von 500 bis 600 Millionen Euro entwickelt werden. Die Einrichtungen sollen sich in guten bis sehr guten Wohnlagen mittelgroßer und großer Städte befinden, jeweils 150 bis 200 Wohneinheiten umfassen und sowohl teilstationäre als auch ambulante Betreuungsleistungen anbieten. Die fertigen, vermieteten Objekte sollen über einen noch zu gründenden Fonds zu 70 Prozent an institutionelle Investoren und an Family Offices verkauft werden. Die Joint Venture-Partner wollen insgesamt 30 Prozent an den jeweiligen Projekten behalten.
Terragon und Sax sind außerdem jeweils zur Hälfte an der Projektgesellschaft Rivera Berlin beteiligt. Die Sax-Gruppe ist auch einer der drei Mezzanine-Kapitalgeber der Terragon. Die Sax RE GmbH hat der Terragon AG einen Rahmen-Betriebsmittelkredit von bis zu 6 Millionen Euro eingeräumt, von denen bislang 1,5 Millionen Euro in Anspruch genommen wurden.

Anleihe. Die Schuldverschreibungen sind nicht besichert. Sie sind gleichrangig mit anderen Anleihen und nachrangig beispielsweise gegenüber Bankdarlehen.
Die Anleihe soll mit 6,5 Prozent jährlich verzinst werden. Der Emittent darf maximal 25 Prozent des Konzernjahresüberschusses an seine Aktionäre ausschütten, der Rest soll das Eigenkapital erhöhen. Sollte das Konzern-Eigenkapital Ende 2019 nicht über 8 Millionen Euro, Ende 2020 nicht mehr als 12 Millionen Euro, Ende 2021 nicht mehr als 18 Millionen Euro und ab Ende 2022 nicht mehr als 30 Millionen Euro betragen, erhöht sich der Zinssatz der Anleihe um 0,5 Prozent. Der angepasste Zinssatz würde für die Zinsperiode nach der Veröffentlichung des Konzernabschlusses gelten. Die Erhöhung erfolgt nicht kumulativ und eine etwaige Herabsetzung des Zinses von 7,0 auf 6,5 Prozent, ist nicht möglich, so der Anbieter. Die Zinsen und die Rückzahlung der Anleihe sollen aus den Erträgen stammen, die im Rahmen der bestehenden Projektpipeline erwirtschaftet werden.
Die Anleihe endet am 24. Mai 2024. Der Emittent kann sie jedoch nach Ablauf von drei Jahren ganz oder teilweise vorzeitig kündigen, ohne dass Vorfälligkeitsentschädigungen zu zahlen wären. Im vorzeitigen Kündigungsfall werden 102 Prozent, nach dem 24. Mai 2023 101 Prozent des Nennbetrags zurückgezahlt. Kündigt der Emittent aufgrund eines Börsengangs, sind 102 Prozent des Nennbetrags zurückzuerstatten. Terragon darf auch bei Änderungen des Steuerrechts kündigen, wenn diese zu zusätzlichen Beiträgen führen würden.

Verwendung des Anleihebetrags. 53 Prozent des Emissionsvolumens sollen in den Erwerb von Grundstücken und in Projektentwicklungen fließen. 24 Prozent dienen der allgemeinen Unternehmensfinanzierung, 19 Prozent der Optimierung der bestehenden Finanzierungsstruktur. 4 Prozent entfallen auf die mit der Anleihe-Emission verbundenen Nebenkosten.

fondstelegramm-Meinung. Positives Licht auf die Vermögensanlage wirft der Umstand, dass Terragon bereits seit vielen Jahren im Bereich Seniorenimmobilien als Projektmanager und Projektentwickler, teilweise auch im Vertrieb tätig ist. Auch ihr Konzept, Teil- und vollstationäre Pflege primär im örtlichen Zusammenhang mit Betreuten Wohnen-Einrichtungen zu entwickeln, auf das sie ihr Hauptaugenmerk lenkt, ist schlüssig. Die kommenden Jahre werden für das Unternehmen geprägt sein vom Joint Venture mit der Sax & Co. Real Estate GmbH, denn alle Projekte müssen über den Joint-Venture-Tisch. Sax ist für das Kaufmännische und die Finanzierung zuständig, was nachvollziehbar ist, denn Seniorenimmobilien tauchen zumindest nicht auf Sax´ Homepage auf. Doch die Anlegergelder sollen nur etwa zur Hälfte für neue Projekte verwendet werden. Fast ein Viertel, das sind fast 5 Millionen Euro, landet im Unternehmen allgemein und kann für alles Mögliche verwendet werden. Mit knapp 20 Prozent sollen bestehende Finanzierungen optimiert werden, denkbar ist hier die Ablösung von teurem Mezzanin-Kapital. Dass Sax der Terragon einen Betriebsmittelkreditrahmen über 6 Millionen Euro einräumt, zeigt, dass Terragon unbedingt Geld braucht, unabhängig von ihren Projekten, denn die können auf Objektebene finanziert werden. Die Projektpipeline ist gut gefüllt, aus ihrer Umsetzung sollen letztendlich die Erträge erwirtschaftet werden, die für die Zins- und Tilgungsleistungen an die Anleger notwendig sind.

Terragon ist in einem zukunftsträchtigen Markt tätig und braucht offensichtlich dringend Geld. Mit der Anleihe will sie nur zur Hälfte neue Projekte mitfinanzieren, der Rest fließt ins Unternehmen und in die Verbesserung ihrer Finanzierungsstruktur.