Angebot. Die Plattform Mezzany ist mit ihrem zweiten Projekt online gegangen, ein Angebot zur Mitfinanzierung eines Wohnungsneubaus in Leipzig. In Teilsummen ab 250 Euro wird ein qualifiziertes Nachrangdarlehen in Höhe von insgesamt maximal 500.000 Euro angeboten. Es hat eine sehr kurze Laufzeit bis zum 31. Dezember 2018 und soll mit 5,5 Prozent pro Jahr verzinst werden, Frühzeichner bekommen ein weiteres Prozent in Aussicht gestellt. Angesichts der schnellen Platzierung werden alle Investoren in Genuss des Bonus kommen, also mit einer Verzinsung von 6,5 Prozent pro Jahr rechnen. Der Darlehensnehmer, eine Projektgesellschaft von Arbireo Capital, kann jederzeit kündigen, wobei der Zinsanspruch über die geplante Laufzeit erhalten bleibt. Der Anleger kann nicht vorzeitig kündigen.

Crowdinvesting-Plattform. Mezzany ist eine Marke der Firma Seedmatch, die wie die Plattform Econeers zur von Jens-Uwe Sauer gehaltenen OneCrowd GmbH gehört. Mezzany war eine der ersten Immobilien-Crowdinvesting-Plattformen in Deutschland und hat 2015 für den Umbau einer ehemaligen Glockengießerei in Berlin-Neukölln Crowdkapital in Höhe von 2,455 Millionen Euro eingesammelt und bereits nach wenigen Wochen Laufzeit wieder vollständig verzinst zurückgezahlt.

Projektentwickler. Der Frankfurter Investmentmanager Arbireo Capital wird das Projekt Ludwig-Erhard-Straße entwickeln. Allein in den vergangenen zwei Jahren setzte Arbireo ein Projektvolumen von 500 Millionen Euro um. Einzelne Projekte oder spezifische Wohnbau-Projektentwicklungserfahrung weist das Unternehmen nicht aus. Allerdings steht ihm mit Kooperationspartner Dr. Lübke & Kelber ein äußerst erfahrenes Immobilienunternehmen zur Seite. Jürgen Kelber ist Aufsichtsratsvorsitzender der Arbireo Capital AG.

Darlehensnehmer. Die Projektgesellschaft AC Wohnprojekt GmbH & Co. Ludwig-Erhard-Straße KG ist Emittentin der Vermögensanlage und Darlehensnehmerin. Sie wurde allein für die Umsetzung dieses Projektes gegründet. Es ist im Bauträgergeschäft üblich, Projektentwicklungsgesellschaften auszugründen, was für die Darlehensgeber in der Regel den Nachteil hat, dass der Projektentwickler nicht selbst für die Verpflichtungen aus dem Darlehen einstehen muss. Es hat aber den Vorteil, dass die Mittel sehr wahrscheinlich nicht anders verwendet werden. Die Höhe des Eigenkapitals, mit dem die Projektgesellschaft ausgestattet wurde, und ob es echtes Eigenkapital oder zum Beispiel ein Gesellschafterdarlehen ist, ist den Unterlagen nicht zu entnehmen, lediglich, dass es einen Anteil von 25 Prozent am, nicht weiter bestimmten, gesamten Finanzierungsvolumen ausmacht.

Projekt. In Leipzig soll ab kommendem Jahr, Baubeginn ist für das 4. Quartal 2018 vorgesehen, ein Neubau mit 6 oberirdischen Geschossen und 76 Wohnungen mit insgesamt zwischen 3.800 und 4.000 Quadratmeter Wohnfläche entstehen. Für jede Wohneinheit ist auch ein Pkw-Stellplatz vorgesehen. Der Vertrieb der Wohnungen soll im 3. Quartal 2018 beginnen. Es bleibt unklar, wer den Verkauf der Einheiten übernimmt und auf welche bisherigen Verkaufserfolge er verweisen könnte. Da der Bau selbst dann auch noch nicht begonnen haben wird und Käufer üblicherweise in Raten gemäß Baufortschritt zahlen, hätten an der Stelle mehr Informationen der Anschaulichkeit durchaus gedient. Die Projektgesellschaft hat das Baugrundstück erworben und es liegt immerhin bereits ein Bauvorbescheid vor.

Standort. Leipzig ist mit knapp 600.000 Einwohnern die größte Stadt in Sachsen und erfreut sich seit Jahren eines starken Zuwachses. Mit Bezug auf die Immobilien Zeitung verweist der Anbieter auf einen Bedarf von 33.300 neuen Wohnungen bis 2030, in seinem jüngsten Wohnungsmarktreport zu Leipzig macht JLL sogar einen Bedarf von 60.000 neuen Wohnungen aus. Als durchschnittliche Kaufpreise für neu gebautes Wohneigentum in Leipzig-Mitte gibt JLL einen Quadratmeterpreis von 3.550 Euro an. Allerdings schwanken die Kaufpreise von Stadtteil zu Stadtteil sehr. Die Ludwig-Erhard-Straße bildet die Grenze zum Stadtteil Neuschönefeld, die Kaufpreise dort sind laut JLL schon nur noch halb so hoch. Die Makrolage, drei Gehminuten vom Marienplatz entfernt, ist jedoch ein aufstrebendes und zunehmend beliebtes Wohnviertel, so dass sich hier durchaus noch was tun wird.

Finanzierung. Die Finanzierung des Projekts bleibt für den Investor weitgehend eine Blackbox. Weder wird das Gesamtvolumen noch die Höhe der Fremdfinanzierung oder der bisherigen Eigenkapitalausstattung genannt. Erst wenn man die geplante Gesamtflächengestellung mit dem geplanten Verkaufspreis je Quadratmeter multipliziert, ergibt sich ein etwaiges Abverkaufsvolumen von knapp 13 Millionen Euro, zählt man die geplanten Stellplätze dazu kommt man auf ein ungefähres Volumen von 14 Millionen Euro. Das Projekt ist nach Angaben des Anbieters durchfinanziert, die Crowdmittel sollen lediglich dazu dienen, das von Arbireo eingesetzte Eigenkapital – ob in Teilen oder in Gänze bleibt unklar – abzulösen.

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Der Anbieter plant mit einem durchschnittlich erzielbaren Verkaufspreis von 3.400 Euro je Quadratmeter und 17.000 Euro je Pkw-Stellplatz. Wegen der fehlenden Angaben zur Struktur der Projektfinanzierung kann der Anleger jedoch nicht ermessen, ob es beispielsweise zwischen dem Kapitaldienst und der Erlösprognose einen Sicherheitspuffer gibt oder wie groß er ist. Die 3.400 Euro je Quadratmeter als Erlösprognose sind von Leipzig-Zentrum aus betrachtet konservativ, von Leipzig-Neuschönefeld aus betrachtet eher ambitioniert. Auch in dieser Hinsicht hätte der Projektdarstellung mehr informativer Tiefgang gut getan.

Risiken. Die wesentlichen Risiken bei Projektentwicklungen dieser Art sind neben Planungsfehlern ungeplante Kostensteigerungen, Bauzeitverzögerungen, Mindereinnahmen durch Abweichungen vom kalkulierten Verkaufspreis und Liquiditätsengpässe, die sich etwa durch einen zu schleppend verlaufenden Abverkauf der Wohnungen ergeben können. Es handelt sich hier um ein qualifiziertes Nachrangdarlehen, das heißt, dass Tilgungs- und Verzinsungsansprüche dann nicht geltend gemacht werden können, wenn das einen Grund für ein Insolvenzverfahren darstellen würde. Kommt es dennoch zu einer Insolvenz des Darlehensnehmers, müssen zuerst die Forderungen nicht nachrangiger Gläubiger bedient werden, hier also in erster Linie Baugewerke und die Bankenfinanzierung. Ein weiteres Risiko besteht schließlich darin, dass zwar ein Bauvorbescheid aber noch keine Baugenehmigung vorliegt.

Risikobegrenzungsmaßnahmen. Der Anbieter wirbt damit, dass eine selbstschuldnerische Bürgschaft der Muttergesellschaft der Darlehensnehmerin, der Arbireo Capital AG, vorliegt. Die meisten Crowdinvesting-Plattformen haben inzwischen davon Abstand genommen, mit Bürgschaften zu arbeiten. Denn entweder sind sie werthaltig und belastbar, dann stehen sie im Widerspruch zum geforderten qualifizierten Nachrang und laufen Gefahr, das Verhältnis zum Anleger als erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft zu qualifizieren. Oder sie taugen nichts. Dann sind sie rechtlich unbedenklich aber wirkungslos. Mezzany argumentiert auf Nachfrage, dass die Bestellung von Sicherheiten durch Dritte unproblematisch sei, weil dadurch das Eigenkapital beziehungsweise das seine Funktion ersetzende Nachrangdarlehen nicht tangiert werde. Mit Verweis auf frühere Erörterungen zum Thema sieht fondstelegramm das kritisch.

Kosten. Für den Abschluss des Darlehensvertrags entstehen dem Anleger keine Kosten. Die Projektgesellschaft zahlt an Seedmatch, der hinter Mezzany stehenden Gesellschaft, eine einmalige pauschale Provision in Höhe von sechs Prozent. Insgesamt zahlt die Darlehensnehmerin für diesen Finanzierungsbaustein also rund 12,5 Prozent.

fondstelegramm-Meinung. Leipzig boomt, keine Frage. Der Wohnungsbedarf ist so groß, dass wahrscheinlich auch der Standort, der einstweilen auf der Grenze zwischen einem teuren und einem noch nicht so teueren Stadtviertel liegt, noch während des kommenden Jahres an Begehrtheit zunimmt. Mit Dr. Lübke & Kelber als Kooperationspartner der Arbireo Capital AG ist man geneigt, zu fragen: "Was soll da schon schief gehen?" Folglich zielt die Kritik an diesem Angebot in erster Linie darauf, dass das Informationsmaterial so dürftig ist, dass dem Anleger keine Möglichkeit gegeben wird, eigene Wirtschaftlichkeitsüberlegungen anzustellen und eine Risikobeurteilung vorzunehmen. Weil die Finanzierung schon steht und mit Crowdmitteln das Eigenkapital der Initiatoren abgelöst werden soll, darf man vermuten, dass sie es anderweitig lukrativer oder weniger riskant verwenden können.

Auch das Vertrauen in sehr gute Partner bleibt hier leider ziemlich blind.