Angebot. Exporo bietet Crowdinvestoren an, sich an der Refinanzierung eines Gewerbeimmobilien-Komplexes in Karlsruhe zu beteiligen, indem sie dem Projekt ein Darlehen gewähren. Bei den Immobilien handelt es sich um ein Technik- und ein Verwaltungsgebäude. Die Finanzierung des Gesamtinvestitionsvolumens von rund 53 Millionen Euro soll mit 2,5 Millionen Euro aus der Crowd ergänzt werden. Das dafür begebene Nachrangdarlehen, das man ab 500 Euro zeichnen kann, hat eine Laufzeit von knapp drei Jahren und soll mit 5,5 Prozent pro Jahr verzinst werden. Crowdinvestoren haben keine Möglichkeit, ordentlich zu kündigen, der Darlehensnehmer hat eine vorzeitige Option zum 30. November 2018.

Crowdinvesting-Plattform. Exporo hat seit Dezember 2014 inzwischen 32 Projektfinanzierungen abgeschlossen und gut 35 Millionen Euro Mezzaninekapital vermittelt. Bei 7 Projekten ist die Laufzeit bereits beendet, und rund 8,7 Millionen Euro Darlehen sind mit fünf oder sechs Prozent pro Jahr verzinst zurückbezahlt worden. Mit der GIEAG Immobilien AG ist es das erste Projekt für Exporo.

Projektentwickler und Darlehensnehmer. Darlehensnehmer und Projektentwickler ist die börsennotierte GIEAG Immobilien AG. 1999 gegründet hat das Münchner Unternehmen seinen Schwerpunkt auf gewerblich genutzten Immobilien im süddeutschen Raum, baut aber zunehmend auch Wohnimmobilienbestand auf. Nach eigenen Angaben entwickelte die GIEAG bisher Gewerbeimmobilien mit einer Gesamtfläche von 200.000 Quadratmeter und einem Volumen von rund 250 Millionen Euro. Der jüngste Geschäftsbericht weist eine Bilanzsumme von 73 Millionen Euro und einen Gewinn von 7,7 Millionen Euro aus. Vorstand Christoph Klotz hat im Dezember vergangenen Jahres nach zehn Jahren im Vorstand seinen Posten niedergelegt. Er verantwortete bei der GIEAG den Bereich gewerbliche Projektentwicklung. Seine Aufgaben übernimmt Thomas Männel, der im Herbst vergangenen Jahres in den Vorstand der GIEAG kam, um den Bereich Projektentwicklung zu stärken. Die Immobilien wurden Ende vergangenen Jahres über die Projektgesellschaft GIEAG Projekt 230 GmbH erworben. Für die Bedienung des Darlehens ist jedoch nicht die Projektgesellschaft, sondern die Konzernmutter verantwortlich. Das hat den Vorteil, dass sie mit ihrem Gesamtvermögen für die Verpflichtungen einstehen muss. Es hat jedoch den Nachteil, dass die Mittel möglicherweise auch anders als für dieses Projekt verwendet werden. Die GIEAG will 3,7 Millionen Euro eigenes Kapital in das Projekt stecken.

Projekt. Das Technikgebäude hat knapp 22.000 Quadratmeter Mietfläche, das Verwaltungsgebäude knapp 11.000. Hinzu kommt eine Freifläche mit Stellplätzen für rund 300 Pkw. Mieter des Gesamtkomplexes ist die GMG Generalmietgesellschaft mbH, ein Konzernunternehmen der Telekom. Die GIEAG erzielt jährliche Mieteinnahmen in Höhe von rund 3,2 Millionen Euro. Das Projekt sieht für die einzelnen Gebäude unterschiedliche Maßnahmen vor. Zunächst soll das Grundstück geteilt werden, so dass die einzelnen Immobilien gesondert verkauft werden können. Beide Gebäude sollen punktuell modernisiert beziehungsweise aufgewertet und anschließend verkauft oder refinanziert werden. Der Parkplatz soll zunächst an eine weitere Projektgesellschaft der Darlehensnehmerin verkauft und im Hinblick, darauf Wohnungen zu errichten, weiterentwickelt werden.

Standort. Karlsruhe ist ein Technik- und Wissenschaftsstandort. Hier haben sich einige internationale Technikkonzerne, insbesondere der Informationstechnologie niedergelassen und allein im universitären Umfeld der technischen Hochschule sind rund 2.500 IT-Betriebe entstanden, das Karlsruher Institute of Technology liegt unweit vom Objekt. Für Karlsruher ist der Standort mit dem öffentlichen Nahverkehr gut zu erreichen, um von weiter weg anzureisen taugt die A5.

Finanzierung. GIEAG rechnet mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 53,1 Millionen Euro und einem Projekterlös von 54 Millionen. Die angenommene Gewinnmarge ist mit weniger als 2 Prozent auf Projektebene sehr schmal. Dafür ist das Eigenengagement mit 7 Prozent erfreulich groß und beträgt etwa das Eineinhalbfache der geplanten Crowdmittel. 46,9 Millionen Euro sind Fremdkapital. Ein besonderes Merkmal der Bankenfinanzierung in diesem Projekt ist, dass die jährliche Tilgungsraten in Höhe von 1,4 Millionen Euro nicht an die Bank sondern auf ein gesondertes, der GIEAG aber zur Verfügung stehendes, Konto fließen. Damit erhöht sich die Liquidität des Projekts.

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Auf Basis der kalkulierten Investitionskosten errechnet sich ein gegenwärtig gezahlter Mietpreis je Quadratmeter von unter 8,30 Euro beziehungsweise ein Kaufpreisfaktor von 16,6 Jahresmieten. Beides erscheint, zumal nach vorgenommenen Modernisierungsmaßnahmen, nachhaltig erzielbar. Die Strategie, die beiden Bestandsgebäude voneinander abzukoppeln und mit eigenen Grundbüchern zu versehen, erhöht die Flexibilität beim Wiederverkauf und die Handlungsmöglichkeiten bei allfälligen Verhandlungen mit Anschlussmietern. Der Vertrag mit der Telekom-Gesellschaft läuft Ende 2019 aus.

Risiken. Die wesentlichen Risiken bei Projektentwicklungen dieser Art sind neben Planungsfehlern ungeplante Kostensteigerungen etwa in Verbindung mit der Grundbuchteilung, Verzögerungen bei den Umbaumaßnahmen, Mindereinnahmen durch Abweichungen vom kalkulierten Verkaufspreis oder dass sich der Wiederverkauf oder die Weitervermietung zu lange hinziehen. Zudem handelt es sich hier um ein "qualifiziertes" Nachrangdarlehen, das heißt, dass Tilgungs- und Verzinsungsansprüche dann nicht geltend gemacht werden können, wenn ihre Geltendmachung einen Insolvenz- oder Überschuldungstatbestand schaffen würde. Kommt es dennoch zu einer Insolvenz des Darlehensnehmers, müssen zuerst die Forderungen nicht nachrangiger Gläubiger bedient werden, hier also in erster Linie das Fremdkapital.

Risikobegrenzungsmaßnahmen. Die Einschaltung eines externen Treuhänders und eines Zahlungsabwicklers schafft zusätzliche Beobachtungs- und Kontrollinstanzen. Ansonsten verzichtet Exporo diesmal auf Sicherungsmaßnahmen wie selbstschuldnerische Bürgschaften oder Grundbucheinträge, deren tatsächlicher Sicherungsmehrwert jedoch ohnehin kontrovers diskutiert wird.

Kosten. Für den Abschluss des Darlehensvertrags entstehen dem Anleger keine zusätzlichen Kosten. Die GIEAG zahlt während der Fundingphase bis zu 6,54 Prozent des eingeworbenen Darlehensbetrags, inklusive Kosten für den Treuhänder und den Zahlungsabwickler. 4.000 Euro sind für Rechtsberatung und die Erstellung der Emissionsunterlagen fällig. Danach fallen jährlich 1,5 Prozent Betreuungsgebühren an, die Exporo von der GIEAG erhält. So kostet die GIEAG das Darlehen inklusive der Zinsen für die Crowd anfänglich und einmalig rund 6,5 und dann jährlich 7 Prozent.

fondstelegramm-Meinung. In drei Jahren läuft der Mietvertrag für den Gesamtkomplex aus. Vor dem Hintergrund erscheint das Projekt sinnvoll, durch die grundbuchliche Aufteilung der Flächen eigenständige Einheiten zu schaffen. Man behält die Perspektive, dass die Telekom drin bleibt und schafft zugleich Flexibilität und eine Erhöhung der Attraktivität der Flächen. Die GIEAG hat hinreichend Erfahrung mit Entwicklungsprojekten auch dieser Größenordnung. Dass sie mit mehr als nur einem symbolischen Eigenkapitalanteil dabei ist, relativiert, dass der hohe Fremdkapitalanteil das Projekt und seine Kalkulation einem ziemlichen Erfolgsdruck aussetzt.

Der Erfolg dieses Projekts wird nicht unwesentlich für die Frage sein, ob über Crowdinvestings auch größere Projekte finanziert werden können.