Bereits zwei Mal hat die Europäische Zentralbank (EZB) heuer den seit 2016 auf dem Nullpunkt eingefrorenen Leitzinssatz erhöht: Im Juli um 50 Basispunkte und im September um 75 Basispunkte auf derzeit 1,25 Prozent. Das wirkt sich nach neuen Zahlen der Österreichischen Nationalbank (OeNB) bereits deutlich im Kundengeschäft der Banken aus.

Der durchschnittliche Zinssatz für neu vergebene Wohnbaukredite (variabel plus fix verzinste) erreichte per Ende August mit 2,08 Prozent den höchsten Wert seit Februar 2017. Das ist fast eine Verdoppelung zum Tiefststand aus dem März 2021, als Neukredite bei nur rund 1,12 Prozent vergeben wurden. Am stärksten verteuerten sich dabei die Fixbindungen – die Banken bauen offensichtlich einem weiteren Anstieg der Marktzinsen vor: Von nur 1,29 Prozent, die im September 2021 bei einem neu vergebenen Kredit zu zahlen waren, verdoppelte sich die Fixverzinsung nahezu auf 2,55 Prozent. Die variablen Neukredite verteuerten sich seit dem Tiefpunkt um rund 65 Prozent auf derzeit 1,44 Prozent.

Bereits abgeschlossene variable Kredite werden teuer
Bestehende Kreditnehmer, die trotz vermehrter Warnungen in der letzten Zeit keine Fixverzinsung gewählt haben, merken die Auswirkungen ebenfalls deutlich. Beim gesamten aushaftenden variabel verzinsten Kreditvolumen in Österreich ist das Zinsniveau seit Jänner 2022 von 1,04 auf zuletzt 1,43 Prozent gestiegen. Das heißt, die Schuldner zahlen heute allein aufgrund der Zinserhöhungen um 37,5 Prozent mehr als noch zu Jahresbeginn.  

 

Quelle: OeNB

Laut OeNB sind in Österreich 47 Prozent des Gesamtkreditbestands variabel verzinst. Das sei ein vergleichsweise hoher Anteil, so die OeNB-Experten in einer Aussendung. Wer sich variabel verschuldet hat, ist unmittelbar von den aktuellen Änderungen der Marktzinssätze betroffen. Aufgrund der damit verbundenen Gefahren hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) heuer bereits ab August die Kreditvergabestandards eingeschränkt.

Neukreditvergabe im August auf Fünfjahrestief gefallen
Allgemein zeigen die Zahlen, dass sich in Österreich immer weniger Menschen eine Immobilie leisten können. Schuld sind nicht nur die steigenden Zinsen und die eingeschränkte Vergabepraxis durch die FMA, sondern auch der weitere Anstieg der Immobilienpreise sowie die allgemeine Inflation, die das Leben teurer macht. Das alles führt zu einem starken Rückgang bei den Neukreditvergaben, die im August 2022 mit knapp 1,3 Milliarden Euro so nieder waren wie zuletzt Anfang 2017. Zum Teil dürfte der hohe Rückgang im August auch an Vorziehkäufen liegen, die es in Erwartung der KIM-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) bis Ende Juli gegeben haben könnte. (eml)