In den vergangenen Wochen war der österreichische Bankensektor starker Kritik ausgesetzt. Einer der Diskussionspunkte war dabei die Frage, weshalb so viele österreichische Haushalte einen Kredit mit variabler Verzinsung gewählt haben. Nun meldet sich Hannes Dolzer, Obmann des Fachverbands der Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), zu Wort und erklärt: "Steigende Zinsen setzen derzeit viele Kreditnehmer mit solchen Krediten unter Druck. Kunden selbständiger Kreditvermittler in ganz Österreich stehen aktuell gut da: Denn diese haben bereits in der Vergangenheit mehrheitlich auf die Vermittlung fixverzinster Immobilienkredite gesetzt. Unsere Kundinnen und Kunden wurden stets verantwortungsvoll beraten, wobei vom Gesamtvolumen der Kredite in Österreich 20 Prozent von selbständigen Finanzdienstleistern vermittelt wurden."

Dazu ergab eine erste Umfrage der WKÖ auch, dass mehr als zwei Drittel aller Immobilienkredite, die von selbständigen Finanzberater in den vergangenen zwei Jahren vermittelt wurden, fixverzinste Kredite oder variabel verzinste Kredite mit Zinsdeckel waren. Das auch zu einer Zeit vor rund eineinhalb Jahren, als Kredite aufgrund einer anderen Zinslandschaft verlockend waren und von den Kreditnehmern gerne abgeschlossen wurden. Zum Vergleich: In Österreich waren in diesem Zeitraum rund 50 Prozent der Kredite variabel verzinst. "Das hat sich nun bedingt durch den Ukraine-Krieg und die hohe Inflation komplett geändert – zum Nachteil derjenigen, die Kredite mit variablen Zinsen ohne Deckelung abgeschlossen haben", sagt Dolzer. Und weiter: "Damit haben wir als Finanzdienstleister durch unsere individuelle Beratung bereits bisher dafür gesorgt, dass die meisten unserer Kunden für die heutige Situation gut gerüstet sind."

 "Jetzt sind Lösungen im Interesse der Kreditnehmer gefragt"
Dolzer begrüßt die Vorschläge der Banken, befristet auf Verzugszinsen und Mahnspesen bei variablen Wohnkrediten zu verzichten, wenn Kreditnehmer in Verzug geraten. Dies verbessert die Lage der Kreditnehmer angesichts der aktuellen Zinslage. "In dieser Situation sind alle gefordert, nach Lösungen zu suchen – im Interesse der Kreditnehmer." Gleichzeitig rät Dolzer, die Vorfälligkeitsentschädigung unverändert beizubehalten.

Die Mitgliedsbetriebe des WKÖ-Fachverbandes Finanzdienstleister setzen unterdessen aktuell noch stärker auf Beratung, um gemeinsam mit den Kunden Lösungen zu finden, beispielsweise eine Umschuldung in einen fix verzinsten Kredit. Denn derzeit liegen die Zinsen dort rund ein Prozent niedriger als bei Krediten mit variablen Zinsen. "Wir schauen uns als Berater mit den Kunden ganz genau an, welches Kreditinstitut welche Fixzinslaufzeit anbietet. Denn diese müssen für den/die Kreditnehmer passen. Derzeit können Fixzinsen um bis zu 1,75 Prozent günstiger sein als variable Zinsen. Jetzt ist rasches Handeln im Sinne der Kunden gefragt, denn mit weiteren Zinserhöhungen ist noch in diesem Jahr zu rechnen", betont Dolzer. (gp)