Ein mögliches Verbot von Zuwendungen in der Anlageberatung muss keineswegs zwingend zu einem Margenverlust der Banken oder einer "Beratungslücke" führen. Davon sind Max Biesenbach und Sonia King von der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners überzeugt.

Die beiden Consultants äußern sich zum Thema, weil ein Provisionsverbot im Wertpapiergeschäft schon bald Realität werden könnte: Die zuständige EU-Kommissarin Mairead McGuinness, deren Ressort gerade die "Retail-Investment-Strategie" der Europäischen Kommission erarbeitet, ließ zuletzt ihre Sympathien für einen solchen Schritt erkennen.

Laufende Gebühr statt Stundensatz
"Vertreter der Politik und Finanzwirtschaft befürchten, dass ein Provisionsverbot von Fondsgesellschaften an Banken automatisch mit einer teuren Honorarberatung einhergeht und Wertpapierberatung damit für Kleinanleger unerschwinglich wird", schreiben Biesenbach und King in einer Kurzanalyse. "Es ist aber anzunehmen, dass das Verbot von Bestandsprovisionen nicht zu einer Unterversorgung von Kleinanlegern führt."

Richtig sei, dass Honorarberatung, für die ein Stundensatz anfalle, in der breiten Masse nicht funktioniere. Selbst bei wohlhabenderen Kunden treffe dieses Vergütungsmodell auf wenig Akzeptanz. "Ein Großteil der Banken in Europa, die eine erfolgreiche Transformation zu einem bestandsprovisionsfreien Geschäftsmodell gemeistert haben, monetarisiert Beratung aber über eine laufende (monatliche/quartalsweise/jährliche) Gebühr, die der Kunde direkt an die Bank bezahlt und deren Höhe als Prozentsatz vom angelegten Vermögen bemessen wird", so die Simon-Kucher-Experten. "Dadurch bezahlen Kleinanleger automatisch weniger als wohlhabende Kunden, es entstehen keine hohen Einmalkosten und der Preis wird somit in der breiten Masse deutlich besser akzeptiert."

Großbritannien als "Worst Practice"-Beispiel
Richtig sei auch, dass das Provisionsverbot in Großbritannien zu einem hohen Margenverlust und einer "massiven Beratungslücke" im Kleinanlegersegment geführt habe. "Das liegt aber vor allem daran, dass sich viele Banken in Großbritannien nicht proaktiv auf ein Provisionsverbot vorbereitet hatten und damit kein profitables Geschäftsmodell für Kleinanleger aufbauen konnten", betonen Biesenbach und King.

Es sei daher kein Wunder, dass das Vereinigte Königreich regelmäßig als "Worst Practice"-Beispiel für die Transformation hin zu einem bestandsprovisionsfreien Geschäftsmodell angeführt werde. Es gebe aber auch Positivbeispiele, etwa die Schweiz oder Liechtenstein, wo sich die Banken schon seit Jahren auf ein Provisionsverbot vorbereiteten. "Die Mehrheit der Schweizer und Liechtensteiner Banken hat es dadurch geschafft, völlig unabhängig von Bestandsprovisionen zu werden, während die Margen weitgehend stabil geblieben sind", berichten die Consultants.

"Geschäftsmodell sukzessive anpassen"
Auch in den Niederlanden, wo Bestandsprovisionen in der Anlageberatung bereits seit 2014 verboten seien, konnten Banken trotz anfänglicher Schwierigkeiten wegfallende Provisionen größtenteils mit direkten Gebühren kompensieren. "Zu guter Letzt gibt es auch in Deutschland und Österreich Banken, die seit Jahren ihr Geschäftsmodell sukzessive anpassen, um einen Wegfall der Provisionen zu antizipieren, auch weitgehend ohne Margen- oder Kundenverlust."

Biesenbach und King empfehlen Banken zu identifizieren, welche Kundensegmente welche Zahlungsbereitschaft für welche Art der Beratung haben, ein entsprechendes Angebot aufzubauen und den Kundenstamm Schritt für Schritt auf diese neuen Modelle zu überführen. "Eine einfache Aufgabe ist das nicht, aber der Blick in andere Märkte zeigt, dass es durchaus machbar ist", so die Consultants. (bm)