Gute Zeiten herrschen momentan für Finanzberater, denn der Beratungsbedarf in der Bevölkerung dürfte mit Blick auf aktuelle Zahlen zunehmen. "Die Bedeutung der Finanzvorsorge hat ein Alltime-High erreicht", fasste Manfred Bartalszky, Vorstand der Wiener Städtischen Versicherung, unlängst eine Studie zusammen, die der Frage nachging, wie die Corona-Pandemie das Anlageverhalten verändert hat. Das Ergebnis: 89 Prozent der Teilnehmer halten Vorsorge für sehr oder eher wichtig.

In keiner der Vorgängererhebungen war der Wert jemals so hoch. Im Vorjahr waren es angesichts des Pandemie-Ausbruchs sogar nur 80 Prozent, es herrschten andere Sorgen vor. Am höchsten ist die Zustimmung aktuell unter den Frauen. Sie sind zu 91 Prozent der Ansicht, dass die Finanzvorsorge eine hohe Bedeutung hat.

40 Prozent höherer Sparbetrag
Und auch real dürften viele Bürger ihre Maßnahmen verstärkt haben: Für ihre finanzielle Pensions- und Gesundheitsvorsorge geben die Befragten momentan 226 Euro pro Monat aus – im Jahr 2020 waren es nur 161 Euro. Das ist ein kräftiges Plus von gut 40 Prozent. Allerdings zeigt sich hier – wie in allen ähnlichen Untersuchungen – dass Frauen mit nur 173 Euro deutlich weniger zur Seite legen als Männer mit 277 Euro.

Gesundheit sowie die Bildung von Reserven für Krisenfälle sind derzeit die wichtigsten Vorsorgethemen (je 68 Prozent), Pensionsvorsorge ist 64 Prozent der Befragten wichtig, Pflege kommt mit 31 Prozent zum Schluss. Bartalszky bedauerte, dass die Pflegevorsorge in der Wahrnehmung noch immer den letzten Platz einnimmt, obwohl der Bedarf aufgrund der Bevölkerungsalterung ansteigt.

Produktvorlieben ändern sich langsam
Positiv ist indes das Signal bei den Produktvorlieben der Bevölkerung. Hier macht sich das langjährige Niedrigzinsumfeld bemerkbar. Die Anleger reagieren zumindest langsam darauf, dass der risikolose Zins, den man am Sparbuch erhält, quasi bei null liegt. So haben zum Beispiel Fondssparpläne mit plus sechs Prozentpunkten im Jahr 2021 einen deutlichen Zuwachs erzielt: 26 Prozent der Befragten geben an, diese Anlageform zu nutzen. Wertpapiere kommen ebenfalls auf ein deutliches Plus von sieben Prozentpunkten auf 24 Prozent.

Immobilien, die in Österreich in den vergangenen Jahren sehr hohe Preissteigerungen verzeichneten, spielen als Anlageform ebenso eine immer wichtigere Rolle: Mittlerweile sagen 21 Prozent (statt 13 Prozent im Vorjahr), dass sie Immobilien als Anlageobjekte für die Vorsorge nutzen. Das Sparbuch hat mit 53 Prozent zwar noch hohen Zuspruch, dieser ist aber im Vergleich zum Jahr 2020 (58 Prozent) aber klar rückläufig. Die ebenfalls traditionsreichen aber oft wenig rentierlichen Produkte Lebensversicherung und Bausparen halten sich mit aktuell 42 und 38 Prozent stabil.

Holzinger-Burgstaller: "Lassen Sie sich beraten"
"Es ist ein Irrglaube, dass man nur mit großen Beträgen vorsorgen kann", appellierte Gerda Holzinger-Burgstaller, die Vorstandsvorsitzende der Erste Bank, bei der Veranstaltung an Jüngere und Menschen mit kleinerem Budget. Häufig sei noch nicht bewusst, dass man bereits ab 50 Euro in aktiv gemanagte Fonds, ETFs und andere Produkte investieren kann. "Lassen Sie sich beraten, ich lege Ihnen das wirklich ans Herz", wandte sich Holzinger-Burgstaller an die Anleger.

Für den Fall eines fremdkapitalfinanzierten Immobilienkaufes mahnte die Expertin, einen Fixzinskredit zu wählen. "Acht von zehn Kunden bei uns entscheiden sich dafür, das ist auch ganz klar unsere Empfehlung, wenn es um langjährige Kredite geht", so die Erste-Bank-Chefin. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hatte unlängst moniert, dass die Österreicher noch zu häufig in variabel verzinsten Krediten stecken (etwa 40 Prozent des Volumens). Solche Finanzierungen sind etwas günstiger als die Fixzins-Variante. Gleichzeitig trägt man aber ein enormes Kostenrisiko für den Fall, dass es zu einer Zinswende kommt: Bei einem Anstieg der allgemeinen Marktzinsen könnte die Rückzahlung für viele Verbraucher mit variablen Krediten zum Problem werden.

Zur Studie
Die erhobenen Zahlen der Erhebung stammen aus einer Onlinebefragung durch das Institut IMAS im November 2021 unter 1.000 Personen im Alter zwischen 16 und 65 Jahren. Auftraggeberinnen waren Erste Bank, Wiener Städtische und S-Versicherung. Um die Details zu erfahren – klicken Sie sich durch unsere Grafikstrecke oben. (eml)