Wenn Menschen über viele Jahre einer kommunistischen, antikapitalistischen Ideologie ausgesetzt waren, kann das ihre Einstellung zu den Kapitalmärkten und ihre persönlichen Investitionsentscheidungen über Jahrzehnte beeinflussen. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, der US-Universität Berkeley und der Universität Mannheim. Dafür haben die Wissenschaftler 9.695 Westdeutsche und ehemalige Bürger der DDR dazu befragt, wie sie zu Kapitalismus, Kommunismus und zur Börsenbeteiligung stehen. Außerdem haben sie verschiedene Datensätze zu Kapitalmarktinvestitionen ausgewertet.

Wie die Untersuchung zeigt, sind Ostdeutsche noch immer zurückhaltender bei der Geldanlage an der Börse als Westdeutsche und halten zwischen 25,2 und 27,7 Prozent seltener Aktien. "Viele demografische Merkmale beeinflussen die Beteiligung am Aktienmarkt", erklärt Christine Laudenbach, Studienautorin und Leiterin der Forschungsabteilung Household Finance bei SAFE. Zehn Prozent ließen sich aber allein auf die unterschiedlichen Lebensumstände in Ost und West und damit auf die Prägung durch Kommunismus oder Kapitalismus zurückführen. 

Positive Erinnerung, weniger Investitionen
Allerdings gibt es der Studie zufolge auch innerhalb der Gruppe der Ostdeutschen Unterschiede. So sind ehemalige DDR-Bürger mit positiven Erinnerungen an ihre Zeit im kommunistischen Regime unterdurchschnittlich am Aktienmarkt beteiligt. Wer das Leben in der DDR eher negativ in Erinnerung hat, investiert dagegen heute mehr als die Ostdeutschen im Durchschnitt.

Die ablehnende Haltung hat ihren Preis: Der geringere Aktienbesitz führe im Schnitt zu einer geringeren Vermögensbildung, so die Wissenschaftler. Zudem seien die Aktienportfolios der ostdeutschen Studienteilnehmer weniger diversifiziert und erzielten niedrigere Renditen als die der Westdeutschen. Auch investieren Ostdeutsche der Untersuchung zufolge mehr in hochpreisige Bankprodukte. (am)