Deutsche Haushalte haben bereits seit 2021 mit stark steigenden Preisen zu kämpfen. Dennoch ist vielen Bundesbürgern noch immer nicht bewusst, wie sich die Inflation auf Schulden auswirkt, was zu ungünstigen Finanzentscheidungen führen kann. Zu diesem Ergebnis kommt das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE in einer aktuellen Studie.

In dem kürzlich erschienenen "SAFE Working Paper No. 400" haben die Forscher untersucht, inwieweit sich Haushalte der Vermögenseffekte von Inflation bewusst sind – und wie sie darauf reagieren. Dafür wurde eine breite umfragebasierte und randomisierte Kontrollstudie unter Kunden einer großen deutschen Bank erstellt.

Begrenztes Wissen
Das erste wichtige Resultat: Deutsche Haushalte sind zwar weitgehend darüber informiert, dass die Inflation den realen Wert nominaler Ersparnisse mindert. Das Wissen darüber, dass die Teuerung auch den realen Wert von Schulden mit fixierten, nominalen Bedingungen reduziert, ist aber begrenzt.  

Konkret schätzen 75 Prozent der teilnehmenden Bankkunden die Auswirkungen eines unerwarteten Inflationsanstiegs auf festverzinsliche Sparprodukte als sehr negativ oder negativ ein. Im Gegensatz dazu halten nur 34 Prozent der Befragten die Auswirkungen eines Inflationsanstiegs auf festverzinsliche Kredite für sehr positiv oder positiv. Das Bewusstsein für den sogenannten Schuldenerosionskanal korreliert der Untersuchung zufolge mit verschiedenen Merkmalen, etwa mit der Berufsausbildung, dem Vermögen, dem Aktienbesitz und dem allgemeinen Wissen über Inflation.

Was ändern bessere Infos?
Die SAFE-Studie hat auch untersucht, wie sich Informationen über den Erosionskanal der Inflation auf die Überzeugungen und ökonomischen Entscheidungen von Haushalten auswirken. In dem Experiment erhielt eine Gruppe der Probanden (Kontrollgruppe) nur Informationen über die aktuelle Inflationsrate. Die andere Gruppe (Behandlungsgruppe) bekam zusätzlich Informationen über den Wertverlust von Ersparnissen oder Schulden.

Es zeigte sich, dass Teilnehmer, die über die Erosion von Schulden informiert worden waren, diesen weniger negativ gegenüberstanden. Im Vergleich zur Kontrollgruppe erhöhten sie ihre Schätzungen des realen Nettovermögens um 2,5 bis 2,9 Prozentpunkte. Mit den Kenntnissen über die Schuldenerosion erhöhten sie auch geplante und tatsächliche Ausgaben und präferierten ein höheres Schulden-Preis-Verhältnis bei einer hypothetischen Immobilientransaktion.

Suboptimale Entscheidungen
"Die Ergebnisse der Studie deuten auf suboptimale Verschuldungsentscheidungen auf individueller Ebene hin, da ein Großteil der befragten Personen zunächst nicht über die Schuldenerosion durch die unerwartete Inflation informiert war", schreiben die SAFE-Forscher. Darüber hinaus seien wohlhabendere, besser gebildete Befragte eher mit diesem Thema vertraut. Dies lege eine gegenläufige Vermögensumverteilung von weniger zu besser informierten Haushalten nahe. "Generell unterstreichen die Ergebnisse dieser Studie die Bedeutung von Maßnahmen, die die finanzielle Allgemeinbildung fördern", so die SAFE-Experten. (am)