Eine Studie der Quirin Privatbank, die repräsentativ für Deutschland ist, offenbart soeben, dass das Thema Provisionen aus Sicht der Kunden verwirrend ist. 63 Prozent sagen, sie wollen ein Provisionsverbot. In so einem Fall würde jedoch nur ein Drittel ein Honorar zahlen wollen. 40 Prozent sagen hingegen, sie würden dann keine Beratung mehr in Anspruch nehmen. 86 Prozent geben an, nicht zu wissen, wie sich die Kosten für die Beratung bei der eigenen Bank zusammensetzen. Nur gut die Hälfte (56 Prozent) der Befragten ist sich im Klaren darüber, dass in Anlageprodukten Provisionen enthalten sind, die zu ihren eigenen Lasten gehen. Im Widerspruch dazu steht, dass 90 Prozent der befragten Bankkunden der Überzeugung sind, noch nie für Beratung bezahlt zu haben.

Es zeigt sich, die Provisionsthematik und die Frage, wo Kosten entstehen, sind für die Kunden schwer zu durchschauen – allen EU-Transparenzerfordernissen zum Trotz. EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness hat vor einigen Monaten deutlich ihre Zuneigung zu einem kompletten Provisionsverbot erkennen lassen. Nun blickt die Finanzdienstleistungsbranche gebannt auf Anfang Mai, wenn die Europäische Kommission die Vorschläge für ihre Retail-Investment-Strategie vorlegen will. Darin wird Aufschluss darüber erwartet, wie sich die EU künftig die Bezahlung des Vertriebs vorstellt.

"Eines Tages haben wir ein Verbot"
Auch auf dem unlängst abgehaltenen FONDS professionell KONGRESS in Wien war die Diskussion über das Provisionsverbot allgegenwärtig. Alle Beteiligten gehen jedoch davon aus, dass bis zu einer endgültigen Abschaffung noch sehr viel Zeit vergehen wird. "Kurzfristig nein, langfristig ja", fasste Hannes Dolzer, Fachgruppenobmann der Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer, seinen Eindruck aus den Gesprächen mit EU-Vertretern zusammen. "Wenn man mit Verantwortlichen aus Brüssel spricht, geht hervor, dass wir eines Tages eines haben werden", so Dolzer bei einem Vortrag am Kongress.

Wenn in naher Zukunft ein Schritt zu erwarten sei, dann eher in Fällen, wo explizit unabhängige Beratung angeboten wird. Dass es bereits jetzt zu einem Totalverbot kommt, sei nicht zuletzt auch deshalb schwer vorstellbar, weil bei einer geplanten Umsetzung der Retail-Strategie bis 2024 die Zeit sehr kurz ist.

"Eingriff in die Marktwirtschaft"
Dolzer betont, dass er einen Provisionsbann für einen "dramatischen Eingriff in die Marktwirtschaft" hält. Einen ähnlichen direkten Einschnitt habe es in der EU bisher nur zweimal gegeben, nämlich bei den Kosten für Auslandsüberweisungen und bei den Roaminggebühren.

Auch Stefan Ferstl und Wolfgang Lechner, beide Geschäftsführer der Wertpapierfirma Privatconsult, gingen bei einem Vortrag am Kongress nicht von einem unmittelbaren Totalverbot aus. Es sei anzunehmen, dass der Branche Zeit gegeben wird, sich vorzubereiten. Ferstl verwies außerdem auf den Trend hin zur Vermögensverwaltung auch für geringe Beträge, die sich gegenüber der Honorarberatung immer mehr durchsetzen würde. "In der Vermögensverwaltung haben wir das Provisionsverbot ohnehin schon. Die Umgewöhnung von Fondsvertrieb zur Vermögensverwaltung ist nicht so groß, wie man glauben könnte. Auch die Antragsstrecke ist ähnlich", so der Privatconsult-Chef.

In seinem Unternehmen würden entsprechende Packages ab 30.000 Euro angeboten. "Vermögensverwaltung ist aus unserer Sicht die elegantere Lösung, weil sie einfach zu administrieren ist", so Lechner. Im Jahr 2022 sei das Neugeschäft bereits zu 50 Prozent auf die Vermögensverwaltung entfallen. (eml)