Endanleger zahlen trotz des Verbots von Vertriebsvergütungen in Großbritannien kaum weniger für ihre Geldanlage. Zu diesem Ergebnis kommen zwei Studien, berichtet die Wirtschaftszeitung "Financial Times". Die Unternehmensberatung Grant Thornton ermittelte demzufolge bei einer Auswertung der Gebühren von Massenmarkt-Anbietern in der Finanzberatung durchschnittliche jährliche Kosten von 2,56 Prozent des verwalteten Vermögens. Im Dezember 2012, dem Monat vor Einführung des Provisionsverbots (Retail Distribution Review, RDR), zahlten die Briten 2,86 Prozent.

Die Reform der Finanzvertriebs in Großbritannien sollte Interessenkonflikte beim Vertrieb von Finanzprodukten ausräumen. Seither müssen Vermittler von Finanzprodukten ihren Kunden die Kosten für die Beratung direkt in Rechnung stellen. Zahlungen der Produktlieferanten sind weitgehend verboten. Dies soll den Anreiz ausräumen, Produkte nicht im Interesse des Kunden, sondern nach der gezahlten Provision auszuwählen. Anlegerschützer hatten zudem gehofft, dass generell die Kosten für die Geldanlage fallen.

Fallende Fondskosten – steigende Gebühren für Endanleger
Diese Hoffnung scheint sich jedoch nicht zu erfüllen. Die Plattform "True Potential" hat die Gebühren ausgewertet, welche die ihr angeschlossenen 4000 britischen Finanzberater den Endkunden in Rechnung stellen. Demnach zahlen die Retail-Kunden im ersten Jahr der Geschäfstbeziehung im Schnitt 3,1 Prozent Gebühren. Im Jahr 2012 waren es nur 2,99 Prozent. Die Kosten für ein Investment sind demzufolge sogar gestiegen.

Demgegenüber sind die Gebühren der Fondsanbieter in Großbritannien gesunken, wie jüngst eine Studie der Anlayse- und Ratinggesellschaft Morningstar ergeben hat. Demnach sind in Großbritannien seit 2013 die Fondsgebühren im Schnitt um 43 Basispunkte gefallen – soviel wie nirgendwo sonst in Europa. Mit dem Provisionsverbot haben die Asset Manager in Großbritannien gesonderte Anteilsklassen aufgelegt, die keine Vertriebsvergütungen ausschütten. Die Morningstar-Experten hatten die Kosten von Investmentfonds in 21 europäischen Staaten untersucht.

Langen Berater stärker zu?
Die gefallenen Fondsgebühren spiegeln sich also nicht in sinkenden Kosten für Endanleger wider. Daher spekulieren Branchenkenner der "Financial Times" zufolge, dass Finanzberater die abgeschaffte Provision nun durch höhere Rechnungen an Retailkunden ausgleichen – oder sogar noch Gebühren aufschlagen. Ein Grund dafür könnten die durch steigende Qualitätsanforderungen und schärfere Regulierung gewachsenen Kosten für die Berater sein.

"Die Gebühren für Endanleger sollte nicht gegen drei Prozent gehen", sagt der Verbraucherschützer Mick McAteer laut "Financial Times". Er saß bis Anfang 2016 mit in Ausschüssen der britischen Finanzaufsicht FCA. McAteer betont aber, dass das Provisionsverbot immerhin die Interessenkonflikte bei der Vermittlung von Finanzprodukten beseitigt habe. (ert)