Künstliche Intelligenz kann eine wahrscheinliche Kundenabwanderung vorhersagen – und Finanzberater damit bei ihrer Arbeit unterstützen. Davon ist Georgios Lekkas überzeugt, Chief Innovation Director bei Objectway, einem weltweit tätigen Unternehmen mit Sitz in Mailand, das Software für Banken und Vermögensverwalter entwickelt.

"Berater, die frühzeitig Warnhinweise erhalten, können ihre Aufmerksamkeit darauf richten und Kunden davon überzeugen, ihre Konten nicht zu schließen oder zum Mitbewerber zu gehen – ein entscheidender strategischer Vorteil in der Branche", sagt Lekkas. Um das Kundenverhalten zu prognostizieren, könnten Finanzinstitute verschiedene intern vorliegende Informationen nutzen, etwa die Anlageperformance, Daten rund um den Kontakt zum Berater sowie die wahrgenommene Servicequalität. Modelle des maschinellen Lernens hätten sich als äußerst effektiv erwiesen, wenn es darum gehe, große Datenmengen zu analysieren, Muster zu erkennen und Kundenabwanderung "mit beeindruckender Genauigkeit" vorherzusagen, so Lekkas. Sein Unternehmen hat in Zusammenarbeit mit der italienischen Universität Bari entsprechende Modelle entwickelt.

Shapley-Werte machen die Entscheidung nachvollziehbar
Die Nutzung von KI im Kontext der Kundenabwanderung berge aber auch Risiken, warnt der Objectway-Manager. Komplexe Black-Box-Systeme treffen womöglich unfaire Entscheidungen, die rechtliche Konsequenzen mit sich bringen können. "In diesem Zusammenhang spielt die Erklärbarkeit von KI-Modellen eine entscheidende Rolle", erläutert Lekkas. Die Modelle müssten transparent sein und nachvollziehbare Entscheidungswege ihrer Vorhersagen liefern. Dies sei von großer Bedeutung, insbesondere vor dem Hintergrund der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des "Rechts auf Offenlegung". Sprich: Der Berater muss dem Kunden im Fall der Fälle erläutern können, warum die KI zu ihrer Prognose kam.

Objectway setzt Lekkas zufolge daher auf das Konzept der "Shapley Additive Explanations" (SHAP), eine Methode, die Erklärungen für die Ergebnisse eines maschinellen Lernmodells bereitstellt. Die Berechnung von Shapley-Werten ermögliche es, den Beitrag jeder Funktion zur Vorhersage zu quantifizieren. "Unsere Modelle ermöglichen es den Kundenberatern, ihren Kunden genau zu veranschaulichen, warum das System glaubt, dass ein bestimmter Klient die Bank verlassen könnte", wirbt Lekkas. (bm)


Eine ausführliche Analyse zum KI-Einsatz in Banken finden Sie in Ausgabe 3/2023 von FONDS professionell ab Seite 264. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.