Der Fachverband der Versicherungsmakler in der Wirtschaftskammer (WKÖ) spricht sich gegen ein europaweites Provisionsverbot für Versicherungsanlageprodukte aus. In einem Positionspapier argumentiert der Fachverband, dass ein Aus des Systems, in dem die Vermittler von den Produktanbietern bezahlt werden, insbesondere Nachteile für die Versorgung "bildungsferner und geografisch isolierter Bevölkerungsgruppen" habe.

Untersuchungen würden belegen, dass Verbote oder starke Einschränkungen von Provisionen zu mehr "execution only sales" oder Verkäufen über Plattformen geführt haben. Umgekehrt gebe es jedoch keinen Anstieg der Honorarberatungen. Eine Studie aus Großbritannien, wo die Provisionsberatung bei Altersvorsorge und Kapitalanlageprodukten seit 2013 verboten ist, habe ergeben, dass nur acht Prozent der Briten eine professionelle Beratung erhalten.

Beratung als Entscheidungsgrundlage
Eine Befragung im Auftrag der Europäischen Kommission zeige, dass die Hälfte der Teilnehmer eine Investitionsentscheidung auf Grundlage von Finanzberatung treffe.​ Bei einem Wegfall sei zu befürchten, dass sich viele potenzielle Anleger aus ungeprüften Quellen, wie etwa sozialen Medien, informieren. 

Die seit Längerem im Raum stehende Angst vor einem Provisionsverbot hat sich offenbar im Rahmen eines Treffens der europäischen Versicherungsvermittler-Lobbyingvereinigung BIPAR in Brüssel konkretisiert. Didier Millerot, ein Mitarbeiter der Kommission im Bereich Versicherung und Pensionen, habe dort bestätigt, dass die Kommission eine Untersagung für denkbar hält. Befürchtet wird, dass ein Bann im Rahmen der Kleinanleger-Investment-Strategie (Retail Investment Strategy, kurz RIS) kommt, die nach aktuellem Plan Anfang Mai 2023 veröffentlicht werden soll.

Untersuchung in Großbritannien
Die Provisionsberatung ist aufgrund ihrer für Anleger oft schwer zu durchblickenden Auswirkung auf die Produktkosten und -performance seit Langem ein Dorn im Auge der EU-Regulatoren. Dem gegenüber stehen etliche Untersuchungen aus Ländern, in denen die Provisionsberatung eingeschränkt wurde. So zeigte etwa eine Studie (externer Link) wenige Jahre nach dem Provisions-Aus in Großbritannien, dass zwar die Beratungsqualität deutlich zunahm. Jedoch wurden Anleger mit geringerem Finanzrahmen von Beratern oft abgewiesen, weil sich eine Servicierung wirtschaftlich nicht rentierte. (eml)