Der Klimawandel bereitet den meisten Österreichern ernsthafte Sorgen. Eine Mehrheit sieht mittlerweile konkrete negative Auswirkungen auf das persönliche Leben. Das betrifft auch die Finanzen. Wie eine Untersuchung der Nationalbank (OeNB) ergibt, erwarten 55 Prozent der Befragten, dass sich ihre finanzielle Situation durch die menschengemachte Erderwärmung bereits in den kommenden fünf Jahren verschlechtert. Umgekehrt geht kaum jemand davon aus, dass es zu finanziellen Verbesserungen kommt.

Die Befragung, in der es um die Ansichten der Bevölkerung zu Green Finance ging, lieferte teilweise sehr eindeutige Ergebnisse. So fordern 70 Prozent, dass die Finanzwirtschaft Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen und den Übergang in eine CO2-arme Wirtschaft maßgeblich finanzieren soll.

Greenwashing-Verdacht
Ein weiteres deutliches Ergebnis zeigt dem Finanzsektor, dass im Kontakt mit Kunden noch am Vertrauen gearbeitet werden muss: 56 Prozent der Befragten sagen, dass Banken oder andere Finanzdienstleister Greenwashing betreiben, beziehungsweise "nur" versuchen, durch ein umweltfreundlicheres Image mehr Profite zu machen.

Versäumnisse bei der Aufsicht über Nachhaltigkeitsangebote könnten zu Reputationsrisiken und Widerstand von Stakeholdergruppen führen, warnen die Studienautoren. Letztendlich gefährdet das auch die Werthaltigkeit von Investitionen. Allerdings ist aufgrund der vergleichsweise geringen Marktgröße und der niedrigen Preisabschläge für grüne Finanzprodukte ("Greenium") momentan kein Finanzstabilitätsrisiko anzunehmen. Das Platzen einer grüner Spekulationsblase sei zwar nicht gänzlich auszuschließen, aber eine "braune" Blase durch fossile abzuschreibende Vermögenswerte ("Stranded Assets") sei noch immer ein größeres Risiko.

Hohes Bewusstsein
Nachhaltiges Wirtschaften hat für Kunden im Finanzbereich einen hohen Stellenwert. 59 Prozent bevorzugen Finanzunternehmen mit klaren umweltfreundlichen und ethischen Standpunkten. Ebenso viele wollen ihre Bank bis zur Jahrhundertmitte klimaneutral sehen. Eine Mehrheit von 54 Prozent will ihr Geld nicht in fossile Energie investiert sehen. Und ähnlich viele wollen wissen, ob ihr Geld zum Umweltschutz beiträgt.

Interessant ist auch der idealistische Zugang vieler Anleger: Ganze 29 Prozent der Befragten geben an, bereit zu sein, auf einen Teil ihrer Rendite zu verzichten, wenn ihr Geld in nachhaltige, ökologische oder humanitäre Projekte investiert wird; 38 Prozent sind dazu jedoch nicht bereit.

Tatsächliche Veranlagung niedriger
Die überwiegend positiven Präferenzen spiegeln jedoch nicht unbedingt die tatsächliche Nachfrage wider. Nur knapp ein Viertel der Befragten gibt an, sich bereits für grüne Finanzprodukte entschieden zu haben.

Dass es auf dem Markt eine hohe Diskrepanz zwischen Klima-Einstellung und Finanzveranlagung gibt, zeigt auch die Altersanalyse. Wer jünger ist, sieht zwar tendenziell einen stärkeren negativen Einfluss des Klimawandels auf die eigenen Finanzen. Oft machen sich aber gerade jüngere Personen weniger aus Green Finance. Hier ist wohl der konkrete Bezug zum Wirtschaftsleben und zu den Finanzen noch nicht so geschärft, wie die OeNB-Analysten vermuten. Dieses Bewusstsein steigt vermutlich mit vollem Eintritt ins Erwerbsleben und mit steigendem persönlichen Vermögen.

Generell bestätigt die Studie aber die bekannten sozioökonomischen Faktoren: Personen mit höherem Einkommens- und Bildungsniveau haben öfter eine positive Einstellung zu Green Finance.

Die Studie
Bei der Untersuchung handelt es sich um eine soeben veröffentlichte Auswertung im Rahmen einer OeNB-Barometer-Umfrage durch IFES, die bereits vom 23. Mai bis 16. August 2022 durchgeführt wurde. (eml)