Investoren haben inmitten der Kursverwerfungen nach der Ausbreitung des Coronavirus massiv Geld aus Investmentfonds abgezogen. Einer vorläufigen Auswertung des Nettomittelaufkommens europäischer Fonds durch die Analysegesellschaft Morningstar zufolge haben Anleger im Laufe des Monats März 2020 unter dem Strich Aktienfondsanteile in einem Volumen von 54 Milliarden Euro zurückgegeben.

Diesen vorläufigen Daten zufolge fällt der Mittelabfluss wegen der Pandemie größer aus als in der Finanzkrise nach dem Platzen der US-Immobilienblase und der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers. "Damit deutet sich an, dass der März höhere Abflüsse mit sich brachte als der bisher schlechtesten Vertriebsmonat, dem Januar 2008, als Anleger knapp 46 Milliarden Euro aus Aktienfonds aus Europa abzogen", stellt Morningstar-Chefredakteur Ali Masarwah fest. "Hatten Anleger im Februar noch mit einer gewissen Trägheit auf die Ausbreitung des Corona-Virus reagiert, so brachen im März die sprichwörtlichen Dämme."

Flucht aus Renten
Noch heftiger traf es Rentenfonds. Diese verbuchten im März Mittelabzüge in Höhe von 85 Milliarden Euro. Auch hier überstiegen die Anteilsrückgaben den bisherigen Negativ-Rekordmonat. "Im Oktober 2008, dem bis dato schwächsten Absatzmonat für Rentenfonds, zogen Anleger knapp 53,5 Milliarden Euro aus europäischen Rentenfonds ab", erläutert Masarwah. Auch weltweit gesehen hatten Investoren in den ersten Märzwochen massiv Mittel aus Anleihenvehikeln zurückgezogen.

Die Morningstar-Auswertung fußt auf Daten per 27. März und umfasst mehr als 25.000 Langfristfonds, die in Europa aufgelegt sind. Die reguläre, monatliche Auswertung von Morningstar stützt sich auf den Daten von 30.000 Fonds. Die nun vorgelegte Schätzung umfasst damit rund 83 Prozent der sonst üblichen Abdeckung. Experte Masarwah betont, dass die Daten einiger wichtiger Häuser wie Pimco oder Franklin Templeton, aber auch von zahlreichen skandinavischen und britischen Gesellschaften in die vorläufigen Angaben noch nicht eingeflossen sind.

Einzelne Bereiche mit Absatzplus
Mischfonds erlitten europaweit Mittelabzüge in Höhe von 23,5 Milliarden Euro. Diese Angaben per 27. März decken aber nur 80 Prozent der sonst verfügbaren Monatsdaten ab. Im bislang schwächsten Mischfondsmonat, dem Mai 2009, bezifferten sich die Abflüsse auf 16,4 Milliarden Euro. Aus alternativen Fonds schließlich zogen Morningstar zufolge Anleger im März 2020 rund 15 Milliarden Euro ab. Der bisherige Tiefststand bei Anteilsrückgaben in diesem Segment war der Oktober 2008 mit 12,7 Milliarden Euro. Aber auch hier sei die aktuelle Datenlage noch lückenhaft, schränkt Masarwah ein.

Inmitten der Anteilsauflösungen erfreuten sich einige Felder aber auch über ein Absatzplus. So verzeichneten der Schätzung zufolge Rohstoff-Produkte und insbesondere Goldfonds einen zunehmenden Zuspruch. Der Aktienfonds mit den höchsten Zuflüssen war der Morningstar-Schätzung zufolge der Goldman Sachs Global Future Tech Leaders. Der erst im Februar aufgelegte Fonds habe im März 1,2 Milliarden Euro an Zuflüssen verbuchen können. (ert)