Die Grundidee der EU-Richtlinie Mifid besteht darin, private Anleger besser zu schützen. Sie sollen zu jedem Zeitpunkt wissen und verstehen, welche Interessen ihre Berater vertreten, wie viel und woran diese Berater verdienen, warum ihnen bestimmte Produkte angeboten werden und ­andere nicht, und das alles soll auch über längere Zeiträume hinweg sichergestellt sein. Ob diese Ziele erreicht werden oder nicht, wird sich im Verlauf der nächsten Jahre zeigen, fest steht hingegen eine Sache bereits heute: Die Produktauswahl für die Kunden wird schrumpfen, weil viele Wertpapierfirmen ihre Paletten aus Risiko- und Kostengründen verkleinern müssen.

WAG 2018
Die mit Jahresbeginn in Kraft tretende Novelle des Wertpapieraufsichtsgesetzes (WAG 2018) enthält neue ­Product-Gover­nance-Regeln, die eine Festlegung von sogenannten "Zielmärkten" vorsieht. Das heißt, der Finanzvertrieb muss definieren, für welche Kundengruppe mit ihren spezifischen Bedürfnissen, Eigenschaften und Zielen ein Finanzinstrument geeignet ist. Damit wird das Angebot einer breiten Produktpalette für Pools viel aufwendiger. Ihre naheliegende Konsequenz daraus wird sein, dass sich die Haftungsdächer verstärkt auf Fonds einiger ­Anbieter beschränken werden. Diese kleinere Produktauswahl ermöglicht es, Berater und Anleger mit den benötigten Informationen versorgen zu können. Dieser Trend ist nicht neu, ist die Idee der "offenen Architektur" im Fondsvertrieb aber nun endgültig am Ende?

Weniger Fonds
Beim Fachverband der Finanzdienstleister versucht man zu beruhigen. Geschäftsführer Phillip Bohrn meint: „Wir sehen, dass die Wertpapierfirmen sehr bemüht sind, so viele Produkte wie möglich zu halten. Natürlich gibt es auch andere, die vielleicht eher aus geschäftspolitischen Gründen die Produktauswahl einschränken. Wir werden da die verschie­dens­ten Varianten sehen.“ Ein Rundruf unter den größten Pools zeigt jedenfalls, dass das Thema die Wertpapierfirmen derzeit stark beschäftigt, wobei sie damit sehr unterschiedlich umgehen. Als erster Pool schlug bekanntlich die steirische Supris (vormals Ariconsult) bereits im vergangenen Jahr diesen Weg ein. Seit Mitte 2016 können angeschlossene Vertriebspartner dort nur noch etwas mehr als 50 Investmentfonds ohne vorherige schriftliche Abstimmung abwickeln. 

Mittlerweile bestätigt man aber auch beim Bank Austria Finanzservice (BAF), dass die Fondsauswahl  angepasst wird, wobei man ­einen anderen Weg geht als Supris.  Aktuell können Berater aus 6.000 unterschiedlichen Investmentfonds wählen. Ab dem 3. 1. 2018 wird man diese Fondsanzahl in ein „Berater-Universum“ und in ein „Versorgungs-Universum“ aufteilen. Laut BAF-Geschäftsführer Siegfried Prietl wird das in der Praxis so aussehen: „Etwa 25 bis 30 Prozent der Fonds werden im Berater-Universum zu finden sein. Für diese Fonds werden wir allen Informa­tionspflichten nachkommen, die restlichen Fonds kann der Kunde zwar grundsätzlich ­haben, allerdings werden diese nicht aktiv ­angeboten. In Zukunft sind wir ja verpflichtet, alle relevanten Produktinformationen – also auch wenn sich beim Fonds nur eine Kleinigkeit ändert – an den Kunden weiterzugeben. Allein das stellt schon einen enormen Aufwand für uns dar. Daher haben wir die gängigsten Produkte in das Berater-Universum hineingepackt.“ 

"Auswahl soll so groß wie möglich bleiben"
Etwas lockerer sieht man die Sache aktuell noch bei Finanzadmin. Bei der österreichischen Tochter des deutschen Pools Fondskonzept weiß man zwar schon, dass von den bisher 30.000 abwickelbaren Finanzinstrumenten am Ende nur ein Bruchteil übrig bleiben wird, im Investmentfondsbereich soll die Auswahl allerdings so groß wie möglich bleiben. Geschäftsführer Michael Veit verspricht: "Wenn wir von unseren Datenlieferanten alle Informationen zu den Fonds bekommen, dann werden wir diese auch weiterhin zur Abwicklung anbieten. Auf Einzeltitelebene werden wir künftig nur noch wichtige Titel, die in den großen Indizes enthalten sind, abwickeln. Aus dem Bereich der Zertifikate werden wir uns vollständig zurückziehen."

Unterschiede bei der Herangehensweise lassen sich auch in der Größe der Wertpapierfirmen erkennen. So zeigt sich etwa bei kleineren Haftungsdächern wie der Privatconsult – derzeit hat die Gesellschaft 92 Vertriebspartner –, dass es auch einen Unterschied macht, wie viele Vertriebspartner zu administrieren sind. "Wir sehen derzeit nicht die Notwendigkeit, die Produktauswahl massiv einzuschränken, da wir am Ende sowieso bei jedem Vertriebspartner kontrollieren, was er im Detail einreicht. Sehen wir da Produkte, die Fragen aufwerfen, wird das mit dem Vertriebspartner geklärt. Bei unserer aktuellen Größe ist das noch möglich", meint Vertriebsleiterin Raf­faella Schneider. Sie weist auch auf den ­Umstand hin, dass sich die Nachfrage in der Regel ohnehin nur auf eine überschaubare Zahl von Fonds bekannter Gesellschaften konzentriert. (gp)


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