Die straffere Geldpolitik und die wirtschaftlichen Unsicherheiten machen sich zunehmend auch im Zahlungsverhalten bemerkbar. Mehr als die Hälfte der Rechnungen zwischen Kunden und Lieferanten – nämlich 55 Prozent – wurden im Vorjahr zu spät bezahlt. Das ergibt eine Erhebung des Kreditversicherers Atradius. Es handelt sich um einen deutlichen Anstieg zum Jahr davor, wo 44 Prozent der Rechnungen nicht zeitgerecht bezahlt wurden.

Einen Sprung gibt es auch bei den Ausfällen. Der Anteil uneinbringlicher Forderungen im B2B-Bereich ist von vier auf neun Prozent gestiegen.

Die längere Wartezeit auf das Geld setzt einen Dominoeffekt in Gang. Zum einen müssen die eigenen Lieferanten länger auf ihr Geld warten und die Unternehmen müssen Investitionen aufschieben. Unmittelbare Cashflow-Probleme sowie Verzögerungen bei der Bezahlung von Rechnungen und Gehältern mehren sich.

Verschiedene Kreditlösungen
Glücklich ist, wer in dieser Phase eine gute Beziehung zur Bank oder zu den Lieferanten hat. 61 Prozent der befragten Unternehmen griffen in den vergangenen zwölf Monaten auf Bankdarlehen zurück. Damit lassen sich Investitionen in technische Verbesserungen finanzieren. Bei 28 Prozent war hingegen ein Handelskredit die wichtigste Finanzierungsquelle, also ein Kredit, den Lieferanten einräumen, um Verbindlichkeiten zu begleichen. Insbesondere bei Stahl- und Metallunternehmen wurde diese Möglichkeit häufig in Anspruch genommen. Hoch sei in manchen Bereichen auch der Anteil von Rechnungsfinanzierung (Weiterverkauf von Forderungen).

Eine Verbesserung der Zahlungsmoral ist laut Erhebung nicht in Sicht. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen erwartet eine Verschlechterung. Kurz-, mittel- und langfristig dominieren die Sorgen aufgrund der anhaltend hohen Inflation, der geopolitischen Spannungen, der Herausforderungen bei der Kundenakquise und wegen des Arbeitskräftemangels, der die Produktivität beeinträchtigen und den Anschluss an neue Technologien verhindern könnte. (eml)