Spektakuläre Umbrüche und Veränderungen erfolgen im heimischen ­Finanzvertrieb immer seltener, der Markt ist unter einigen größeren Wertpapierfirmen aufgeteilt, und auch die vorangegangene Konsolidierung scheint abgeschlossen. 2020 erregte die Wiener Privatconsult mit der Übernahme des Grazer Haftungsdachs Supris etwas Aufmerksamkeit, danach herrschte wieder Ruhe. Kostendruck und regulatorische Anforderungen, die seit zwei Jahrzehnten kontinuierlich wachsen, nahmen aber auch zuletzt weiter zu, was Haftungsdächer zwingt, ihr Geschäftsmodell, das davon abhängig ist, Skaleneffekte zu erzielen, auch weiterhin zu optimieren.

In diesem Licht ist die Fusion zwischen den Wertpapierunternehmen Jung, DMS & Cie. und Top Ten zu sehen. Letztere verfügt in Österreich über ein Bestandsvolumen von mehr als 300 Millionen Euro. Insgesamt 60 Vertriebspartner zwischen Bregenz und Wien sind an das Unternehmen angeschlossen. Durch die Fusion werden zukünftig rund 200 selbstständige Berater unter dem Dach der JDC Group Austria agieren. 

Rückzug des BAF
Wie unverzichtbar die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells ist, zeigt aber vor allem der kürzlich bekannt gegebene Rückzug des Bank Austria Finanzservice. Künftig wird man mit unabhängigen Vertriebspartnern nur noch im Bereich der Kreditvermittlung über die Unicredit Bank Austria zusammenarbeiten. Der Name "Bank Austria Finanzservice" wird somit nach mehr als 25 Jahren von der Bildfläche verschwinden.

Im vermittelten Wertpapiergeschäft konnte man laut dem bisherigen BAF-Geschäftsführer Siegfried Prietl bis dato nicht an die große Erfolgsstory des ­Finanzierungsgeschäfts anschließen. Ein weiterer hoher Investitionsbedarf und lange technische Entwicklungszeiten in Kombination mit den regulatorischen Anforderungen waren demnach ausschlaggebend für die Entscheidung, das Wertpapiergeschäft einzustellen. Die Wertpapierkonzession soll dem Vernehmen nach bis Ende September zurückgelegt werden. Mehr als 200 Vermögensberater mit einem geschätzten Bestandsvolumen von rund 500 Millionen Euro müssen sich somit in relativ kurzer Zeit ein neues Haftungsdach suchen.

Zahl der Vermögensberater bleibt stabil
Während sich die Zahl der in Österreich tätigen Vermögensberater im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert hat – laut WK-Zahlen lag diese per Ende März bei 3.638 –, könnten die BAF-Berater nun allerdings zu deutlichen Verschiebungen im Bereich der Haftungsdächer führen. Dementsprechend stark buhlen die Wertpapierfirmen um die frei werdenden Berater. Und das offenbar mit Erfolg, so berichtet Privatconsult-Geschäftsführer Stefan Ferstl: "Wir bekommen fast täglich Anfragen, sowohl von BAF-Beratern als auch von anderen Beratern. Es ist Bewegung im Markt." Ähnliches berichtet auch Finanzadmin-Geschäftsführer Reinhard Magg: "Wir hatten bisher 40 Anfragen, und zehn BAF-Berater konnten wir bereits für uns gewinnen." (gp)


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