Wem es beim Gedanken an Fintechs, Robos sowie andere Computer-Konkurrenten gruselt, wem die Entlassungswelle im Bankensektor Jobängste bereitet oder wer sich einfach die vorweihnachtliche Stimmung nicht vermiesen lassen will, der sollte jetzt besser nicht weiterlesen. Denn fest steht: Der fortschreitende Trend zur Digitalisierung wird in den kommenden Jahren in der Bankenwelt Spuren hinterlassen und unter ihren Beschäftigten weitere Opfer fordern – nicht nur im Backoffice.

Zu diesem wenig ermutigenden Resultat kommt eine aktuelle Studie der ZHAW School of Management and Law (den Download finden Sie hier). Die wurde zwar im Auftrag des Zürcher Bankenverbands erstellt, doch die dort skizzierten vier Szenarien lassen sich – obwohl dem Schweizer Bankensektor Massenentlassungen und Ausdünnungen im Filialnetz wie beispielsweise in Deutschland nach der Finanzkrise erspart blieben – im Wesentlichen auf andere Länder übertragen.


Welche Schreckensvisionen, aber auch Hoffnungsschimmer die ZHAW-Beobachter in ihrer Studie "Bankfachspezialisten 2030" ausmachen, zeigt unsere Bildergalerie oben.


Egal, welches der vier Szenarien am ehesten eintritt: Ungemütlich wird es für Bankbedienstete auf alle Fälle. Mitarbeiter, die noch ein paar Berufsjahre bis zur Rente vor sich haben, müssen sich auf massive Veränderungen einstellen. Denn die Digitalisierung macht vor keinem Aufgabengebiet Halt.

Berater in der Bredouille
"Die Beschäftigung wird in allen Szenarien unter Druck kommen", heißt es im Vorwort der Studie. Andererseits, so die ZHAW-Expertise, behält die persönliche Beratung und Betreuung für viele Kunden einen hohen Stellenwert – genau darin liegt auch eine Chance. Ebenso wichtig sei für Bankkunden die Daten- und Systemsicherheit.

Insbesondere das Berufsbild des Kundenberaters wird sich stark wandeln. Wer hier arbeitet, sei daher besonders gefordert, sich beruflich weiter zu entwickeln und interdisziplinärer zu werden, meint Anita Sigg, Leiterin der Fachstelle Personal Finance and Wealth Management bei der ZHAW. Klassische Backoffice-Dienste wie Risikomanagement oder Compliance sowie das Research würden sich dagegen zwar inhaltlich, aber nicht grundsätzlich wandeln.

Fangt ihr schon mal an
Schade nur: Um die generelle Veränderungsbereitschaft ist es bei den Betroffenen bislang eher schlecht bestellt. So hätten die im Rahmen der Studie geführten Mitarbeitergespräche gezeigt, dass bei den meisten Angestellten das Bild einer traditionellen, linearen Laufbahn immer noch weit verbreitet ist. Das Verharren in althergebrachten Denkmustern ist selbst bei Beratern und Vertrieblern weit verbreitet – ausgerechnet in jenen vorwiegend filialgestützten Bereichen also, die der "vierten industriellen Revolution" besonders heftig ausgesetzt sein werden und auf die laut ZHAW-Angaben rund 40 Prozent der Belegschaft der Schweizer Universalbanken entfallen.

"Die interviewten Mitarbeiter im Vertrieb der Banken sind sich mehrheitlich einig, dass Veränderungen anstehen. Sie gehen jedoch nicht von einer grundsätzlichen Erneuerung ihrer Tätigkeitsfelder und den zugehörigen Kompetenzanforderungen aus", heißt es im Studientext. Ein karriereschädlicher Trugschluss, findet Sigg: "Spezialisten über 45 Jahre können sich nicht in die Pension retten, sondern sollten vermehrt alternative Karrieren prüfen und ihre Kompetenzen den neuen Erfordernissen anpassen", mahnt die ZHAW-Expertin.

Gefordert seien aber nicht nur die Angestellten, sondern auch die Unternehmen. Banken müssten sich fragen, wie sie durch innovative Arbeitszeitmodelle sowie alternative Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten als Arbeitgeber in Zukunft attraktiv bleiben wollen. (ps)