Korrupte Funktionäre, überbezahlte Spieler, betrunkene Fans und Tonnen an Müll an jedem Spieltag: Wer Argumente sucht, warum die Welt des Fußballs nicht sonderlich nachhaltig wirkt, wird schnell fündig. Luis García Álvarez, Portfoliomanager beim spanischen Investmenthaus Mapfre AM, versucht dagegen, eine andere Perspektive einzunehmen. In seinem "Behavioral Fund", der hierzulande nicht zum Vertrieb zugelassen ist, investiert er unter anderem in Wertpapiere von Klubs wie Olympique Lyonnais, Borussia Dortmund und Ajax Amsterdam – und sieht darin eine "längerfristige ESG-Chance", wie er in einem Marktkommentar erläutert.

"Tatsache ist, dass der beliebteste Sport der Welt, gemessen an der Anzahl der Menschen, die ihn weltweit ausüben, am besten die Vorteile vereint, die körperliche Aktivität für Gesundheit und Gesellschaft hat", erläutert Álvarez, der sich damit auf das "S" in ESG bezieht. "Sehr oft hat der Sport die Integration erleichtert und junge Menschen in verschiedenen Ländern vor anderen schädlichen Aktivitäten bewahrt. Ganz zu schweigen von der Wirkung, die jede soziale Initiative haben kann, die von den Vereinen selbst oder den Spielern organisiert wird, deren Bekanntheitsgrad und Einfluss schwer zu übertreffen sind."

Was das "E" in ESG anbelangt, verweist der Mapfre-Manager auf die vielerorts "notwendige Erneuerung der Fußballinfrastruktur": "Bei der Renovierung von Stadien oder Sportanlagen werden beispielsweise bereits Energieeffizienzmaßnahmen, Lösungen für einen verantwortungsbewussteren Transport oder eine gesündere und nachhaltigere Lebensmittelversorgung berücksichtigt, um nur einige Beispiele zu nennen."

Ein einst verschmähter Sektor hübscht sich auf
Selbst mit Blick auf das "G", also Governance-Faktoren, weiß der Finanzprofi von Verbesserungen zu berichten – auch wenn er einräumt, dass die jüngsten Schlagzeilen rund um Klubs wie Manchester City, Chelsea oder Juventus Turin nicht gerade von guter Unternehmensführung zeugen. Aber: Früher sei der europäische Fußball ein Sektor gewesen, "in dem vernünftige Investitionen undenkbar waren" – und heute ziehe er das Interesse von immer mehr professionellen Anlegern auf sich. Dies sei "größtenteils eine Geschichte besserer Unternehmensführung". Die Einführung wirtschaftlicher Kontrollstandards sei ein "wichtiger Wendepunkt" gewesen, auch wenn noch lange keine Perfektion erreicht sei: "Die neue Welle von Investoren im Fußball sorgt im Allgemeinen für professionellere Corporate-Governance-Strukturen und Management-Teams", so Álvarez.

Wer in den Sport investiere, der investiere in Werte, Bildung und Gesundheit, ist der Fondsmanager überzeugt. "Insbesondere die Welt des Fußballs wäre unserer Meinung nach aufgrund ihrer enormen globalen Bedeutung derzeit eine besonders interessante Nische für ESG-Investoren." (bm)