Vor vier Jahren war Improvisationstalent gefragt: Rund 100 Frauen, dicht gedrängt in einem kleinen Tagungsraum, die Veranstaltung war mit wenigen Ressourcen gerade so gestemmt worden. Der erste Gipfel des Karrierenetzwerks der "Fondsfrauen" im Januar 2016 wurde argwöhnisch beäugt – und teilweise sogar belächelt. In Teilen war das nachvollziehbar, schließlich hatten Anne E. Connelly, Manuela Fröhlich und Anke Dembowski das Netzwerk erst im Jahr zuvor gegründet.

Inzwischen werden die Fondsfrauen in der Asset-Management-Branche ernst genommen. "Heute sind wir eine Bewegung", sagte Initiatorin Connelly in ihrer Rede, mit der sie den fünften Fondsfrauen-Gipfel eröffnete, der am Vorabend des FONDS professionell KONGRESSES in Mannheim stattfand. Über 2.000 Damen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg zählt das Karrierenetzwerk mittlerweile. Mit über 270 Anmeldungen stellte der erste Jubiläumsgipfel einen neuen Rekord auf.

Verschiedene Studien zur Situation von Frauen in der Finanzbranche haben die Fondsfrauen mit Partner-Organisationen seit ihrer Gründung erstellt. Und sie haben viel dafür getan, dass sich das wenig erfreuliche Bild verändert.

Nachwuchsprogramm gestartet
So hat das Netzwerk im Oktober 2019 erstmals verdiente Frauen aus dem Asset Management mit dem Fondsfrauen Award in drei Kategorien ausgezeichnet, um sie "sichtbar" zu machen und anderen Frauen Vorbilder an die Hand zu geben. Auch ein Nachwuchsprogramm haben Connelly und ihre Mitstreiterinnen zusammen mit verschiedenen Fondsanbieten gestartet. "Ich denke, dass wir alle davon profitieren werden, mehr weibliche Talente für den Finanzbereich anzuziehen", erklärte Connelly.

Doch nicht nur in der Finanzbranche, überall dort, wo Männer bis heute die Führungsetagen dominieren und verkrustete hierarchische Strukturen das Arbeitsleben bestimmten, werden in Zukunft neue Chancen auf Frauen warten. Dafür könnte die immer weiter voranschreitende Digitalisierung sorgen, wie Kira Marrs vom Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) in München in ihrem Vortrag erläuterte. 

Frauen als Profiteure der digitalen Transformation
"Für die digitale Transformation gibt es zwei Lesarten", sagte Marrs. Nach dem ersten Modell werde der digitale Umbruch verstanden als Übertagung von menschlichen Kompetenzen, Fähigkeiten und Entscheidungsverantwortung auf Systeme, die etwa mit Künstlicher Intelligenz (KI) arbeiten – also auf Maschinen letztendlich. "Die zweite Lesart definiert die digitale Transformation jedoch als Unterstützung von Menschen durch eben diese Systeme", erklärte die Forscherin. Sollte sich dieses Modell in der Praxis durchsetzen, könnten vor allem Frauen davon profitieren.

"In einer Welt, in der Menschen stark unterstützt von digitalen Systemen arbeiten, werden Produkte komplexer und schneller", sagte Marrs. Um diese Herausforderungen zu meistern, sei es unumgänglich, das Wissen eines jeden Mitarbeiters dem gesamten Unternehmen transparent und zugänglich zu machen, also auf Vertrauen statt auf "Herrschaftswissen" zu setzen, flexibel in Teams zu arbeiten und permanenten Austausch zu pflegen. "Hier sehe ich Chancen für Frauen, schließlich wird ja gerade ihnen die Fähigkeit zugeschrieben, offen zu kommunizieren", so Marrs.

Bessere Chancen auf Führungspositionen
Auch auf Führungspositionen hätten Frauen bei dieser Art der digitalen Transformation gute Aussichten. "Führung als schöpferischer Akt eines Einzelnen" dürfte dann der Vergangenheit angehören. Hierarchische Strukturen könnten durch offene Informationsplattformen und das Teilen von Expertise abgelöst werden. "Gerade Frauen scheuen oft eine aggressive Managementkultur, die sie als Haifischbecken empfinden", sagte die Wissenschaftlerin. Eine neue Form der Führung, die auf "individuelle Selbstinszenierung" und vordergründige Statussymbole verzichtet, käme bei Frauen gut an. "So etwas finden sie toll, da können sie sich viel eher einbringen", sagte Marrs.

Da diese neue Arbeitswelt derzeit aber noch Zukunftsmusik ist, erklärte Unternehmensberaterin, Coach und Autorin Silke Foth den Besucherinnen des Fondsfrauen-Gipfels, wie sie männliche Business-Rituale entlarven können. Auf anschauliche und amüsante Weise zeigte sie, wie allein schon der entsprechende Händedruck Dominanz deutlich machen kann – und wie Frauen den Spieß ganz schnell mal umdrehen.

Mutige Unternehmerin
Die Unternehmerin Jasmin Taylor rief den Frauen im Saal zu, bei Niederlagen nicht zu schnell wieder aufzustehen und neu anzufangen. Es sei wichtig, sich Zeit zu nehmen, um solche Ereignisse zu verarbeiten. Im Gespräch mit Anne E. Connelly berichtete Taylor, wie sie im Alter von 17 Jahren aus dem Iran nach Deutschland gekommen war, hier später ihre eigene Online-Touristikfirma JT Touristik aufbaute und sie nach einer sehr erfolgreichen Zeit aufgrund von Insolvenz verkaufen musste. Inzwischen hat die mutige Unternehmerin ein Comeback mit exklusiven Urlaubsresorts hingelegt.

Mutige Frauen wie Jasmin Tayler braucht es auch in der Finanzbranche. Dass es mehr werden – von den Nachwuchstalenten bis in die Führungsetagen – dafür werden sich die Fondsfrauen weiter einsetzen. "Beäugt werden wir zwar auch heute noch", sagte Connelly zwinkernd. "Aber nicht mehr belächelt." (am)