Kapitalismustheorie klingt nach kopflastigem Seminarstoff – man kann es aber auch spannend aufziehen. Eco-Austria-Direktorin Monika Köppl-Turyna stellte sich als Eröffnungsvortragende beim diesjährigen Finanzplaner-Forum die Frage, ob sich unser kapitalistisches System überholt hat und ob der Wachstumsgedanke mit den Klimazielen und der CO2-Reduktion vereinbar ist.

Köppl-Turyna warnte davor, Emissionsreduktion mit Einschränkungen der Wirtschaftstätigkeit zu verknüpfen. Sie verwies in zahlreichen Grafiken auf die positiven und oft unterschätzten Aspekte des Wirtschaftswachstums. Historisch sind Wohlstand und Globalisierung Hand in Hand gegangen. Was im industrialisierten Norden oft vergessen wird: Die Welt insgesamt ist noch immer sehr arm, rund ein Viertel der Bevölkerung lebt von unter 2,50 Dollar am Tag, so die Ökonomin. Allein um das Nord-Süd-Armutsgefälle zu verkleinern, wird weiter Wachstum nötig sein, so Köppl-Turyna auf dem Forum, das dieses Jahr am 6. und 7. Mai – wie bereits in den Vorjahren im Wiener Marriott Hotel – über die Bühne ging.

KI für das Portfoliomanagement
Dass der Fortschritt in den anderen Vorträgen ebenfalls eine große Rolle spielte, überrascht nicht – angesichts der jüngsten Entwicklungen im Feld der künstlichen Intelligenz (KI) erhielt das Thema einigen Raum. Frederik Templiner, Global Co-Head of Quant Equity bei Goldman Sachs, schilderte, wie sein Haus auf verschiedenen Ebenen von KI profitiert. Heute stünden Programme zur Verfügung, die nicht nur die Texte analysieren können, sondern die in Audiospuren etwa die emotionale Dimension aus Reden von Unternehmenslenkern erfassen können. "Die KI-Systeme können die Bedeutung einordnen, wenn die Stimme langsamer oder schneller wird oder wenn ein Sprecher eine außergewöhnliche Pause macht", so Templiner.

Gescreent werden auf diese Weise rund 20.000 Earnings Calls pro Jahr, Hunderttausende Analysten-Einschätzungen sowie 50 Millionen Patente und Zeitungsartikel. Die KI werde immer besser dabei, herauszufiltern, was relevant ist. Das lasse dem Portfoliomanagement mehr Zeit, sich um Risiken zu kümmern, die dann wirklich den Unterschied ausmachen, so Templiner.

Modelle für jeden Bedarf
Eine wesentliche Botschaft in Sachen KI hatte der Physiker und Machine-Learning-Experte Andreas Windisch, Professor an der FH Joanneum und TU Graz sowie leitender Wissenschafter bei AI Austria. Er beschrieb die enormen Fortschritte in der KI innert kurzer Zeit, die den Einsatz für spezifische Bereiche wie die Finanzwirtschaft immer einfacher machen. "Man kann heute selbst Modelle bauen, die relativ gut performen", so Windisch. Unternehmen müssten sich mit der KI besser früher als später auseinandersetzen. "Wenn man selbst nicht weiß, wo man anfangen soll, dann einfach jemanden ansprechen. Richten Sie auch an uns Ihre Fragen, oder schreiben Sie uns an", appellierte Windisch an die Teilnehmer. (eml)