Im Grunde scheint alles klar: Kreditinstitute müssen Negativzinsen an ihre Kunden weiterreichen. Mehrfach ergingen zuletzt entsprechende Urteile. Sollte sich der OGH ebenfalls auf die Konsumentenseite stellen, würde das eine Belastungswelle für die Banken bedeuten, die diese kompensieren müssen, warnt der Kreditmakler Infina. Neukreditnehmer müssten mit höheren Aufschlägen rechnen. Außerdem könnte das System und der Anbietervergleich für Kreditberater und Kunden noch einmal komplexer werden.

"Wie sich ein solches OGH-Urteil konkret auswirkt, wird sehr davon abhängen, ob und welche Banken gerade auf das Hypothekargeschäft angewiesen sind und ob sie sich mehr oder weniger fügen“, sagt Infina-Experte Peter Hrubec gegenüber FONDS professionell ONLINE. "In vielen Fällen wird man sehen, dass Negativzinsen weitergegeben werden, dafür aber die Margen erhöht werden. Man wird sich sicher mit neuen Kreditmodellen auseinander setzen müssen. Der Vergleich für Kunden und der Produktvergleich für Makler wird sicher nicht einfacher“, so Hrubec.

Bisher haben nur wenige Kreditinstitute Negativzinsen bei variabel verzinsten Euro-Krediten tatsächlich an ihre Kunden weitergegeben. Anstatt dessen galt laut Infina in der Regel die Marge, die die Bank auf den Indikator-Zins (meist der Drei-Monats-Euribor) draufschlägt als Zinsuntergrenze. In vielen Fällen lauten die Klauseln etwa darauf, dass der Drei-Monats-Euribor als Messlatte für die Berechnung der Kreditzinsen nicht unter Null fallen kann, obwohl er derzeit bei Minus 0,328 Prozent liegt. Vier Entscheidungen des Wiener Handelsgerichts beurteilen diese Praxis mittlerweile als nicht gerechtfertigt. Nun ist der OGH am Zug. Eine Entscheidung könnte laut Medienberichten schon in den kommenden Wochen fallen.

Studie warnt
Ein Gutachten der Universitätsprofessoren und Bankenexperten Stefan Pichler und Rainer Jankowitsch warnte jüngst vor den Auswirkungen einer länger andauernden Phase negativer Referenzzinssätze auf das Geschäftsmodell österreichischer Banken. Bei einem Referenzzinssatz von minus einem Prozent weist eine typische österreichische Bank demnach nachhaltige Verluste auf. Bei noch negativeren Zinssätzen besteht die Gefahr, dass die Bank bereits in sehr kurzer Zeit ein Abwicklungsfall ist. (eml)