Die irische Zentralbank, die Banc Ceannais na hÉireann, erwägt offenbar, ihr Regelwerk zur Transparenz börsengehandelter Fonds (ETFs) zu überprüfen. Dies berichtet die Wirtschaftszeitung "Financial Times" (FT) und beruft sich auf Aussagen mehrerer Fachanwälte. Demnach scheint die Finanzaufsicht in Dublin für die Idee offen, die bislang geforderte, tägliche Transparenz einzuschränken. Dies könnte der Auflage aktiver ETFs einen Schub bescheren. Irland ist das mit Abstand bedeutendste Domizil von ETFs in Europa.

Bislang bildet die überwiegende Mehrheit börsengehandelter Fonds einen Index wie den S&P 500, den MSCI World oder den Dax ab. Doch insbesondere in den Vereinigten Staaten kommen immer mehr ETFs auf den Markt, denen eine aktive Strategie zugrunde liegt. Als die US-Wertpapieraufsicht SEC 2019 ihre Vorgaben zur täglichen Transparenz reduziert hatte, gewann das Wachstum von aktiven ETFs in Nordamerika deutlich an Fahrt. 2023 verfolgten bereits drei Viertel der neu aufgelegten ETFs in den USA eine aktive Strategie.

Änderungen sind möglich – aber nicht allzu rasch zu erwarten
Jüngst habe die irische Zentralbank den Mitgliedern des dortigen Branchenverbands der Asset Manager, Irish Funds, mitgeteilt, dass sie die Vorschriften im Laufe dieses Jahres überprüfen werde, zitiert die "FT" Hazel Doyle, Partnerin bei der Kanzlei K&L Gates. Ähnlich äußerte sich auch Brian Higgins, Partner der Kanzlei Dillon Eustace und Vorsitzender der ETF-Arbeitsgruppe bei Irish Funds. Die Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde schätzt Higgins "an sich als positiv" ein.

Ein Sprecher der Banc Ceannais na hÉireann teilte der "FT" mit, dass die Aufsichtsbehörde "offen für einen Dialog mit der Industrie zu diesem Thema" sei. Der Sprecher betonte aber auch, dass "eine Änderung der aktuellen Anforderungen an die Offenlegung von ETF-Portfolios" nicht in der "unmittelbaren Arbeitsplanung" der Aufsicht für 2024 enthalten sei.

Segment gewinnt an Bedeutung
Ein Richtungswechsel der irischen Zentralbank könnte das Wachstum aktiver ETFs in Europa befördern, ist aber keine zwingende Voraussetzung. Denn während die Anbieter bei manchen aktiven Strategien fürchten, eine tägliche Transparenz könne Nachahmer beflügeln oder Akteure dazu verleiten, die Käufe oder Verkäufe des ETFs auszunutzen, schätzen die Manager die Risiken bei anderen Ansätzen als nicht so hoch ein, etwa bei Anleihen.

So kündigte unabhängig von der Entwicklung der Regulierung der Branchenriese Blackrock an, in Europa aktive ETFs auf den Markt zu bringen, wie FONDS professionell exklusiv berichtete. Zuvor hatte etwa auch Allspring Investments, die frühere Asset-Managment-Einheit von Wells Fargo, den Einstieg in das Segment angekündigt.

Transparenz "widerwillig" akzeptiert
Auch in den USA fließt mittlerweile das meiste Geld in vollständig transparente ETFs und nicht in jene Produkte, die ihre Bestände nur verzögert offenlegen, wie Andrea Murray, bei der US-Privatbank Brown Brothers Harriman für ETF-Dienstleistungen in Europa zuständig, der "FT" zufolge berichtet. Sie glaubt, dass eine wachsende Zahl europäischer aktiver Asset Manager das vollständig transparente ETF-Modell akzeptiere, wenngleich "widerwillig". (ert)