Die europäische Finanzmarktaufsicht ESMA verschärft ihre Gangart gegenüber vermeintlich aktiven Investmentfonds, die tatsächlich aber nur ihren Vergleichsindex nachbilden. Dazu fordern die Finanzmarktwächter Daten von den nationalen Behörden an, berichtet die Wirtschaftszeitung "Financial Times". "Wir nehmen mit den Aufsehern der Mitgliedsstaaten Kontakt auf, um ein flächendeckendes Bild von den Ergebnissen der Untersuchungen auf nationaler Ebene zu bekommen", sagte ESMA-Chef Steven Maijoor in einer Rede auf einer Veranstaltung des europäischen Fondsverbands EFAMA. Erst jüngst hatte Maijoor angekündigt, die Kosten für Investmentdienstleistungen generell genauer zu prüfen.

Die europäischen Finanzmarktwächter hatten sich bereits in einer Voruntersuchung dem Thema gewidmet. Eine im Frühjahr 2016 veröffentlichte Analyse ergab, dass zwischen fünf und zehn Prozent der in Europa zum Vertrieb zugelassenen, aktiv gemanagten Fonds bloß ihren Vergleichsindex imitieren – zu deutlich höheren Kosten als ihre passiven Mitbewerber. Die ESMA hatte daraufhin die Finanzmarktaufseher der einzelnen Mitgliedstaaten aufgefordert, ähnliche Tests einzuleiten.

Auslegungssache
Deren Ergebnisse waren recht unterschiedlich ausgefallen. Die britischen und irischen Finanzaufsichten kamen zu dem Schluss, dass Manager von aktiven Fonds angesichts unterdurchschnittlicher Investmenterfolge zum Teil überzogene Gebühren verlangen. Die Aufseher in Schweden und Norwegen brandmarkten gar öffentlich einige Fondsgesellschaften, die ihrer Meinung nach mutmaßliche "Index-Schmuser" als aktive Fonds verkaufen.

Die deutsche Aufsicht Bafin und die Luxemburger CSSF fanden hingegen keine Hinweise, dass Asset Manager im großen Stil "Index-Schmuser"-Fonds vertreiben. Zwar waren die Prüfer auf vereinzelte Verdachtsfälle gestoßen, die betroffenen Gesellschaften konnten dies jedoch auf Nachfrage erklären. Daher hat die Behörde mehr Transparenz vonseiten der Finanzbranche angemahnt. Die Anbieter sollten besser erklären, welche Leistungen ihre Produkte konkret erbringen sollen.

Kritik von zwei Seiten
Angesichts dieser unterschiedlichen Auslegungen der nationalen Behörden dürfte die Branche das Ergebnis der ESMA-Gesamtschau mit Spannung erwarten. Obendrein ist die ESMA-Studie umstritten, und zwar von zwei Seiten. Verbraucherschützer und Branchenkritiker sind der Ansicht, dass das Ausmaß der Index-Schmuserei noch viel größer sei, als die erste ESMA-Studie zeigte. Das andere Lager wirft den Regulierern wiederum vor, dass der Blick auf die Kennzahl "Active Share", auf die sich die Untersuchung erheblich stützt, zu kurz greife. (ert)