Die Evaluierung der Finanzmarktrichtlinie Mifid II, die am 3. Januar 2018 in Kraft getreten ist, läuft seit März dieses Jahres. Was den Anlegerschutz angeht, so ist der größte Teil der Arbeit für die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA schon getan. "Wir haben der Europäischen Kommission bereits vor der Sommerpause die meisten Empfehlungen zugeleitet", sagt ESMA-Chef Steven Maijoor im Interview mit FONDS professionell, das ist voller Länge in Ausgabe 3/2020 erscheint. Daher kann er auch schon einige Ergebnisse des Reviews präsentieren. 

"Ein Bereich, von dem wir denken, dass sich die bisherigen Mifid-II-Vorschriften verbessern lassen, ist die Kommunikation zwischen Beratern und Anlegern", berichtet Maijoor. Bisher sieht die Richtlinie vor, dass Beratungsgespräche grundsätzlich in Papierform dokumentiert und zur Verfügung gestellt werden müssen. "Wir haben nun vorgeschlagen, dass künftig so viele Informationen wie möglich rein elektronisch dokumentiert und übermittelt werden sollen", sagt er.

Mehr Spielraum beim Ex-ante-Kostenausweis
"Darüber hinaus sind wir zu dem Schluss gekommen, dass Anlegern im Fall von telefonischen Transaktionen die Ex-ante-Kosteninformation auch während des Gesprächs oder zügig nach dem Telefonat übermittelt werden darf", berichtet Maijoor. Hier habe die ESMA Spielraum für eine weitere Verbesserung der aktuellen Regelungen von Mifid II erkannt.

Beim Taping, der Aufzeichnungspflicht für telefonische Beratungsgespräche, die vor allem in Deutschland scharf kritisiert wird, soll es nach dem Willen der ESMA bleiben. "Fast jedes Mal, wenn ich in Deutschland bin, höre ich, dass die Aufzeichnungspflicht das größte Problem ist, das Mifid II mit sich gebracht hat", sagt er. Manchmal erhalte er solche Rückmeldungen auch von österreichischen Interessenvertretern, aber für andere EU-Mitgliedsstaaten sei das Taping nicht so ein Problem. 

Echter Nutzen
"Es ist wichtig zu verstehen, dass das Taping einen echten Nutzen hat", sagt Maijoor. So sei es etwa möglich, im Nachhinein zu klären, um welche Art von Transaktion es bei einem Gespräch ging, was gesagt und vereinbart wurde. Die Bänder könnten auch im Zusammenhang mit Untersuchungen wegen Marktmissbrauchs verwendet werden. "Ich bin überzeugt, dass die Aufzeichnung von telefonischen Beratungsgesprächen in mehrfacher Hinsicht sehr nützlich ist", erklärt er. 

Für den Einbehalt von Provisionen hat Mifid II zwar gerade erst strengere Regeln eingeführt, doch Steven Maijoor schließt nicht aus, dass es über kurz oder lang sogar zu einem generellen Provisionsverbot in der Europäischen Union kommen könnte. Ein Vertriebsmodell, bei dem Provisionen erlaubt sind, Banken aber nachweisen müssen, ob und wie sie für Maßnahmen zur Verbesserung der Servicequalität verwendet werden, verursache sehr viel Verwaltungsaufwand. Und: "Es fällt auf, dass die Länder, in denen Provisionen bereits verboten sind, typischerweise auch die sind, in denen Kunden über effiziente Finanzprodukte verfügen, die mit niedrigeren Kosten belastet sind", erklärt Maijoor. 

Klareres Verhältnis zwischen Beratern und Kunden
"Daher haben wir der EU-Kommission empfohlen, eine detaillierte Studie zu diesem Thema zu erstellen", berichtet der ESMA-Chef. Dieser Untersuchung will er nicht vorgreifen. Es liege aber auf der Hand, dass ein System, in dem Provisionen verboten sind, ein klareres Verhältnis zwischen Beratern und Kunden schafft. Die Finanzbranche könne davon in vielfacher Hinsicht profitieren. "Ein generelles Provisionsverbot ist auf jeden Fall eine Option, die in Erwägung zu ziehen ist", konstatiert Maijoor.

Bis der Mifid-II-Review abgeschlossen ist, wird es noch eine Weile dauern. Zwar sei die Arbeit an den Teilen der Richtlinie, die den Anlegerschutz betreffen, für die ESMA fast erledigt. Für den deutlich größeren Teil der Vorschriften, die sich auf die Kapitalmärkte beziehen, stünden aber noch Berichte an die EU-Kommission aus. "Sie fragen, wann die Änderungen in Kraft treten? Nun, das muss die Kommission entscheiden", sagt Maijoor. (am)


Das vollständige Interview mit Steven Maijoor lesen Sie in Ausgabe 3/2020 von FONDS professionell, die den Abonnenten in den kommenden Tagen zugestellt wird.