Noch liegen für längst nicht alle Fonds die Angaben vor, die Banken und andere Finanzvertriebe benötigen, um einen Abgleich mit den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden vorzunehmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Datenanbieters Morningstar.

Das Analysehaus wertete das neue European ESG Template (EET) für Tausende Fonds aus. Mit diesem freiwilligen Standarddokument legen die Asset Manager unter anderem Details ihrer ESG-Strategie offen. Das ist die Grundlage dafür, dass Finanzberater ihrer neuen Pflicht nachkommen können, die Wünsche ihrer Kunden mit Blick auf Nachhaltigkeitsaspekte bei der Geldanlage zu berücksichtigen.

Angaben für mehr als 10.000 Fonds analysiert
Die Analyse mit dem Stichtag 18. Juli 2022 stützt sich auf die Daten von 70.580 Anteilsklassen von Fonds, die in Europa vertrieben werden. Das entspricht Morningstar zufolge 43 Prozent des Gesamtmarktes. Die Anteilsklassen gehören zu 10.316 Fonds. 4.297 davon wurden gemäß Artikel 8 der Offenlegungsverordnung (SFDR) eingestuft und gelten in der Branche damit als "hellgrün", 556 fallen unter den strengeren, "dunkelgrünen" Artikel 9.

Für 9.379 Fonds wurden im EET die für die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage relevanten Felder ausgefüllt. In 51,7 Prozent der Fälle handelt es sich dabei um Artikel-8/9-Produkte. Über den Gesamtmarkt hinweg wurden zuletzt nur 35,4 Prozent aller Fonds gemäß dieser beiden Artikel eingestuft. Das weist Morningstar zufolge darauf hin, dass die Anbieter ihre Artikel-8/9-Fonds bei der Erstellung der EETs mit Priorität behandelt haben.

Fast jeder zweite Fonds legt sich auf eine ESG-Mindestquote fest…
Der europäische Gesetzgeber führt drei Kategorien von Produkten ein, die für Anleger mit Nachhaltigkeitspräferenzen geeignet sein können. Sie können einen Mindestanteil an nachhaltigen Investitionen vorsehen – entweder gemäß der Umwelttaxonomie oder im Sinne der SFDR – oder "nachteilige Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren" (Principal Adverse Impacts, PAIs) berücksichtigen (nähere Erläuterungen finden Sie hier).

Der Morningstar-Analyse zufolge machen 43 Prozent der untersuchten Artikel-8/9-Produkte Angaben zur PAI-Berücksichtigung. 47 Prozent geben einen Mindestanteil nachhaltiger Investitionen im Sinne der SFDR an, 27 Prozent legen sich auf eine Mindestquote taxonomiekonformer Investments fest. Das bestätigt die Erwartung, dass sich die Anbieter mit der Taxonomie-Quote am schwersten tun, schließlich sind erst Teile dieses EU-weiten Klassifizierungssystems fertig.

… die in vielen Fällen aber bei null Prozent liegt
Auf den ersten Blick schürt das Ergebnis die Hoffnung, dass Anlageberater eine ausreichend große Auswahl haben, um die ESG-Präferenzen ihrer Kunden erfüllen zu können. Allerdings heißt die Tatsache, dass eine Mindestquote nachhaltiger Investments angegeben wurde, keinesfalls, dass diese sonderlich hoch liegt. Jeder dritte Fonds, der einen SFDR-Mindestanteil angibt, beziffert diesen nämlich auf null Prozent. Bei weiteren 36 Prozent liegt die Quote unter 20 Prozent, nur knapp ein Fünftel verpflichtet sich zu einem Anteil über 40 Prozent. Das lässt das Universum möglicher Fonds, die für nachhaltig motivierte Anleger in Frage kommen, deutlich schrumpfen.

Betrachtet man nur die Artikel-9-Produkte, sieht das Bild etwas grüner aus: Gut 60 Prozent dieser Fonds geben eine SFDR-Quote über 40 Prozent an. Bei 2,3 Prozent liegt der Mindestanteil über 90 Prozent. Hier kommt jedoch erschwerend hinzu, dass es keine einheitlichen Vorgaben gibt, wie diese Quote zu berechnen ist.

Strenge Vorgaben der Wertpapieraufsicht
Stellt man nun nicht auf die nachhaltigen Investments gemäß SFDR ab, sondern auf die Taxonomie, so schrumpft die Zahl der Produkte weiter. Wie erwähnt geben nur 27 Prozent der Artikel-8/9-Fonds überhaupt einen Mindestanteil taxonomiekonformer Investments an. Von diesen wiederum beziffern 90 Prozent der Fonds diese Quote auf null. Acht Prozent legen sich auf einen Anteil zwischen null und zehn Prozent fest. Kein einziger wagt eine Quote über 60 Prozent.

Morningstar verweist darauf, dass viele Anbieter ihre Taxonomiekonformität erst 2023 offenlegen werden, wenn die benötigten Daten seitens der Unternehmen vorliegen. Das Analysehaus betont außerdem, dass die EU-Wertpapieraufsicht ESMA die Asset Manager zu einem konservativen Umgang mit der Quote drängt. Die Aufseher verbieten es beispielsweise, mit Blick auf die Taxonomiekonformität mit Schätzungen zu arbeiten. (bm)