In der Deutschen Bank herrscht offenbar Uneinigkeit über die Entwicklung des deutschen Leitindex Dax. Einem Bericht der Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" zufolge schraubte der Chefstratege für Privatkunden, Ulrich Stephan, seine Jahresend-Prognose jüngst um 1.000 Zähler auf 12.800 Punkte nach oben. Stephans Kollegen aus der Londoner Research-Abteilung unter Leitung von Wolf von Rotberg wiederum raten institutionellen Investoren hingegen dazu, den Dax unterzugewichten.

Beide Bereiche argumentieren kurioserweise damit, dass die deutschen Top-Titel im europäischen Vergleich sehr konjunktursensibel seien. Nach Ansicht des Londoner Teams habe der Dax daher seit Mitte 2016 mit am stärksten vom makroökonomischen Aufschwung profitiert. Allerdings seien nun zusätzliche Überraschungen in der Euro-Zone eingepreist. Entsprechend sehen sie kein Potenzial mehr für Steigerungen.

Privatkunden-Mann Stephan hingegen verweist auf die steigenden Einkaufsmanager-Indizes in den USA und Europa. Davon sollte der Exportweltmeister Deutschland profitieren. Komme es zu keinen Rückschlägen, seien die Perspektiven für deutsche Aktien weiterhin sehr interessant, so Stephan.

Unterschiedlicher Anlagehorizont
Die konträren Dax-Einschätzungen begründet die Deutsche Bank gegenüber der Zeitung mit dem unterschiedlichem Horizont der Kunden. Privatkunden verfügten in der Regel über einen langen Anlagehorizont und würden ihre Wertpapierbestände seltener umschichten. Die Londoner Einheit richte sich dagegen an Profis wie Hedgefonds. Diese würden häufiger handeln und hätten einen anderen Informationsbedarf. Allen Kunden stünden sowohl die kurz-wie die langfristigen Empfehlungen zur Verfügung.

Mit der neuen Finanzmarktrichtlinie Mifid II könnte es spannend werden, wie die Aufseher solch unterschiedliche Prognosen innerhalb eines Instituts werten. Denn Banken müssen dann dokumentieren, dass die Hausmeinung auch im letzten Winkel ihres Hauses bekannt ist– das könnte bei so unterschiedlichen Meinungen erhebliche Verwirrung stiften. (ert)