Gut 100 Kilometer Luftlinie von der Bundesbank-Zentrale in Frankfurt entfernt liegt ein versteckter Bunker, der jahrzehntelang zu den bestgehüteten Geheimnissen Deutschlands gehörte. In dem 1962 errichteten Bauwerk in Cochem wurden D-Mark-Banknoten als Ersatzwährung gelagert – für den Fall, dass die Gegner im Kalten Krieg den Markt mit gefälschten Geldscheinen überschwemmen würden, um eine Hyperinflation auszulösen.

Die Notstandswährung wurde nie benötigt und 1988 vernichtet. Die Besorgnis der Deutschen über die Sicherheit ihres Geldes dauert jedoch bis heute an. Etwas mehr als ein Jahr vor der Entscheidung über die Einführung einer digitalen Euro-Version könne sich rund die Hälfte der Bundesbürger nicht vorstellen, das virtuelle Geld zu benutzen, schreibt die Nachrichtenagentur "Bloomberg" (siehe auch die Grafiken oben).  

Sorge um die Privatsphäre
Die größte Sorge gelte dem Schutz der Privatsphäre. In dieser Hinsicht seien die Deutschen noch skeptischer als die Bürger anderer größerer Mitgliedsländer der Eurozone. Der Ausflug einer Rentnergruppe zum Bunker im Weinort an der Mosel, den "Bloomberg" begleitet hat, bestätigte die kritische Einstellung der Bundesbürger gegenüber dem digitalen Euro. 

Eine ehemalige Bankangestellte sagte, Karten- und Online-Zahlungen vermittelten ihr bereits jetzt das Gefühl, keine Kontrolle über ihre Ausgaben zu haben. Andere Mitglieder der Gruppe meinten, eine digitale Währung könnte Deutschland in eine gefährliche Abhängigkeit von der Technologie bringen. Der Leiter der Exkursion erklärte, er bezahle meist lieber mit Bargeld. "Aus Gewohnheit, glaube ich", sagte er.

Datenverschlüsselung und Hashing
Die Europäische Zentralbank (EZB), die den digitalen Euro entwickelt und Ende 2025 eine endgültige Entscheidung über die Einführung treffen wird, sei sich der damit verbundenen Ängste bewusst, so "Bloomberg". Aus Gründen des Datenschutzes und der Sicherheit plant die EZB, Techniken wie Datenverschlüsselung und Hashing einzusetzen, um eine direkte Zuordnung von Transaktionen zu bestimmten Nutzern zu verhindern. Außerdem soll die Währung über eine Karte – und nicht nur über Mobiltelefone – für die Offline-Nutzung verfügbar sein. Zudem will die Notenbank sich darum bemühen, auch weniger digital versierte Bürger zu erreichen.

"Wir stellen uns den digitalen Euro als eine digitale Form des Bargelds vor, die für alle digitalen Zahlungen verwendet werden kann und die neben dem physischen Bargeld existiert und niemanden zurücklässt", sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde im Oktober 2023, als die Vorbereitungsphase des Projekts eingeleitet wurde. Sie muss jedoch nicht nur die Deutschen überzeugen, deren Kartenzahlungen immerhin stetig zunehmen. Länder wie Österreich, die Slowakei und Malta sind sogar noch größere Bargeld-Anhänger.

Jüngere sind mit Daten freigiebiger
Hierzulande sind zumindest jüngere Menschen weniger empfindlich, wenn es um ihre Privatsphäre geht. So ergab erst kürzlich eine Studie, dass nur zehn Prozent der 18- bis 24-Jährigen es ablehnen würden, persönliche Daten online zur Verfügung zu stellen. Bei den über 65-Jährigen hingegen würde ein Drittel keine persönlichen Daten preisgeben.

Im Cochemer Bunker, in dem einst bis zu 15 Milliarden Deutsche Ersatz-Mark gelagert wurden, teilte der Exkursionsleiter die Zweifel seiner Mitbesucher am digitalen Euro, deutete aber auch Lernbereitschaft an. "Du kannst dich davor nicht verschließen", sagte er. "Du musst dich solchen Entwicklungen anpassen." (Bloomberg/am)