Mittlerweile verspricht fast jeder Asset Manager seinen Kunden, ökologisch und ethisch korrekt zu investieren. Doch stimmen Reden und Handeln in diesem Punkt überein? Ein Blick ins Portfolio hilft da nur bedingt weiter, schließlich lässt sich immer ein Argument finden, warum beispielsweise das Investment in den Autobauer unter ESG-Gesichtspunkten durchaus gerechtfertigt war. Es gibt aber eine weitere Möglichkeit, das nachhaltige Engagement der Fondsanbieter auf die Probe zu stellen: Wie nutzen sie ihre Stimmrechte aus ihren Sondervermögen auf Hauptversammlungen? Dieses "Proxy Voting" der Investmenthäuser ist auch für einige Fondsselektoren und -analysten ein Thema. Michael Viehmann, der in der Führungsriege des Kölner Vermögensverwalters Sauren die Nachhaltigkeitsthemen verantwortet, stellt sich den Fragen von FONDS professionell ONLINE.


Herr Viehmann, fast jeder Asset Manager behauptet, die Stimmrechte aus seinen Fonds zu nutzen, um die Unternehmen in seinem Portfolio zu einem nachhaltigeren Wirtschaften zu bewegen. Spielt dieser Punkt bei der Fondsselektion von Sauren eine Rolle?

Michael Viehmann: Ja. Bevor wir Zielfonds für unsere drei Nachhaltigkeitsfonds auswählen, analysieren wir, wie es um das ESG-Engagement des Managers bestellt ist. Die Frage ist, wie ein Portfoliomanager tatsächlich etwas im positiven Sinne bewirken kann. Ausschlusskriterien alleine bringen wenig. Echten Einfluss kann ein Fondsmanager nur nehmen, wenn er die Diskussion mit Vorstand oder Aufsichtsrat sucht und seine Stimmrechte aktiv nutzt. Für unsere nachhaltigen Dachfonds suchen wir daher solche "Active Owner".

Und wie finden Sie die?

Viehmann: Wer auf unsere Auswahlliste gelangen möchte, muss jedes halbe Jahr einen "Active Ownership Request" ausfüllen. Dort fragen wir beispielsweise ab, wie oft und warum gegen den Vorschlag des Vorstands gestimmt wurde und ob der Manager eigene Beschlussvorlagen eingebracht hat. Das erlaubt zwar keine inhaltliche Beurteilung, liefert uns aber Input für das Gespräch mit dem Manager. Im direkten Dialog erfahren wir dann viel über dessen Selbstverständnis und Ziele. Uns interessiert auch, inwiefern der Fondsmanager selbst überhaupt in die Frage involviert ist, wie abgestimmt wird. Das ist ein guter Hinweis, wie ernst er das Thema tatsächlich nimmt.

Manche Asset Manager richten sich bei ihrem Proxy Voting recht stur nach den Empfehlungen von Stimmrechtsberatern. Was halten Sie davon?

Viehmann: Es ist völlig ok, sich zum Beispiel von ISS Vorschläge unterbreiten zu lassen. Diese sollten aber nicht nur als Pflichtübung abgehakt werden. Uns ist wichtig, dass sich der Fondsmanager auch inhaltlich mit den Beschlussvorlagen auseinandersetzt.

Haben Sie ein Beispiel für vorbildliches Engagement?

Viehmann: Da gibt es einige. Spontan fällt mir Raphael Pitoun von Trium Capital ein. Er ärgerte sich über das Management des Buchungsportalbetreibers Booking, das während der Pandemie jeden vierten Mitarbeiter entließ, sich aber dennoch ein millionenschweres Vergütungspaket schnüren wollte. Alle Gespräche brachten nichts, darum wird er bei der nächsten Hauptversammlung eine eigene Beschlussvorlage einbringen. Das ist ein deutlich stärkeres Signal, als einfach nur gegen die Vergütung zu stimmen.

Vielen Dank für das Gespräch. (bm)


Einen ausführlichen Artikel über die Stimmrechtsausübung der Asset Manager in punkto Nachhaltigkeit finden Sie in der aktuellen Ausgabe 1/2022 von FONDS professionell ab Seite 90. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin abrufen.