Der Hype um die Digitalwährung Bitcoin erhitzt die Gemüter. Doch selbst wenn der Boom verfliegt und manche Krypto-Devise wieder verschwindet: Die dahinterliegende Technologie birgt das Potenzial, den Wertpapierhandel umzukrempeln. Denn die sogenannte Blockchain-Technologie ermöglicht eine einfache und sichere Verwaltung von Daten rund um den Globus. Wie die Technologie in die Fondswelt einfließen kann, erklärt Arnaud Misset, weltweiter Produktchef der französischen Depotbank Caceis, im Interview mit FONDS professionell.


Herr Misset, an welchen Stellen lässt sich die Blockchain-Technologie in der Fondsbranche einsetzen?

Arnaud Misset: Einige interessante Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain zeichnen sich für die Asset-Servicing-Branche ab. Die Ausgabe und Rücknahme von Anteilscheinen kann etwa über diese Technologie erfolgen. So haben wir zusammen mit Natixis Asset Management auf der Plattform "Fundsquare" der Börse Luxemburg die erste echte Blockchain-Fondstransaktion abgewickelt.

Wo liegen die Vorteile dieser Technologie?

Misset: Die Abwicklung von Fondstransaktionen über die Blockchain ist deutlich effizienter und schneller als über den herkömmlichen Papierweg und zudem fälschungssicher. Zum Teil laufen die Transaktionen heute noch über Fax ab. Das ist fehleranfällig, langsam und umständlich. Über die neue Technologie lässt sich dies einfach, schnell und sicher lösen. Die Blockchain ist recht einfach. Alle autorisierten Teilnehmer haben transparent in Echtzeit den Zugriff auf die Daten. Jeder Teilnehmer hat im Verlauf des Fondsgeschäfts den gleichen, aktuellen Einblick in den Stand der Abwicklung.

Und was sind die Nachteile?

Misset: Die Herausforderungen bei der Umsetzung liegen darin, die Mitarbeiter aufzuklären und zu schulen. Zudem stellen sich Fragen in Feldern wie Datenschutz oder Compliance. Wir agieren in einem streng regulierten Umfeld, und daher müssen wir die regulatorischen Anforderungen natürlich erfüllen. Die Besonderheit der Blockchain ist aber gerade, dass sie die Möglichkeit der Verschlüsselung und Zugriffssteuerung bietet. Somit dürften sich diese Fragen rasch klären lassen.

Erfordert die Einführung der Blockchain eine Erneuerung der IT-Infrastruktur?

Misset: Eine neue Hardware ist in den seltensten Fällen nötig. Das Thema ist eher, die Blockchain-Technologie in die bestehende Software einzubinden. Die Programme müssen lernen, miteinander zu sprechen und sich zu verstehen.

Lässt sich diese Lösung branchenweit umsetzen?

Misset: Bei der Entwicklung von Blockchain-Anwendungen muss man im Hinterkopf haben, dass es hierbei um den Informationsaustausch mit anderen geht. Es sind also immer andere Akteure involviert, von Kunden bis hin zu Konkurrenten. Eine isolierte Lösung zu entwickeln, bringt also gar nichts.


Wie genau die Blockchain funktioniert und wie die Technologie den Fondsvertrieb von morgen verändern kann, lesen Sie im neuen Heft 4/2017 von FONDS professionell, das Ende November erscheint.


Sie sprachen von effizienter, automatischer Abwicklung des Fondsgeschäfts. Werden damit auch Arbeitsplätze eingespart?

Misset: Die Gefahr eines Jobabbaus durch die Blockchain sehe ich absolut nicht. Es geht hier darum, Routineaufgaben zu automatisieren und damit den Menschen den Freiraum zu geben, mit kreativen Ideen neue Geschäftsmöglichkeiten zu gestalten. So schaffen Menschen einen Mehrwert, den Robos nicht erbringen können. Das ist für alle Seiten eine Win-win-Situation.

Welche Umwälzung kann der Einsatz der Blockchain nach sich ziehen?

Misset: Das oberste Ziel des Blockchain-Trends ist, Intermediäre auszuschalten. Für die Asset-Management-Branche bedeutet das, Fondsanteile direkt an den Endkunden verkaufen zu können – ohne eine Beteiligung von Zwischenhändlern. Auch wir als Depotstelle werden uns irgendwann die Frage stellen müssen, wie wir uns positionieren. Noch verlangen die Aufseher die Rolle eines Treuhänders. Irgendwann wird der Gesetzgeber angesichts der technologischen Möglichkeiten diese Anforderung überdenken. Bis dahin müssen jedoch noch viele Hürden genommen werden.

Wann ist das soweit?

Misset: Eine Prognose über den Verlauf möchte ich nicht abgeben. Manche der Entwicklungen, die Beobachter für die Jahre nach 2020 erwartet hatten, sind bereits dieses Jahr eingetreten. Die Entwicklung verläuft rasant und lässt sich nur schwer vorhersagen.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)