"Die große Fondslüge" lautet der provokante Titel des Buches, in dem Autor Michael Ritzau mit aktivem Asset Management abrechnet. Dabei geht er nicht nur mit den Kapitalanlagegesellschaften und Fondsverantwortlichen hart ins Gericht. Auch Banken und Ratingagenturen, selbst die unabhängige Stiftung Warentest mit ihrer Zeitschrift "Finanztest" kriegen ihr Fett weg. Denn sie alle sind in der einen oder anderen Weise Akteure im aktiven Fondsmanagement, das Ritzau zufolge niemand braucht. "Für Spitzenfonds braucht man keine Spitzenfondsmanager", sagt der Autor. "Man braucht lediglich eine große Zahl an Fonds – und den Zufall."

Aktives Fondsmanagement vergleicht Ritzau mit einem Würfelspiel. "Niemand käme auf die Idee, jemanden, der fünfmal hintereinander eine Sechs gewürfelt hat, als besonders begabt anzusehen", erklärt er. Ein Fondsmanager, der fünf Jahre seine Benchmark geschlagen hat, gelte indes als hoch talentiert. "Dabei gibt es viele tausende Fonds und -manager und deshalb auch eine stattliche Anzahl, die ein paar Jahre Glück haben oder hatten", sagt er.

Extremes Beispiel
Um seine These zu untermauern, nennt Ritzau ein extremes Beispiel: Bill Miller, den früheren Manager des US-Aktienfonds Legg Mason Capital Management Value Trust. Der hat es geschafft, ab 1990 stolze 15 Jahre hintereinander seine Benchmark, den US-Aktienindex S&P 500, zu übertreffen. Ein solches Kunststück ist noch nie einem anderen Asset Manager zuvor gelungen.

Doch ab Januar 2006 verlor Miller in den sieben Jahren und vier Monaten, in denen er noch als Fondsmanager auf seinem Posten blieb, gegenüber dem Vergleichsindex im Durchschnitt acht Prozentpunkte. Was also ist Millers Leistung zu beurteilen: Können oder Glück?

Für Ritzau steht die Antwort fest. Er hält es daher mit dem Nobelpreisträger William F. Sharpe, den er für sein Buch interviewt hat: "Das Einzige, was mit einiger Zuverlässigkeit vorhersagt, welche Investmentfonds in der Zukunft am besten abschneiden werden, sind ihre laufenden Kosten", sagt Ritzau. Er setzt daher ausschließlich auf ETFs, die er auch seinen Kunden empfiehlt.

Versteckspiel mit ETFs
Viele private Banken sowie öffentliche Sparkassen trieben ein regelrechtes Versteckspiel mit passiven Produkten. "Versuchen Sie einmal, auf den für Privatanleger bestimmten Websites der Sparkassen einen ETF zu finden", sagt Ritzau. Die Deka, die Fondsgesellschaft der Sparkassen, hat 46 solcher Produkte aufgelegt. "Aber weder unter sparkasse.de noch auf dem Privatanlegerportal der Deka selbst tauchen die auf", kritisiert er. Das sei klar, schließlich brächten aktiv gemanagte Fonds satte Provisionen. "Warum sollte man den Anleger also mit der Nase auf ETFs stoßen?", fragt der Buchautor und Berater.

Auch Agenturen wie Morningstar, Lipper und Scope kritisiert er scharf. Der Grund: Die meisten ihrer Ratings seien Rückwärtsbetrachtungen ohne Prognosekraft. "Trotzdem werden diese nutzlosen Ratings massenhaft produziert." Alle Banken und Fondsgesellschaften nutzten diese "nichtssagenden Ratings", um für ihre Produkte zu werben. "Und dabei 'vergessen' sie, auf den alles entscheidenden Faktor Kosten hinzuweisen. Das ist die große Fondslüge, die ich in meinem Buch kritisiere."

Kritik an "Finanztest"
Die Zeitschrift "Finanztest" leiste einen wichtigen Beitrag zum Verbraucherschutz. Seine Kritik an dem Magazin möchte Michael Ritzau daher auch besonders differenziert verstanden wissen. Die Zeitschrift sei mit ihren Index-"Pantoffelportfolios" auch schon auf dem richtigen Weg. "Aber die 'Finanztest'-Empfehlungen zu aktiven Fonds sind mir schon lange ein Dorn im Auge", erklärt er.

Die Wissenschaft sei sich einig darüber, dass vor allem die Kosten Vorhersagekraft bei Fonds haben. Aber dieses Kriterium berücksichtige "Finanztest" nicht. Hinzu komme, dass die Zeitschrift es bei der Auswahl der Benchmark recht häufig an der erforderlichen Sorgfalt fehlen lasse und Äpfel mit Birnen vergleiche. "Meiner Ansicht nach sollte sich die Redaktion strikt auf die Empfehlung von ETFs beschränken", sagt Ritzau. (am)