Jetzt ist Schluss mit der leistungsabhängigen Vergütung. Das gilt jedenfalls bei der britischen Fondsgesellschaft Woodford Investment Management. Gründer und Fondsmanager Neil Woodford hat seinen 35 Mitarbeitern sämtliche Boni gestrichen. Dies berichtet die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) in ihrer Dienstagsausgabe.

Seit dem 1. April erhalten die Woodford-Mitarbeiter ausschließlich ein Grundgehalt, das zuvor allerdings aufgestockt wurde. So soll verhindert werden, dass die gestrichenen Boni zu finanziellen Einbußen führen. Immerhin: Das durchschnittliche Jahresgehalt lag der NZZ zufolge 2015 bei 225.000 Pfund. 

Boni verleiten zu reinem Profitdenken
Craig Newman, Mit-Gründer und Geschäftsführer von Woodford Investment Management, begründete die Streichung der variablen Vergütung damit, dass Boni die Leistung der einzelnen Mitarbeiter nicht steigerten. Sie verleiteten stattdessen zu kurzfristigem, rein profitorientiertem Denken. Das neue System hingegen solle den Fokus der Fondsvermittler auf langfristige Investitionen lenken.

Kritiker von Boni argumentieren schon seit längerer Zeit, variable Vergütungsanteile könnten dazu führen, dass Kunden risikoreiche Geldanlagen aufgeschwatzt werden. Betrügerisches Verhalten, ausgelöst durch den Appetit auf hohe Bonuszahlungen, sei auch ein Grund für die Finanzkrise gewesen.

Aufschlag auf Festgehalt von bis zu 200 Prozent
Aus Gründen des Anlegerschutzes hat die EU-Wertpapieraufsicht ESMA bereits im Juli 2013 verschärfte Vergütungsrichtlinien für Finanzinstitute und Asset Manager verabschiedet. Diese legen fest, dass die variable Vergütung nicht höher sein darf als das jährliche Festgehalt. Die Aktionäre oder Eigentümer können jedoch einen Aufschlag von maximal 200 Prozent zum Fixgehalt bewilligen. In der Londoner City sorgten die EU-Vorschriften von Anfang an für wenig Freude. Nach dem beschlossenen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union dürften sie nun bald hinfällig sein.

Umso erstaunlicher, dass die Woodford-Chefs sich aus freien Stücken für eine komplette Abschaffung von leistungsabhängigen Gehaltsanteilen entschieden haben. Fondsmanager Woodford, der für unkonventionelle Entscheidungen bekannt ist, hat die Investmentgesellschaft zusammen mit Craig Newman im Jahr 2014 gegründet. Derzeit verwaltet sie Kundengelder im Wert von rund 14 Milliarden Pfund, also umgerechnet 16,3 Milliarden Euro. (am)