Der eigenen Zunft öffentlich Versagen vorzuwerfen, gehört nicht zur feinen Art. Peter S. Kraus tut es dennoch. "Die Datenlage lässt keinen anderen Schluss zu: Viele Anbieter aktiv gemanagter Fonds haben es in den vergangenen Jahren nicht geschafft, Investoren jene Renditen zu erwirtschaften, die sie verdienen", schreibt der Vorstandschef des Asset Managers Alliance Bernstein (AB) in einem Gastbeitrag für die "Financial Times". Überschrift: "Weshalb die Ära der Index-Schmuser zu Ende gehen muss."

Dass sich Anleger, private wie institutionelle, verstärkt einfachen und günstigen Alternativen wie passiven Indexfonds (ETF) zuwenden, sei nur allzu verständlich. "Man kann ihnen kaum vorwerfen, dass sie simplen Indexkonstruktionen den Vorzug geben, statt sich mit der aufwändigen Suche nach einem oder zwei wirklich herausragenden Fondsmanagern herumzuschlagen", schreibt Kraus. Ergo: Im Grunde seien die Anbieter selbst an diesem Trend schuld.

Selbstzufriedenheit statt Augenmaß
In den "fetten" Jahren mit hohen Mittelzuflüssen sei man träge geworden und habe übersehen, dass steigende Vermögensbestände nicht weniger, sondern neue Herausforderungen mit sich bringen, wenn man weiterhin verlässliche Überrenditen erzielen will. Stattdessen seien Fonds einfach breiter diversifiziert worden. Man habe schlicht die stark sprudelnden Neugelder über noch mehr Wertpapiere verteilt – "vermeintlich, um Risiken besser zu streuen", meint Kraus.

Besser wäre es laut Kraus allerdings gewesen, rechtzeitig Verzicht zu üben, also bei bestimmten Portfolios die Annahme neuer Gelder zumindest vorübergehend zu stoppen, um die Fondsstrategie nicht zu verwässern. Wegen der Aussicht auf steigende Erfolgsprämien und wachsende Reputation habe sich das aber kaum ein Anbieter gewagt, schildert Kraus.

Mittelmäßigkeit als neue Maxime
Doch irgendwann schnappte die Falle zu – die Fixierung auf steigende Profite und besseres Renommee begann sich zu rächen: "Ab einem bestimmten Punkt wurden viele von uns zu ängstlich", erinnert sich Kraus in dem FT-Beitrag.

Wird Wagemut und eine dezidierte Marktmeinung zunächst mit einem Mehr an Anlegerzuspruch belohnt, macht die Risikobereitschaft mit steigenden Vermögensbeständen immer weniger Sinn – im Gegenteil: Bei Misserfolg drohen Mittelabflüsse. "Um Assetbestände zu konservieren, reicht eine mittelmäßige Performance völlig aus", schildert Kraus. Denn die meisten Geldgeber sind eher träge, ihre Wechselbereitschaft ist niedrig.

Die Folge davon: Viele ehemals aktiv gemanagte Fonds verkamen mit der Zeit zu "Index-Schmusern", also quasi-passiven Portfolios, die ihrer Messlatte verdächtig stark ähneln statt sich von ihr abzuheben – allerdings zu üppigen Gebühren.

Nun sei es höchste Zeit, das Ruder herumzureißen, fordert Kraus. "Dass die Fähigkeit, Überrenditen zu erzielen, mit steigenden Fondsvolumina abnimmt, zeigen mehrere Studien", meint der AB-Chef. Ein Prozent Outperfomance pro Jahr durch aktives Fondsmanagement bedeute für Vorsorgesparer, dass sie nach 30 Jahren etwa 20 Prozent mehr an Vermögen für ihre Ruhestandsplanung zusammen haben. Kraus´ Appell: Verantwortungsvolle Vermögensverwalter, wirklich aktive Fondsmanager und deren Arbeitsgeber müssten schleunigst lernen, auch mal "Nein" zu sagen. (ps)