Aktiv-Passiv-Debatte: Morningstar kontert Kritik an Analysemethode
Die Fondsratingagentur muss sich immer wieder Vorwürfe von Beratern und Asset Managern anhören, es sei unfair, bei Vergleichen von aktiv und passiv gemanagten Fonds die Vertriebskosten einzubeziehen. Das sieht Morningstar anders – und gedenkt nicht, an der Analysemethode etwas zu ändern.
Wenn die Fondsratinggesellschaft Morningstar die Performance aktiv verwalteter Investmentfonds analysiert, werden regelmäßig auch die Vertriebsgebühren berücksichtigt. Finanzberater und Asset Manager bemängelten dieses Analyse-Modell aber immer wieder aufs Heftigste, schreibt Morningstar-Chefredakteur Ali Masarwah in einem aktuellen Kommentar.
Ihre Kritik: Der Vergleich mit passiv gemanagten Indexfonds falle "unfair" aus. Da bei den passiven Produkten keine Beratungsdienstleistung erbracht wird und somit auch keine Kickbacks an den Vermittler fließen, sollten diese bei der Untersuchung aktiv gemanagter Portfolios ebenfalls unberücksichtigt bleiben. Schließlich schmälerten die renditemindernden Retrozessionen keineswegs die Leistung der Fondsmanager. Diese müsse gesondert betrachtet werden, fordern die Kritiker.
Retrozessionen werden weiterhin berücksichtigt
Das sieht Masarwah allerdings anders. Morningstar werde bei der Analyse von Fonds sämtliche Vertriebsgebühren weiterhin einbeziehen. "Ich meine, dass Retrozessionen zwingend in die Gesamtrechnung einfließen müssen", erklärt Masarwah. Fondsmanager gingen schließlich mit dem Leistungsversprechen an den Start, einen Vergleichsindex oder eine vordefinierte Rendite-Hürde nach Kosten zu übertreffen. Dies setze voraus, dass sich die Asset Manager vor der Auflage eines Fonds überlegen müssen, ob dieser in der Lage sein wird, den versprochenen Mehrwert auch tatsächlich zu bieten. Daran habe sich das Pricing der Produkte zu orientieren.
Es gehe aber um mehr als um einen reinen Vergleich zwischen aktivem und passivem Management. "Die Beziehung zwischen Anlegern, Beratern und Fondsanbietern ist zutiefst dysfunktional; sie wurde wiederholt pervertiert, und sie bedarf dringend einer Revision", so Masarwah. Im Wettbewerb um die Gunst der Vertriebe hätten die Verantwortlichen in der Fondsindustrie schon vor langer Zeit beschlossen, Vermittler an der Verwaltungsvergütung von Fonds teilhaben zu lassen. "Und sie haben danach im Interesse des Vertriebs sukzessive die Fixkosten der Fonds erhöht", schreibt Masarwah.
Überzogene Fondskosten senken
Angesichts der enttäuschenden Performance vieler aktiv gemanagter Portfolios sollten die Anbieter nun aber die Gegenrichtung einschlagen und die Gebühren so lange senken, bis ihre Fonds tatsächlich in der Lage sind, Anlegern einen Mehrwert zu erwirtschaften. Eine solche Neujustierung würde dazu führen, dass Fondsmanager und Vertrieb künftig weniger vom Kuchen behielten. "Das wäre schmerzhaft, aber es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, überzogene Fondskosten zu senken", findet Masarwah.
Keine Lösung sei es hingegen, die Schuld bei den Analysten zu suchen. "Wenn Fonds nicht kompetitiv sind, ist es im Sinne der Anleger unsere Pflicht, darauf hinzuweisen, und dieser Pflicht werden wir immer nachkommen", schreibt der Morningstar-Mann. Den Analysten gehe es nicht darum festzustellen, dass Indexfonds immer eine bessere Lösung sind als aktiv verwaltete Fonds. Das habe bei Morningstar auch nie jemand so behauptet. Es gehe vielmehr darum, dem Anleger einen fairen Deal zu bieten, der ihm die realistische Chance auf eine angemessene Rendite eröffnet. "Das setzt günstige Produkte, aber auch eine Professionalisierung des Vertriebs voraus", so Masarwah. (am)
Kommentare
Argumentation geht am Kern der Kritik vorbei
AntwortenDie Frage ist, ob sich Herr Masarwah wirklich einen professionalisierten Vertrieb wünscht, denn Werkzeug liefert er ihm keins. So, wie die Kosten-Informationen von Morningstar angeboten werden, sind sie ausschließlich für Endkunden geeignet, die sich ohne Berater Fonds suchen wollen und ihr Depot selbst zusammenstellen. Diese Kunden gibt es, sie sind aber nicht die Masse. Für die Kunden, die einen Berater benötigen oder Berater, die aktive und passive Fonds unvoreingenommen anbieten wollen, sind die Kosten-Informationen von Morningstar wenig hilfreich, wenn nicht sogar irreführend. Der professionelle Vertrieb sollte, aus meiner Sicht, aktiv- und passiv-gemangte Fonds unvoreingenommen auswählen und verwenden. Um dies zu tun, verzichtet er auf Ausgabeaufschläge und erstattet Kick-Backs bei aktiven Fonds und berechnet für aktive wie passive Fonds die gleichen Honorare oder Servicefees. Genau für diese Berater, die man wohl als professionalisierten Vertrieb bezeichnen könnte, sind die Kosten-Informationen von Morningstar leider wertlos. Warum liefert Morningstar für diese Berater keine brauchbaren Daten? Sollen Berater und Kunden in die Passiv-Schiene gedrängt werden? Der Verdacht drängt sich auf, da Morningstar unablässig die Kostenthematik von aktiven Fonds in den Vordergrund rückt! Und dies leider auf diskussionswürdige Art und Weise. Wenn Endkunden sich bei Morningstar informieren wollen, aber dennoch einen Berater in Anspruch nehmen wollen, stehen sie vor dem gleichen Dilemma, wie der professionelle Berater der aktive und passive Fonds ohne Vertriebskosten vergleichen möchte. Schade! Zudem sei noch erwähnt, dass das schlechte Abschneiden aktiver Mischfonds oder globaler Fonds seit der Finanzkrise mit irgendwelchen MSCI-Benchmarks auch mit einer durchaus weitsichtigen und vorsichtigen Anlagestrategie zusammenhängen könnte. Fondsmanager, die die sehr ambitioniert bewerteten US-Börsen seit einigen Jahren im Vergleich zum MSCI World untergewichtet haben (im MSCI World beträgt der US-Anteil aktuell 62 %), konnten gegenüber dem MSCI World nur verlieren. Das gleiche gilt für US-Fonds, die die FANG-Aktien, im Vergleich zum S&P 500 untergewichtet hatten. Value hat entgegen der wissenschaftlichen Erkenntnisse von Fama und Co seit der Finanzkrise deutlich schlechter abgeschnitten als Growth. Fondsmanager, die auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Fama vertraut haben, waren zwangsläufig auf der Verliererseite. Value hat sich in den vergangenen Jahren weder von der Rendite, noch durch ein vermindertes (gemessenes) Risiko gelohnt. Aber Risiko ist nicht nur das Risiko, welches tatsächlich eintritt und in Form von Maximum-Drawdown oder Volatilität messbar ist, sondern eben auch eine latent herrschende Gefahr, auch wenn sie sich nicht oder noch nicht materialisiert hat. Viele der Risiken, die im Markt stecken, hat dieser in den letzten Jahren verdrängt. Der japanische Aktienmarkt, der neue Markt, die Aktienmärkte der neunziger Jahre haben das Thema Überbewertung auch einmal sehr lange erfolgreich verdrängt. Viele erfahrene und gute Fondsmanager verloren Ende der Neunziger-Jahre ihre Jobs, weil sie die Blase erkannten und keine überteuerten Technologietitel in ihre Portfolien nahmen. Wird die Finanzwelt besser, wenn man die Vernünftigen eliminiert?
info@beirer-finanz.de am 18.06.19 um 14:28